Wohnstätte für Suchtkranke in Hückeswagen Lindenhof – vier Jahrzehnte Hilfe für Abhängige

Hückeswagen · Vor 40 Jahren zogen die ersten Bewohner in den Lindenhof an der August-Lütgenau-Straße ein, ein Wohnheim für alkohol- und medikamenten­abhängige Menschen. Die Anfänge waren nicht leicht, doch längst ist die Einrichtung der OGB akzeptiert und etabliert.

 Seit 40 Jahren werden im Lindenhof Suchtkranke betreut und auf die Rückkehr in ein normales Leben vorbereitet.

Seit 40 Jahren werden im Lindenhof Suchtkranke betreut und auf die Rückkehr in ein normales Leben vorbereitet.

Foto: Stephan Büllesbach

Es formierte sich der Protest. Damals, als Pläne bekannt wurden, ausgerechnet in einer früheren Gaststätte an der August-Lütgenau-Straße ein Wohnheim für chronisch Alkoholkranke einzurichten. Ängste wurden geschürt, vermeintliche Gefahren für ringsum wohnende Familien und deren Kinder heraufbeschworen. Der „neue“ Lindenhof war unerwünscht in Hückeswagen, seine künftigen Bewohner waren es auch. Mehr als 40 Jahre ist das her.

Die Oberbergische Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte (OGB) hielt dennoch an ihren Plänen fest und eröffnete 1982 die Wohnstätte Lindenhof im Gebäude der ehemaligen Traditionsgaststätte als Wohnheim und soziotherapeutisches Betreuungszentrum für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen und Männer. Zur Gefahr für andere Menschen sind die abstinenten Suchtkranken seitdem tatsächlich nie geworden, längst sind die anfänglichen Bedenken ausgeräumt. „Der Lindenhof gehört dazu und hat ein positives Image“, sagt Leiterin Iris Prangenberg-Röntgen.

18 Männer und Frauen leben in den Wohngruppen in dem Gebäudekomplex am „Kratzkopp“, wie die steile Straße nach Wiehagen in Heukeshowwer Platt genannt wird. 18 – das ist Standard bei der OGB. „Alle unsere Einrichtungen sind für diese Zahl an Bewohnern ausgelegt“, erläutert Pressesprecherin Sabine Ludwig. Das galt auch für das Demenzwohnheim „Wohnwerk“ am Klingelnberg-Kreisel. Doch um eine solche Wohnstätte wirtschaftlich betreiben zu können, hätte es mehr Bewohner bedurft, weswegen das „Wohnwerk“ Ende 2021 nach zwölf Jahren geschlossen wurde.

 Die Bewohner, wie Dietmar Hanzl (l.) und Hartwig Plass, können in der hauseigenen Schreinerwerkstatt mitarbeiten.

Die Bewohner, wie Dietmar Hanzl (l.) und Hartwig Plass, können in der hauseigenen Schreinerwerkstatt mitarbeiten.

Foto: Stephan Büllesbach

Diese Gefahr bestand beim Lindenhof nie. Aktuell leben dort Männer und Frauen im Alter zwischen Anfang 30 und Ende 60 mit unterschiedlicher Suchthistorie. Darunter ist eine Frau, die bereits vor 20 Jahren einzog. „Ziel ist es, sie so weit zu unterstützen, dass sie in ein eigenständiges Leben entlassen werden können“, erläutert Iris Prangenberg-Röntgen. Es gibt aber auch Bewohner, die können oder wollen gar nicht zurück. „Bei ihnen reicht es nicht dazu, selbstständig leben zu können“, sagt die Leiterin. So gehen manche Bewohner vom Lindenhof direkt in ein Altenheim. Doch wie alle tragen auch sie ihren Teil zum gemeinsamen Alltag im Lindenhof bei. So stellt die Leiterin regelmäßig einen Plan mit Arbeiten für die nächste Woche auf, wie das Putzen des Treppenhauses oder das Kehren des Hofs. Ein Bewohner kümmert sich ums Frühstück, zwei sorgen fürs Mittagessen. In den Wochenplan können sich die Bewohner eintragen. Nicht jeder macht das dann auch, aber zu Beginn der jeweiligen Woche ist der Plan mit den Namen aller gefüllt. Wobei der eine oder andere mit einem motivierenden Gespräch davon überzeugt wird, mitzumachen. Mitunter sei auch mal eine „klare Ansage“ notwendig, unterstreicht Iris Prangenberg-Röntgen. Zu einer Eskalation würde es jedoch nie kommen, Probleme würden in aller Ruhe gelöst.

Im Gebäude ist zudem eine Schreinerei eingerichtet, die Aufträge annimmt – von der OGB, etwa für Reparaturen in den anderen über das Kreisgebiet verteilten Häusern, oder auch von ganz normalen Kunden. Diese Arbeitstherapie gibt es von Beginn des Lindenhofs an. In der Einrichtung leben aber auch Menschen, die jeden Morgen ganz normal mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeit fahren und abends auf gleichem Weg wieder zurückkommen. Andere werden mit dem kleinen OGB-Bus abgeholt und zu den gemeinnützigen Werkstätten RAPS in Marienheide gebracht.

Ein multiprofessionelles Team, bestehend aus Sozialarbeitern, Ergotherapeuten, Heilerziehungspflegern und Krankenschwestern, kümmert sich rund um die Uhr, an jedem Tag im Jahr, um die 18 Bewohner. Für die Nacht ist eine Bereitschaft eingerichtet. Inklusive der Leiterin arbeiten zehn Männer und Frauen für den Lindenhof. „Wir kontrollieren natürlich auch regelmäßig, ob die Bewohner Suchtmittel haben“, betont Sabine Ludwig. Aber damit scheint es keine Probleme zu geben.

Die OGB jedenfalls will, dass sich die Menschen in ihren Einrichtungen zu Hause fühlen und ihr Leben nicht als Eingesperrt-Sein empfinden. Das gilt auch und vor allem für den Lindenhof, der einst einmal eine Gaststätte war.

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