Nach erneutem Gülleeintrag in die Neye-Talsperre Hückeswagener Landwirte sind sauer und fürchten Konsequenzen
Hückeswagen · Bereits 2015 waren von einem Betrieb in Halver im Märkischen Kreis 1,7 Millionen Liter Tierkot und Urin in die Neye-Talsperre gelaufen. Jetzt sollen es wieder mehrere hunderttausend Liter sein. Unverständnis bei Hückeswagener Landwirten.
Dass am Wochenende erneut große Mengen Gülle über den Neyebach in die Neye-Talsperre geflossen sind, macht den Vorsitzenden der Hückeswagener Ortsbauernschaft, Christian Felbick, sauer. Bereits 2015 waren von einem Betrieb in Halver im Märkischen Kreis 1,7 Millionen Liter Tierkot und Urin in die Talsperre gelaufen. Jetzt sollen es wieder mehrere hunderttausend Liter sein – vom Gelände des gleichen Betriebes.
„Ich will diesen Landwirt nicht Kollegen nennen, für mich ist er ein Verbrecher. Er ist Besitzer und Betriebsleiter, das muss er einfach im Auge behalten“, sagt Felbick wütend. Jetzt müssten alle Behörden handeln. „Denn so ein Versagen darf nicht auf uns Landwirte, die wir uns an alle Vorgaben und Richtlinien halten, abgewälzt werden“, meint er. Er befürchte, dass ein Wiederholungstäter eine ganze Branche in Verruf bringe und die Landwirte auch in der Schloss-Stadt unter Generalverdacht gestellt werden. In der Ortsbauernschaft Hückeswagen sind 70 bis 75 Mitglieder registriert, 30 bis 35 davon als aktive Landwirte mit Viehhaltung und Landwirtschaft.
Nach dem Vorfall vor neun Jahren habe der Oberbergische Kreis freiwillige Kontrollen angekündigt: Güllebehälter, Mistlagerstätten, Sickersaftgruben – alles sollte auf den Prüfstand. „Da waren vier Leute auf meinem Hof, haben fünf Stunden kontrolliert, inklusive Bürokram. Das will ich so nicht mehr“, sagt Felbeck. Er habe ja schon Angst, wenn er mit einem Güllefass unterwegs sei. Er befürchte jetzt noch mehr Auflagen und Kontrollen. Dabei stehen die Güllebehälter von Felbeck in der Nähe des Schückhauser Baches, der in den Purder Bach und schließlich in die Dhünn-Talsperre fließt. Da ist oberste Vorsicht geboten.
„Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel, es darf jetzt nicht noch höhere Kosten für Schutzmaßnahmen geben“, fordert der Vorsitzende der Ortsbauernschaft. Gülle sei ein immens wichtiger Dünger, der zwei- bis viermal pro Jahr ausgefahren werde – maximal 170 Kilo reiner Stickstoff pro Hektar und Jahr seien erlaubt. „Unsere Flächen könnten twar mehr vertragen, aber wir halten uns an die Vorgaben“; sagt Felbeck, dessen landwirtschaftliche Flächen zu 95 Prozent im Einzugsgebiet des Wasserschutzgebietes in der Zone II liegen.
Und auch dort muss die Gülle ab 2025 bodennah ausgetragen werden über eine sogenannte Schleppschuhanlage, die die Gülle in Streifen aufträgt und nicht mehr in die Luft wirbelt. Mit der neuartigen Technik soll der Stickstoff gezielter an die Graswurzel gebracht werden. „Dabei wird das Gras zur Seite gedrückt und gedüngt“, erläutert Felbeck.
Auch Ortslandwirt Dietmar Strack hat nach dem Gülleunfall in Halver wenig Verständnis für das Verhalten des Landwirts in Halver. „Einfach mal Birne einschalten, um so einen Super-Gau zu verhindern“, meint er. Auch er befürchte, dass jetzt wieder die gesamte Landwirtschaft in Verruf gerät. „Die Stimmung schwenkt dann meist sehr schnell um“, sagt er.
Dabei sei es heutzutage gar nicht so leicht, Landwirtschaft zu betreiben. Natürlich könne es mal vorkommen, dass zum Beispiel bei Starkregen geringe Mengen Gülle oberflächlich abfließen und eben nicht dorthin, wo sie hingehören, aber doch nicht in diesem Ausmaß. Strack kümmert sich in seinem Betrieb derzeit um 350 Tiere.