Hückeswagenerin Ines Müske Als in Peru zwei Jahre Haft drohten
Es ist eine wahre Odyssee, die Ines Müske und ihre beiden Freundinnen hinter sich haben. Und die niemand wirklich erleben möchte. Nach fast drei Wochen in Quarantäne kehrten sie jetzt heim. Ihr Geschichte ist eine unglaubliche.
Ines Müske hat mit ihren 31 Jahren schon eine Menge von der Welt gesehen. Zwei Jahre hat die Hückeswagenerin etwa Australien bereist, war ein halbes Jahr durch Asien getourt und hat auch viele Länder Europas gesehen. Zumindest für dieses Jahr aber ist ihre Reiselust gestillt, versichert sie. Dabei wollte Ines Müske eigentlich noch zwei Monate durch Südamerika reisen. „Peru sollte nur ein kleiner Urlaub sein“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Am 5. März waren sie und ihre beiden Freundinnen Dani und Lena aus dem Kreis Wesel in Cusco im Süden des Landes gelandet und wollten Peru am 22. März wieder Richtung Deutschland verlassen (die BM berichtete). Doch es sollte völlig anders kommen.
Denn ab Mitte März saß das Trio in einem Hostal der nordperuanischen Stadt Máncora fest. Weil im ganzen Land wegen der Corona-Krise eine strikte Ausgangssperre herrschte, standen den Frauen und den anderen Touristen in der Unterkunft schwierige Zeiten bevor – was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten. „Im Hostal waren die Türen zu, niemand durfte raus, Und es gab auch keine Möglichkeiten mehr, innerhalb des Landes zu reisen“, erzählt Ines Müske. Jeder durfte einmal pro Woche (!) die Unterkunft einzeln verlassen, um zur Apotheke oder zum Geldautomaten zu gehen. Einziger Lichtblick bei allen Hostalgästen war der Innenhof, der von 5 bis 20 Uhr geöffnet war und in dem sie sich trafen – mit dem entsprechenden Abstand. „Wir haben uns unterhalten, Spanisch gelernt, gespielt und gewartet, dass wir rausgeholt werden“, berichtet die Hückeswagenerin von der Quarantäne-Zeit im Norden Perus. Alle standen im ständigen Kontakt mit dem Auswärtigen Amt. Doch bis das die erlösende Nachricht schicken konnte, dass ein Heimflug im Bereich des Möglichen ist, sollten noch viele Tage vergehen.
Ein Mitarbeiter des Hostals achtet immer darauf, ob Polizei in der Nähe war und warnte die Gäste in diesem Fall, dass sie umgehend auf ihre Zimmer gehen müssten. An einem Abend, gegen 20 Uhr, aber marschierten plötzlich mit Maschinengewehren bewaffnete Soldaten in die Unterkunft – und nahmen alle Gäste fest. „Wir saßen für eine halbe Nacht im Polizeiarrest“, berichtet Ines Müske. War das schon eine mehr als unangenehme Erfahrung, war das, was dann kam, deutlich schlimmer: „Wir mussten ein Formular auf Spanisch unterschreiben, dass wir den Sicherheitsabstand halten müssen, ansonsten würden uns zwei Jahre Haft erwarten“, blickt Ines Müske zurück. Die letzten Tage verbrachte das Trio somit in seinem weniger als zehn Quadratmeter großen Zimmer mit Hochbetten. Der Lagerkoller trieb die Frauen ab und zu ganz vorsichtig in den Innenhof oder auf die Terrasse mit Strandblick, wo alle Gestrandeten den Sonnenuntergang schauten, bevor die tägliche Quarantänezeit um 20 Uhr begann. „Aber nicht mehr auf die Straße.“
Am Montag voriger Woche traf dann die lange ersehnte Mail des Auswärtigen Amts ein: „Wir sollten am Mittwoch nach Piura fahren, um von dort nach Santiago de Chile zu fliegen.“ In kürzester Zeit mussten die entsprechenden Unterlagen besorgt und bei der Polizei von Máncora vorgelegt werden, außerdem mussten die drei Frauen einen Taxifahrer organisieren. Am Donnerstag – die ganze Aktion wurde um einen Tag verschoben – hielt das Taxi im Innenhof des Hostals, dann stiegen Ines, Dani und Lena, mit Mundschutz und etlichen Papieren versehen, ein. Nach fünf Stunden Fahrt und mindestens zehn Polizeikontrollen kamen sie schließlich in der nordperuanischen Stadt Piura an. Nach einer Nacht im Hotel ging’s, begleitet von einer Polizeieskorte, zum Flughafen, wo sie zusammen mit etwa 100 weiteren Deutschen den Flieger in die chilenische Hauptstadt bestiegen. Von einem Mitarbeiter der Botschaft hatten sie letzten Instruktionen bekommen. Am Freitagabend hob schließlich das Flugzeug nach Frankfurt ab, das sie nach 15 Stunden Flug erreichten. Mit dem Zug fuhren die Frauen bis Düsseldorf, wo sich Ines Müske von ihren Freundinnen verabschiedete.
Die Hückeswagenerin wohnt seit kurzem in einer Wohnung in der Landeshauptstadt, die für sie nun weitere 14 Tage zum Quarantäneort geworden ist. „Ich habe nur kurz meine Mitbewohnerin begrüßt, dann bin ich ins Bett gefallen“, sagt Ines Müske. Ihre Familie in Hückeswagen hat sie natürlich noch nicht gesehen, „schon allein, weil ich sie nicht gefährden will“. Telefoniert mit ihr hat sie aber bereits und dabei auch die Geschichte ihres Südamerikaabenteuers erzählt. „Wenn das Virus nicht ausbricht, freue ich mich darauf, bald meine Familie in Hückeswagen besuchen zu können.“
Und wie geht’s weiter? Das Reisefieber scheint fürs Erste bei Ines Müske abgekühlt zu sein. Vielleicht mache sie in Zukunft einen größeren Urlaub oder verreise für ein halbes Jahr. „Aber jetzt gehe ich erst einmal auf Jobsuche“, versichert sie. Studiert hat die 31-Jährige BWL und Marketingmanagement, daher hofft sie auf eine Anstellung im Bereich Marketing. Bei ihrer Lebens- und Urlaubsgeschichte sollte es kein Problem sein, einen Arbeitgeber zu finden.