Ansichtssache Zwei Welten müssen sich aufeinander zu bewegen

Meinung | Hückeswagen · Der Besuch des Justizministers in der Realschule hat gezeigt, dass Jugend und Politik in völlig unterschiedlichen Welten leben. Ein Politiker sucht aber das Gespräch.

 Landesjustizminister Peter Biesenbach aus Hückeswagen diskutierte diese Woche mit Realschülern.

Landesjustizminister Peter Biesenbach aus Hückeswagen diskutierte diese Woche mit Realschülern.

Foto: Stephan Büllesbach

Den Termin hatte sich Landesjustizminister Peter Biesenbach wahrscheinlich anders, vor allem einfacher vorgestellt. Schließlich war es für den Hückeswagener ein doppeltes Heimspiel an seiner ehemaligen Schule in seiner Heimatstadt, und außerdem war das Thema mit „70 Jahre Grundgesetz“ vorgeben. Doch der CDU-Politiker landete am Montagmorgen auf rutschigem Parkett, als er sich den durchweg kritischen Fragen von 62 Neuntklässlern der Realschule gegenübersah.

Der 71-Jährige traf auf eine Generation, die nicht erst seit den „Friday for Future“-Demonstrationen auf sich aufmerksam macht. In der Realschule prallten zwei Welten aufeinander – die Jugendlichen, die Angst um ihre Zukunft haben, ein Profipolitiker, der als Justizminister für Recht und Ordnung steht. Das machte Biesenbach unmissverständlich deutlich, als er in Sachen „Schulschwänzen für die Klimarettung“ betonte, dass Regeln und Gesetze befolgt werden müssten. Er ließ zwar seine Sympathie für „Friday for Future“ durchblicken – aber demonstriert werden soll ausschließlich nach Schulschluss. Punkt.

  STEPHAN    BÜLLESBACH

STEPHAN BÜLLESBACH

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Ähnlich sieht das aus beim Thema „Legalisieren von Cannabis“. Zwei Schüler sprachen sich dafür aus und gaben als Argumentationshilfe Steuereinnahmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit. Der Justizminister hielt dagegen, dass das mit ihm nicht zu machen sei. Der Verkauf von Betäubungsmitteln ist für ihn gesetzeswidrig, denn  Drogen sind gesundheitsgefährdend. Der Staat  habe schließlich die Pflicht, die Menschen zu schützen. Damit hat Biesenbach Recht. Aber auf das Gegenargument, warum dann immer noch Alkohol legalisiert sei, blieb eine für die Schüler zufriedenstellende Antwort aus.

Biesenbach gab nach der Diskussion in der Realschule zu, dass die Politik allgemein und seine Partei im Speziellen nicht wirklich weiß, was die Jugend bewegt. Am Montag hatte er eine Nachhilfestunde in Sachen Jugend-Probleme bekommen.  Aber dem Politiker ist zugute zu halten, dass er sich dieser Diskussion nicht verweigerte. Und dass er daraus lernen will: Er wolle nun verstärkt in die Schulen, um zu hören, was die Jugendlichen bewegt. Sein Beispiel sollte parteiübegreifend Schule bei seinen Berufskollegen machen.

Doch aufeinander zu bewegen müssen sich beide Seiten. Die Schüler wie auch alle anderen Normalbürger machen Politiker gerne für alles Schlechte auf der Welt verantwortlich. Das sind sie in vielen Fällen auch. Doch Biesenbach bat die Neuntklässler darum, von den Politikern nicht sofort Lösung zu erwarten. Sie brauchen Zeit, um vernünftige Antworten auf viele Probleme zu finden. Richtig, keine Frage. Aber sie können sich dafür auch nicht alle Zeit der Welt nehmen. Vor allem dann nicht, wenn man heute 15, 16 Jahre alt ist und die Zukunft noch vor sich hat.

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