Serie Als Flüchtling In Hückeswagen - Yaser Hashemi Junger Afghane steht vor dem Abitur

Hückeswagen · Der 19-jährige Yaser Hashemi kam vor zwei Jahren, ohne ein Wort Deutsch zu können, aus Afghanistan nach Deutschland. Das hat sich geändert: Im kommenden Schuljahr will er die Hochschulreife am Wipperfürther EvB-Gymnasium erlangen.

 Yaser Hashemi will ganz schnell richtig Deutsch lernen und hat sich dafür nun auch in der Stadtbibliothek angemeldet. Der 19-jährige Afghane will nächstes Jahr sein Abitur machen - dabei ist er gerade erst etwas mehr als zwei Jahre in Deutschland.

Yaser Hashemi will ganz schnell richtig Deutsch lernen und hat sich dafür nun auch in der Stadtbibliothek angemeldet. Der 19-jährige Afghane will nächstes Jahr sein Abitur machen - dabei ist er gerade erst etwas mehr als zwei Jahre in Deutschland.

Foto: wow

Hückeswagen Yaser Hashemi ist 19 Jahre alt, ein offen auftretender Jugendlicher, der immer wieder seine Brille geraderückt und im Gespräch einen konzentrierten Eindruck macht. Das mag daran liegen, dass Deutsch für ihn noch immer die fremde Sprache ist, die er erst vor zwei Jahren begonnen hat, zu erlernen. Mittlerweile beherrscht er sie aber so gut, dass er das EvB-Gymnasium besuchen kann; dort will er im kommenden Schuljahr das Abitur schaffen.

Hashemi kommt eigentlich aus der Provinz Logar in Afghanistan und ist im Herbst 2014 mit seiner heute 28-jährigen Schwester und seinem inzwischen siebenjährigen Neffen aus der Heimat geflohen: "Die Situation bei uns zuhause war aus mehreren Gründen schwierig und gefährlich", erzählt er. Da seien zum einen die Taliban gewesen. Zudem habe es auch noch eine Streitigkeit zwischen Familien gegeben, in deren Mittelpunkt vor allem die Schwester gestanden habe, aber auch der Rest seiner Familie.

Mehr will der 19-Jährige dazu nicht sagen. Die Situation sei aber insgesamt so bedrohlich gewesen, dass die Eltern entschieden hatten, dass die Kinder das Land verlassen müssten. Auch die Eltern seien aus der Heimat geflohen, lebten aber nicht in Deutschland: "Uns fehlt die Familie sehr. Aber im Moment gibt es leider keine Möglichkeit, wieder zusammenzukommen", sagt Hashemi. Einen Monat dauerte die Flucht des Trios: "Wir haben alles erlebt; waren zu Fuß, mit dem Boot, dem Auto oder dem Flugzeug unterwegs", erzählt der 19-Jährige.

Über den Iran, die Türkei und Griechenland seien sie nach Deutschland gekommen. Hier waren sie zunächst eine Woche in einer Erstaufnahmestelle in Bielefeld, dann zwei Wochen an der holländischen Grenze, ehe sie schließlich nach Hückeswagen kamen. Hier leben sie nun seit Oktober 2014. Hashemi besuchte in Afghanistan eine Privatschule, an der auf Englisch unterrichtet wurde, so dass er sich hier unmittelbar verständigen konnte.

Nach einigen Wochen in der neuen Umgebung wurde dem damals 17-Jährigen bald langweilig. Er wollte Bildung, wollte lernen. Und ist zur Stadt gegangen, wo man ihn recht schnell in eine internationale Klasse in Wermelskirchen vermittelte. "Nach einem Monat habe ich dann einen VHS-Kursus besucht, in dem ich den A1-Abschluss in Deutsch gemacht habe; dazu habe ich im Berufskolleg in Wermelskirchen Deutsch gelernt", erzählt Hashemi. Eine Lehrerin der internationalen Klasse erkannte schnell das Potenzial des jungen Afghanen: "Sie hat mich gefördert und unterstützt - ihretwegen bin ich jetzt auf dem Gymnasium", versichert der 19-Jährige dankbar.

Die Lehrerin schickte ihn im Sommer 2015 nach Köln an die CDC-Sprachschule, wo der junge Afghane den A2-Schein erwarb und sehr intensiv Deutsch lernte: "Die deutsche Sprache ist komplizierter als Englisch, gerade wegen der vielen verschiedenen Fälle und Artikel", hat Hashemi erkannt. Doch sein Englisch sei mittlerweile schlechter als sein Deutsch. Der intensive Kursus, für den er im Sommer 2015 in den Ferien jeden Tag in die Domstadt gefahren war, hat es ihm ermöglicht, ab dem Schuljahr 2015/2016 die zehnte Klasse des EvB-Gymnasiums zu besuchen.

In der neuen Schule war der junge Afghane schnell angekommen: "Es war zwar schon eine ganz neue Welt. Aber da ich schon im Vorfeld einige Schüler kennenlernen konnte, war es nicht ganz so schlimm", sagt der 19-Jährige. Im kommenden Schuljahr will Hashemi das Abitur machen, danach vermutlich studieren. Was, das weiß der junge Afghane noch nicht: "In Afghanistan wäre ich vielleicht Bauingenieur geworden, wie mein Vater. Seit ich in Deutschland bin, weiß ich aber nicht mehr genau, was ich machen will.

" Vielleicht hilft eine Info-Woche der Schule im März: "Da lernen wir Universitäten und Studiengänge kennen, vielleicht weiß ich danach ja mehr", sagt er und lächelt ein wenig schüchtern.

(wow)
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