Hückeswagen Jugendliche erfahren das Leben im Alter

Hückeswagen · Die Standortlotsinnen Margareta Coenen und Brigitte Vandenherz-Siebel wollen Jugendliche für das Ehrenamt begeistern. 27 Realschüler sind schon dabei und machen jetzt zunächst den "Sozialführerschein".

 Alt sein ist mit vielen körperlichen Beschwerden verbunden. Wie sich das Leben von älteren Menschen anfühlt, konnten die Realschüler wie Lukas mit Hilfe eines

Alt sein ist mit vielen körperlichen Beschwerden verbunden. Wie sich das Leben von älteren Menschen anfühlt, konnten die Realschüler wie Lukas mit Hilfe eines

Foto: Dörner, Hans (hdo)

Es waren ungewöhnliche Szenen, die sich im Jugendzentrum abspielten: Realschüler der neunten und zehnten Klasse benötigten mit einem Mal mehrere Minuten, um einen Euro aus dem Portemonnaie zu holen, konnten nur mit Mühe ein Glas zum Mund führen und mussten durch den Raum geführt werden, um nicht zu stürzen. Der Grund: Sie waren mit einem Schlag um mehrere Jahrzehnte gealtert.

"Sowas kommt normalerweise schleichend", erläuterte Margareta Coenen. Die Jugendlichen alterten hingegen künstlich durch einen Alterssimulationsanzug. Gleich 27 Jungen und Mädchen nutzten beim Auftakttreffen zum "Sozialführerschein" die Gelegenheit, sich einmal in die Lage von Senioren hineinzuversetzen.

Im Rahmen des Projekts, für das die Teilnehmer nach Beendigung ein Zertifikat erhalten, das sie ihren Bewerbungen beilegen können, helfen die Jugendliche über vier bis zwölf Wochen insgesamt zwölf Stunden in einer Einrichtung für Kinder, Behinderte oder alte Menschen. "Wir wollen die soziale Kompetenz der jungen Leute stärken und ihnen die Angst im Umgang mit alten Leuten nehmen", erläuterte Margareta Coenen. "Man wird heutzutage nicht mehr mit der Oma groß, da fehlt häufig das Verständnis für die Älteren."

Die Alterssimulation hatten die Standortlotsinnen bewusst für das erste Treffen gewählt, um die Schüler auf ihren Einsatz in Pflegeheimen vorzubereiten und ihnen auf interessante Art und Weise eine Vorstellung vom Altern zu geben. Offensichtlich mit Erfolg: "Ich habe gemerkt, was es heißt, auf Hilfe angewiesen zu sein", gab Nadja Lohmann (15) zu, nachdem sie den Simulationsanzug wieder abgelegt hatte. Auch die Handschuhe, die das das Zittern der die Parkinson-Krankheit simulieren, probierten die Realschülerin aus: "Es ist komisch, die eigenen Bewegungen nicht mehr unter Kontrolle zu haben", musste sie feststellen.

Der Simulationsanzug bestand aus einer 30 Kilogramm schweren Weste, Schuhen, Manschetten für Gelenke und Hals, Kopfhörern und weitere Gewichte, was Bewegungen jeglicher Art zur Herausforderung machte. Anhand spezieller Brillen wurden diverse Augenkrankheiten simuliert. "Ich kann nun besser nachvollziehen, warum meine Großmutter sich mit manchen Alltagssituationen schwerer tut als ich", bemerkte Lukas Saal.

Auch der 14-Jährige hatte durch einen Vortrag von Margarete Coenen in der Schule von der Möglichkeit des "Sozialführerscheins" erfahren. Neugierde und die Motivation, "ein wenig zu helfen", brachten ihn dazu, sich anzumelden.

Brigitte Vandenherz-Siebel hofft auf einen Effekt, der über die zwölf Stunden des "Sozialführerscheins" hinausgeht: "Vielleicht lässt es die Schüler auch in ihrer Freizeit einmal darüber nachdenken, einfach im Altenheim mit den Bewohnern ein wenig zu spielen, spazieren zu gehen oder ihnen zuhören zu wollen." Und sie versicherte: "Alte Leute lieben junge Gesellschaft."

Über das Schülerprojekt hinaus möchte sie noch weitere ungenutzte Potenziale erschließen: "Beim Weihnachtsmarkt wollen wir mit der Aktion 'Schenk mir eine Stunde Deiner Zeit' Hückeswagenern die Möglichkeit bieten, Aktivitäten wie Eis essen oder Spazieren gehen an Menschen im Heim zu verschenken", berichtete die Standortlotsin.

(jle)
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