Städtepartnerschaft Der Monat April In Etaples Militärfriedhof soll Weltkulturerbe werden

Hückeswagen · Einmal im Monat widmet sich unsere Redaktion dem Geschehen in der Partnerstadt Etaples und der Region.

Städtepartnerschaft Der Monat April In Etaples: Militärfriedhof soll Weltkulturerbe werden
Foto: Axel Bornkessel

etaples Die Nachricht von der Unesco kam Mitte April und versetzte Etaples Bürgermeister Philippe Fait in euphorische Stimmung: Man sei jetzt in der engen Auswahl und äußerst optimistisch, dass man auf die Liste der Weltkulturdenkmäler komme, zitierte ihn kürzlich die Regionalausgabe von "La Voix du Nord". Die schöne Anlage mit dem Panoramablick über die Mündung der Canche habe die Vertreterin der Organisation schon sehr beeindruckt. Nun hofft man in Etaples, dass ein Anziehungspunkt der Stadt im Juli zum Weltkulturerbe gehören wird: der große britische Militärfriedhof am Rande der Stadt. Hier fanden 11.000 Militärangehörige des Ersten Weltkriegs ihre letzte Ruhe.

Seit drei Jahren bemüht man sich in Hückeswagens Partnerstadt darum, dass dieser größte britische Soldatenfriedhof auf französischem Boden in die Liste der weltweit geschützten Kulturdenkmäler aufgenommen wird, zu denen etwa der Glockenturm des Rathauses im benachbarten Hesdin gehört. An der Straße nach Boulogne sur Mer liegt auf einem Hügel mitten in einem Kiefernwald die Anlage, die vom englischen König George V. 1922 eingeweiht wurde. Obwohl die Stadt an der Canche im Ersten Weltkrieg gar nicht an der Front lag, wurden hier viele Opfer bestattet.

Das hat mit der besonderen Geschichte von Etaples-sur-Mer zu tun: 1914 richteten die Alliierten hier eines der größten Militärcamps in Europa ein, denn der Fischerort war strategisch günstig gelegen. Es entstanden rund um die Stadt zahlreiche Ausbildungslager, riesige Depots für Waffen und Kriegsgerät sowie zahlreiche Lazarette. Hierher brachte man all die Soldaten, die das massenhafte Töten in den Schützengräben in Flandern und an der Somme überlebt hatten. Jene, die nicht mehr den Weg in ihre Heimat zurückfanden, weil sie an ihren Verletzungen oder an Krankheiten starben, wurden hier, oberhalb der Dünen am Meer, bestattet.

 ( Auf dem britischen Militärfriedhof am Stadtrand von Etaples liegen viele Gefallene des Ersten Weltkriegs. ' Darunter sind auch 658 deutsche Soldaten, wie der Arbeiterdichter Gerrit Engelke.

( Auf dem britischen Militärfriedhof am Stadtrand von Etaples liegen viele Gefallene des Ersten Weltkriegs. ' Darunter sind auch 658 deutsche Soldaten, wie der Arbeiterdichter Gerrit Engelke.

Foto: Axel Bornkessel

Wer heute über den gepflegten Rasen durch die schier endlosen Reihen von Grabstelen streift, wird entdecken, dass an diesem Ort nicht nur Soldaten beerdigt sind, sondern auch militärisches Hilfspersonal. Man hatte Menschen aus allen Gegenden des britischen Commonwealth hierher befohlen. Es kamen junge Frauen, die an die Stelle der Fahrer und Mechaniker traten, die man in immer neuen Offensiven opferte. Hier leisteten junge Mädchen freiwillig ihren Dienst als Krankenschwestern. Etaples hat daher einen Militärfriedhof, wie es ihn woanders nicht gibt.

Und er hat noch eine Besonderheit: Auf 658 Grabsteinen stehen Namen deutscher Soldaten, offenbar die von Kriegsgefangenen. Einer von ihnen war der Arbeiterdichter Gerrit Engelke. Er erlag in einem der Hospitäler seinen Kriegsverletzungen, das war kurz vor dem Waffenstillstand 1918. Jeder namentlich bekannte Tote hat einen Grabstein, auf dem Alter, Truppenteil, Dienstgrad und Sterbedatum verzeichnet sind.

Seit nun fast 100 Jahren arbeiten in Etaples wie auch anderswo in Frankreich Gärtner, die im britischen Auftrag Rasen und Pflanzen pflegen sowie Anlage und Grabsteine instand halten. Es vergeht kaum ein Tag, an dem am Friedhof nicht Wagen mit englischen Kennzeichen halten: Das Andenken an die Toten von einst ist jenseits des Kanals ungebrochen. Ein Grund auch, warum die Nekropole an der Canche zu den großen Touristenattraktionen in Nordfrankreich zählt. "Sollte sie auf die Liste kommen", sagt Bürgermeister Fait, "wird der Besuch hier um 30 Prozent steigen".

(RP)
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