Hückeswagen Neue Wohnungen für geistig Behinderte

Hückeswagen · An der Peterstraße entstehen durch die AWO Sommerberg und die GBS neun Wohnungen für mehr Miteinander. Im Zentrum der Sanierung steht der große Gemeinschaftsraum - künftig ein wichtiger Ort zum Reden, Kochen und Lernen.

 Vorfreude: Stefan Cornelius (l). und Thomas Nebgen.

Vorfreude: Stefan Cornelius (l). und Thomas Nebgen.

Foto: hogekamp

Auf einer Wand steht in großen Buchstaben "NICHT RAUS". Daneben wurde eine Tür auf den rauen Grund aufgemalt. Die meisten Wände des dreistöckigen Hauses an der Peterstraße sind kahl, vereinzelt hängen noch Tapetenreste, es riecht nach Staub und losem Putz, der Bohrhammer dröhnt im obersten Stockwerk. In den Räumen liegen herausgestemmte Ziegel, Waschbecken und Leitungen.

 Die Kernsanierung an der Peterstraße läuft auf Hochtouren. Michel Müller arbeitet auf der Baustelle und reißt Teile der Wand ein.

Die Kernsanierung an der Peterstraße läuft auf Hochtouren. Michel Müller arbeitet auf der Baustelle und reißt Teile der Wand ein.

Foto: lena hogekamp

"Die Wand hier bleibt stehen, aber dort kommt der Zugang zum Gemeinschaftsraum hin", sagt Thomas Nebgen, Vorstand der Genossenschaft für Bau- und Siedlungswesen (GBS) in Hückeswagen. In Zusammenarbeit mit der AWO Sommerberg wird das Gebäude kernsaniert, es entstehen neun Wohnungen für geistig behinderte Menschen.

Gerade Menschen mit geistiger Behinderung wollten am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. "Viele dieser Menschen wünschen sich eine eigene Wohnung, vermissen aber das soziale Miteinander, dass sie aus der Wohngruppe oder ihrer Familie kennen", sagt Thomas Nebgen. Doch seien sie in der Regel nicht in der Lage, ihre sozialen Kontakte zu steuern. Gleichzeitig fehle es an geeigneten Orten, um sich mit anderen zu treffen. "Menschen mit geistiger Behinderung verarmen oftmals in normalen Nachbarschaften", sagt Stefan Cornelius, Regionalleiter der AWO Sommerberg. In den Einrichtungen des Sommerbergs werde diesen Menschen nicht nur im Alltag geholfen, sie fänden auch zueinander in einer Umgebung, die ihnen behagt.

"Sozialräumliche Strukturen müssen erst langfristig aufgebaut werden, um dem inklusiven Gedanken gerecht zu werden", sagt Nebgen. Um die Menschen bis dahin nicht allein zulassen, plane der Sommerberg, eine Tochtergesellschaft der AWO Mittelrhein, bei allen Wohnprojekten einen Gemeinschaftsraum mit ein. Der Sommerberg engagiert sich als überregionaler freier Träger bei der Kinder-, Jugend-, Familien- und Eingliederungshilfe. Zusammen mit der GBS will die AWO Sommerberg moderne Wohnformen für Menschen mit Behinderung ermöglichen.

Die GBS hat dem Sommerberg nun ein konkretes Projekt vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit aktuell sechs Wohnungen, verteilt auf drei Etagen. Das Mehrfamilienhaus muss kernsaniert werden, es stammt aus dem Jahr 1954 und war das erste Gebäude der GBS in Hückeswagen. "Tätig werden mussten wir sowieso", sagt Nebgen. Die GBS bot an, im Zuge der 500.000 Euro teuren Sanierung die Grundrisse der Wohnungen neu zu gestalten, um den Bedürfnissen der künftigen Bewohner gerecht zu werden. Vorgesehen sind auf jeder Etage drei Einzelwohnungen. Dadurch entstehen neun Wohnungen mit 28 bis 50 Quadratmeter. Bezugsfertig sollen die Wohnungen zum 1. November sein.

In der ersten Etage werde die 28 Quadratmeter Wohnung als Gemeinschaftsraum für alle Mieter genutzt. Sie sollen sich dort treffen und unterhalten können. Ebenso stehe der Raum für gemeinsame Angebote wie Kochen, Beratung und Weiterbildung bereit. "Die Erfahrungen der AWO Sommerberg in anderen Wohnprojekten zeigt, dass es nicht ausreicht, Menschen mit Behinderung eine geeignete Wohnung zur Verfügung zu stellen", sagt Nebgen. Es bestehe zusätzlich die Notwendigkeit, die einzelnen Interessen durch sozialpädagogische oder pflegerische Hilfe zu ergänzen.

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung stehe seit Jahren vor großen Herausforderungen. "Mit dem Prinzip der Ambulantisierung, also dem Vorrang der eigenen Wohnung vor einer stationären Unterbringung, müssen sich auch die Wohnformen verändern", sagt Nebgen. Die Politik fordere eine inklusive Gesellschaft und beschleunige diese Entwicklung damit zusätzlich. Das Angebot für Menschen mit Behinderung orientiere sich an deren Bedürfnissen. Einige Projekte seien so bereits auf den Weg gebracht worden.

Das langfristige Ziel sei aber die Entwicklung und Umsetzung neuer Wohnformen für behinderte Menschen im Rheinisch-Bergischen und Oberbergischen Kreis.

(cha)
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