Heimat Hückeswagener Schmiedekunst

Hückeswagen · Der Hückeswagener Kunstschmied Walter Gerhards (1911-1975) hat eine Reihe von Kunst(hand)werken hinterlassen, die in Hückeswagen öffentlich zu sehen sind. Auch auf Schloss Burg ist noch etwas von ihm erhalten geblieben.

Hückeswagen: Öffentliche Kunstschmiedearbeiten von Walter Gerhards
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Öffentliche Kunstschmiedearbeiten von Walter Gerhards

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Foto: Archiv Edith Gerhards

Wer durch Hückeswagen marschiert, wird sie nicht unbedingt wahrnehmen. Aber sie sind da – die Kunstschmiedearbeiten des Hückeswageners Walter Gerhards. Relikte aus einer Zeit, als die Innenstadt mit vielen kleinen Geschäften und Gaststätten belebter war als heute. Zu diesen Spuren gehören eben auch einige Arbeiten von Walter Gerhards.

Ins Auge gefallen dürfte es bereits jedem sein, auch wenn es in etwa vier Metern Höhe hängt: das Aushängeschild des Hotels zur Post. Wer von der Sparkasse kommend Richtung Wilhelmplatz unterwegs ist, geht automatisch unter der Kunstschmiedearbeit mit der Postkutsche auf dem Ausleger her. Nicht so häufig in den Blickpunkt gerät das Wappen der Bäckerei von Pohlheim am Stammhaus Kölner Straße. Und auch nicht unbedingt auffällig sind die geschmiedete Waage und der Mörser an der zur Bachstraße hin gelegenen Haustür der früheren Hirsch-Apotheke, Friedrichstraße, die seit knapp drei Jahren nicht mehr existiert. Und wer weiß schon, dass das doppelflügelige Eingangstor des Friedhofs direkt neben dem katholischen Kindergarten Am Kamp eine Arbeit von Walter Gerhards aus dem Jahr 1959 ist?

Eine Kommunionbank in der katholischen Pfarrkirche mit Wellen, Fischen und einem Netz hat der Kunstschmied hergestellt. Auch im Schloss finden sich noch seine Arbeiten wieder. Wenn etwa am Schützenfest-Samstag die Schützen vom Bürgermeister im Rathaus zum Insignienempfang erwartet werden, liegt dort immer der Stadtschlüssel in einem Kästchen bereit – auch dieses ist eine Arbeit Gerhards.

An seinem Haus Bachstraße 29 sind geschmiedete Gitter in den Fächern der Haustür und eine geschmiedete Rebe an der Fassade zu sehen. Die war eigentlich für die Gaststätte vorgesehen. Für den Namen „Wichsdose“, den die Gäste dem kleinen Lokal verpassten und das Carola Gerhards bis 1982 betrieb, fand der Schmied sie jedoch unpassend. Dafür nutzten es seine Tochter Edith Gerhards und ihr Mann Dr. Axel Bornkessel für ihren Weinhandel „Weinkabinett“ von 2003 bis 2014.

Doch auch außerhalb der Stadt war Walter Gerhards aktiv. In alten Zeitungsartikeln ist häufig von Arbeiten an Privathäusern etwa in Marienheide, Engelskirchen, Halver, Lüdenscheid oder Remscheid zu lesen. Und sogar auf Schloss Burg hat sich der Hückeswagener Kunstschmied verewigt. „Mein Vater hat dort 1938 im Auftrag mehrere Leuchte hergestellt, von denen dort jetzt noch eine hängt, und weitere Außenarbeiten gemacht“, erzählt Edith Gerhards. Wie er die Arbeiten dorthin schaffte, weiß sie nicht. Einen Lkw habe ihr Vater nicht besessen, die Arbeiten innerhalb Hückeswagens habe er mit dem Handkarren ausgeliefert.

Die 66-Jährige kann sich noch gut an die Arbeit in der Schmiede erinnern, auch wenn ihr Vater diese aus gesundheitlichen Gründen in den 60er Jahren aufgeben musste. „Ich erinnere mich heute noch an den Geruch von Zunder, auch Eisenhammerschlag und Abbrand genannt. Das ist die feine Schicht, die von glühenden Eisen beim Schmieden abspringt“, erzählt sie. Auch fühle sie sich sehr am wohl am Feuer. Kein Wunder, hatte Edith Gerhards doch während ihrer Kindheit viel Zeit in Vaters Schmiede verbracht. So durfte sie etwa das Stockeisen in die Glut halten und es zum Glühen bringen. „Danach habe ich es dann nach der Vorgabe meines Vaters mit einem kleinen Hammer platt geklopft“, erzählt sie.

Einmal war sie jedoch ein wenig zu neugierig. Als ihr Vater bei einer Arbeit mit Blattgold hantierte, „wollte ich wissen, wie sich das anfühlt“. Edith Gerhards tunkte ihren Finger in das hauchdünne Material. „Blattgold bleibt sofort daran haften, womit man es berührt – in diesem Fall war es mein Finger“, sagt sie. Sofort bildeten sich Klumpen, die nicht mehr zu nutzen waren. Edith Gerhards: „Ich war erschrocken, weil ich echtes Gold vernichtet hatte.“ Ihr Vater habe sie jedoch getröstet. „Blattgold habe ich trotzdem nie wieder angefasst“, versichert die 66-Jährige.

Edith Gerhards ist sich sicher, dass in Hückeswagen und anderen Städten in der Region noch viele Arbeiten ihres Vaters zu sehen sind. So hat Walter Gerhards in den 50er Jahren, der Wirtschaftswunderzeit, zum Beispiel viele Kunstschmiedearbeiten für die Anwesen von Unternehmern gefertigt. Schließlich sollten die Tore und Türen ihrer Häuser „etwas hermachen“. Seine Tochter betont aber: „Es dürfte noch vieles da sein. Aber nicht jedes schmiedeeiserne Teil in Hückeswagen und Umgebung ist von meinem Vater.“

Weitere Fotos online unter
www.rp-online.de/hueckeswagen.

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