Hückeswagener in Peru Bedroht, vergessen – Heimkehr mit Hürden

Hückeswagen · Auch unser Mitarbeiter musste aus Peru heimgeholt werden. Hier schildert er seine Eindrücke.

 Jonathan Lessing (r.) warten zusammen mit seinem Hostelfreund auf dem Flughafen des peruanischen Arequipe auf seinen Flug nach Santiago de Chile.

Jonathan Lessing (r.) warten zusammen mit seinem Hostelfreund auf dem Flughafen des peruanischen Arequipe auf seinen Flug nach Santiago de Chile.

Foto: Lessing

Von Jonathan Lessing

Hückeswagen Kurz vor Mitternacht war der Spaß vorbei: Das Militär marschierte entschlossen in unsere Hostelküche im peruanischen Puno. Es hieß, wir seien zu laut gewesen. Das war schwer vorstellbar, waren wir doch nur zu fünft im Obergeschoss des Gasthauses, in dem ich bereits seit etwas mehr als zwei Wochen mitsamt einem weiteren Deutschen, zwei Kolumbianern und dem Nachtwächter die Ausgangssperre in Peru aussaß. Doch die Militärs, die überall im Land die Ausgangssperre durchsetzen, waren nicht zum Diskutieren aufgelegt: Also Pässe zeigen, zu Kreuze kriechen, und schleunigst ab auf die Zimmer.

Peru greift hart im Kampf gegen das Coronavirus durch. Nach einer zunächst zweiwöchigen Ausgangssperre wurde die Maßnahme bereits um zwei weitere Wochen bis Mitte April verlängert. Auch die nächtliche Sperrstunde erfuhr mehrere Ausdehnungen – zuletzt galt sie je nach Ortschaft von 16 bis 5 Uhr. Tagsüber dürfen jeweils im Wechsel an einem Tag nur Männer, am Folgenden nur Frauen auf die Straße. In diesen Rahmenbedingungen erreichte mich am vorvergangenen Sonntag überraschend eine Mail der deutschen Botschaft: Ich solle unverzüglich meine Sachen packen und mich „unauffällig verhalten“ – Busse seien unterwegs, um Deutsche aus der Stadt zu evakuieren. Abfahrt: in 30 Minuten.

Regelmäßig hatte der Botschafter bereits zuvor via Mail über die Geschehnisse im Land und den Planungsstand der Rückholaktion informiert. Auch erfuhren wir auf diesem Wege über die zahlreichen Rückschläge: Kurzfristig wurden Landegenehmigungen entzogen (eine Lufthansa-Maschine musst gar wieder abdrehen), Passierscheine für die Anreise zu den Flughäfen wurden nur langsam ausgestellt. Ich saß auf gepackten Sachen in der Lobby und erwartete vier Stunden lang die avisierten Busse, bevor ich den Fahrer telefonisch erreichte. Ergebnis: Ich sei vergessen worden – die Busse seien bereits auf der Rückfahrt. 

 In der Botschaft legte man mir am Folgetag eine individuelle Organisation der Weiterreise nahe, da ich weiter für Rückholflüge vorgesehen war. Einziger Verweis: „Ich sollte mich beeilen.“ Einfacher gesagt als getan: Fortbewegung im Land erfordert offizielle Passierscheine und einen willigen und lizensierten Fahrer. Es folgten zwei Dutzend Telefonate in 48 spannenden Stunden mit Berlin und Lima, der Polizei und diversen Taxifahrern, dem Tourismusministerium und anderen Europäern in meiner Umgebung.

 Letztlich hatte ich meine Scheine gerade rechtzeitig erhalten. Gemeinsam mit meinem deutschen Hostelgenossen reiste ich früh am nächsten Morgen durch etliche Militärsperren und Kontrollen, teils unter Polizeieskorte, zur Abflugstadt (Foto: privat). In Arequipa empfing uns ein freundliches Hostel für die letzte Nacht. Um 5 Uhr sammelten wir uns dann am Ende vor dem örtlichen Honorarkonsulat: Eine Schlange mit jeweils zwei Metern Abstand, einmal um das Gebäude. Dann flogen wir in zweieinhalb Stunden nach Santiago de Chile, und von dort nochmal 14 Stunden bis nach Frankfurt.

 In Hückeswagen haben am Wochenende zunächst zwei Wochen Heimquarantäne begonnen, bevor es zurückgeht in den Alltag.

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