Serie Als Flüchtling In Hückeswagen Mit Uni-Abschluss geht es in den Krieg

Hückeswagen · 197 Flüchtlinge haben aktuell in Hückeswagen einen sicheren Unterschlupf vor Krieg, Gewalt, Tod und Vertreibung gefunden. Wer sind eigentlich diese neuen Nachbarn? Unsere Redaktion stellt einige von ihnen in einer fünfteiligen Serie vor.

 Wo es gutes Eis in Hückeswagen gibt, hat George Nseir schon längst festgestellt - seit Oktober vorigen Jahres lebt der syrische Flüchtling in Hückeswagen. Das Ziel des 24-Jährigen ist es, Deutsch zu lernen und sein Studium der Betriebswirtschaft zu beenden.

Wo es gutes Eis in Hückeswagen gibt, hat George Nseir schon längst festgestellt - seit Oktober vorigen Jahres lebt der syrische Flüchtling in Hückeswagen. Das Ziel des 24-Jährigen ist es, Deutsch zu lernen und sein Studium der Betriebswirtschaft zu beenden.

Foto: Schütz

George Nseir reckt den Daumen nach oben. Er ist guter Dinge, und das obwohl er mehrere tausend Kilometer von seiner Heimat entfernt ist. Der 24-Jährige stammt eigentlich aus der syrischen Stadt Lattakia, seit dem 10. September 2015 ist er in Deutschland. Zuerst war er in Bonn, Dortmund und Troisdorf, bis er im Oktober 2015 nach Hückeswagen kam. Seitdem lebt er in der Schloss-Stadt.

Der junge Syrer hat hier eine neue Heimat gefunden. In Lattakia war der 24-jährige Student, hat bis kurz vor seinem Abschluss Betriebswirtschaft studiert. Dann ist er vor dem verheerenden Bürgerkrieg in seinem Land geflohen.

Nicht einmal, weil in seiner Heimatstadt der Krieg wütet, sondern aus einem anderen Grund - der allerdings doch genau damit zusammenhängt: "Im Umland um meine Stadt ist der Krieg schon angekommen, die jungen Männer werden eingezogen. Und keiner von denen, die eingezogen wurden, ist zurückgekommen", sagt Nseir ernst. Hätte er seinen Abschluss gemacht, wäre auch er an die Front geschickt worden: "Die Militärs stehen an der Universität. Und sobald man seinen letzten Tag hat, wird man eingezogen."

Seine Familie hat der 24-Jährige in Lattakia zurückgelassen, mittels Facebook und WhatsApp stehen sie aber in Kontakt: "Diese Möglichkeit ist gut. Aber natürlich fehlen sie mir sehr", sagt Nseir, dessen großes Ziel es ist, sein Studium in Deutschland abzuschließen. Eine Möglichkeit wäre ein duales Studium, aber dafür benötigt der Syrer natürlich Deutschkenntnisse auf C1-Niveau. "A1 habe ich. Ich habe den Sprachkursus an der Montanusschule gemacht", sagt Nseir auf Deutsch. Manchmal fällt er ins Englische. Aber er bemüht sich, die für ihn neue Sprache zu üben. Das hat er auch bei einem dreiwöchigen Praktikum bei der Firma Recknagel getan: "Das war top", sagt der 24-Jährige - und seine Zähne blitzen beim Lachen.

In Hückeswagen fühlt sich der 24-Jährige sehr wohl, er ist im Flüchtlingsheim an der Ewald-Gnau-Straße untergebracht. "Es war zwar ein wenig 'strange', als ich hier angekommen bin. Aber die Menschen, denen ich hier begegne, sind sehr nett und freundlich", erzählt er.

Die deutsche Gesellschaft sei gar nicht so unterschiedlich zu der in seiner Heimat: "Lattakia ist eine sehr moderne Stadt mit einer offenen Gesellschaft. Wir haben dort viele Menschen unterschiedlicher Religionen, die friedlich nebeneinander wohnen. So wie in Deutschland eben auch." Schwierig sei es eher für die Menschen, die aus traditionelleren Gegenden in Syrien nach Deutschland kämen, meint der 24-Jährige: "Die sind teilweise in ihren alten Vorstellungen so gefangen, dass sie Schwierigkeiten haben, sich hier zurechtzufinden".

Sein Lieblingsort ist das Eis-Café am Etapler Platz, erzählt er und lacht: "Das Eis dort schmeckt sehr gut". Der 24-Jährige möchte so bald wie möglich seine Familie nachholen. Seine Eltern wünschen sich jedoch, dass der ältere von zwei Söhnen erst in Deutschland ankommt. "Sie wollen, dass ich Deutsch lerne und mein Studium beende. Dann erst wollen sie nachkommen", sagt Nseir und fügt mit einem Lächeln an: "Ich hätte es lieber andersrum. Aber eines nach dem anderen."

(wow)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort