Auszeit in der Karibik Hückeswagenerin auf den Spuren von Bob Marley

Hückeswagen · Zwischen Abitur und Berufsfindung nutzte die Hückeswagenerin Laura Dixkens die Zeit, um Jamaika zu bereisen und kennenzulernen. Die Karibikinsel entpuppte sich dabei als zweispältig.

 Jamaika ist für seine weißen Sandstrände bekannt, die auch Laura Dixkens besucht hat.

Jamaika ist für seine weißen Sandstrände bekannt, die auch Laura Dixkens besucht hat.

Foto: Anja Dixkens

Von afrokaribischer Musik und dem Sänger Bob Marley war Laura Dixkens schon immer angetan. Daher stand Jamaika ganz oben auf ihrer Reise-Wunschliste. Anfang des Jahres war es soweit: Acht Wochen lang lernte die Hückeswagenerin den karibischen Inselstaat kennen. Wochentags assistierte sie im Sportunterricht einer Grundschule, an den Wochenenden bereiste sie die Insel, lernte die Menschen, ihre Mentalität und beeindruckende Naturschauspiele kennen.

Die Auszeit nahm sich die 20-Jährige nach dem Abitur an der Gesamtschule Marienheide. „Zuerst wollte ich auf eigene Faust reisen, habe mich dann aber einer Organisation angeschlossen“, erzählt Laura Dixkens. Entschieden hat sie sich für Projects Abroad, eine englische Organisation, die Freiwilli-genarbeit und Praktika im Ausland vermittelt. Ihre Eltern, Anja und Ralf Dixkens, waren erleichtert über diese Entscheidung, da die Reisenden nicht nur versichert sind, sondern auch Unterstützung bei der Organisation vor Ort erhalten. Zwei Monate hatte die Abiturientin Zeit für die Vorbereitungen. Das sei schon recht knapp gewesen, da Impfstoff besorgt, ein Reisepass erstellt und die Arbeitserlaubnis beantragt werden mussten. Der Flug nach Atlanta in den USA dauerte zehn Stunden, anschließend ging es für weitere drei Stunden nach Jamaika. „Das war schon ein komisches Gefühl, so ganz alleine um die Welt zu fliegen“, sagt sie.

 Laura Dixkens mit zwei Schülern der Primary School in Mandeville.

Laura Dixkens mit zwei Schülern der Primary School in Mandeville.

Foto: Anja Dixkens

In der Stadt Mandeville wohnte Laura Dixkens bei einer Gastfamilie und arbeitete an einer Primary School im Sportunterricht, später auch in der Nachhilfe und einer Kindertagesstätte. Die Unterschiede zu Deutschland waren sofort offensichtlich. „Es war sehr laut, alle redeten auf einmal, und es gab keine geschlossenen Klassenräume“, berichtet die junge Frau. Mittags gab es überwiegend Reis und Bohnen in allen Variationen. Laura Dixkens wurde von den Jamaikanern als „Whity“ bezeichnet, denn mit ihrer hellen Haut und den blonden Haaren fiel sie überall sofort auf.

Die Wochenenden standen den Freiwilligen zur eigenen Verfügung. Laura Dixkens nutzte die Zeit, um die Insel kennenzulernen. Sie sah die Armut und den Schmutz ebenso wie die herausgeputzten Touristenhochburgen und Strände, an denen die Kreuzfahrtschiffe anlegen. „Das echte Jamaika lernen diese Touristen nicht kennen“, ist sie sicher. Beeindruckend gewesen sei die Landschaft der Blue Mountains, eine Bergregion im Osten Jamaikas. An den Hängen der Bergkette wird die hochwertige Kaffeesorte Jamaican Blue Mountain angebaut. „Seitdem mag ich den deutschen Kaffee nicht mehr so gerne“, verrät Laura Dixkens lachend. Ein Naturerlebnis war auch die Wanderung durch den Nationalpark, die vielen Wasserfälle und weißen Strände der Insel.

 Der Blick aus der Hochebene der Blue Mountains

Der Blick aus der Hochebene der Blue Mountains

Foto: Anja Dixkens

Ein Muss für die Reggae-Liebhaberin war der Besuch des Bob-Marley-Museums. „Dort gab es sogar ein kleines Festival mit Livemusik, wo die Söhne von Bob Marley aufgetreten sind“, schwärmt sie, Wochen danach. Das schönste Erlebnis sei jedoch das „Glistening Water“ gewesen, das man nachts von der kleinen Hafenstadt Falmouth aus bestaunen kann. Denn in der Bucht schimmert und glitzert bei Dunkelheit das Meereswasser. Dafür sorgen bestimmte Mikroorganismen, die dort heimisch sind. Laura Dixkens nahm an einer Bootstour teil und schwamm selbst in der Lagune, was den Körper daraufhin scheinbar zum Schimmern brachte.

Die vielen schönen Erlebnisse stehen im krassen Kontrast zur Armut in dem Entwicklungsland. „Es ist heiß und dreckig, teilweise funktionieren die Toiletten nicht, und es kam zweimal zu Explosionen, als ich da war“, berichtet die Hückeswagenerin von den Schattenseiten. Einmal gab es eine Gasexplosion in der Küche der Schule, bei dem ein Mann starb. Ein zweites Mal brannte eine Tankstelle. Auch die rasanten Fahrten mit Kleinbussen und Taxis über die engen, kurvigen Straßen wird die 20-Jährige so schnell nicht vergessen. „So viele Nahtod-Erfahrungen hatte ich beim Autofahren noch nie“, kann sie rückblickend über den Fahrstil der Einheimischen witzeln.

Enttäuscht war sie von ihrer Gastfamilie, zu der sie keinen zwischenmenschlichen Kontakt herstellen konnte. Sie nannte es: „Unterkunft mit Essen“. Dafür war Zimmernachbarin Leoni aus Stuttgart umso netter. „Wir waren von Anfang an auf einer Wellenlänge“, sagt Laura Dixkens. Beide feierten auf Jamaika ihre Geburtstage. „Mein Geburtstag war der Tag, an dem ich am meisten Heimweh hatte“, fügt sie hinzu.

Dass die Corona-Pandemie nach Europa und Deutschland überschwappte, hat die Hückeswagenerin nur von den WhatsApp-Nachrichten aus der Heimat erfahren. Kurz vor der angeordneten Quarantänepflicht für Reiserückkehrer landete ihr Flieger in Deutschland.

Für die Jamaika-Reise hatte die 20-Jährige jahrelang gespart. „Aber es hat sich gelohnt. Ich werde auf jeden Fall noch einmal nach Jamaika reisen“, sagt sie. Dann vielleicht mit der gesamten Familie, die durch die vielen Fotos und Erzählungen die Karibikinsel nun selbst gerne einmal kennenlernen möchte.

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