Hückeswagen in der Haushaltssicherung Stadtbibliothek – Luxus oder Notwendigkeit?

Hückeswagen · In der Serie zum HSK geht es heute um die Infrastruktur – und zwar am Beispiel der Stadtbibliothek an der Friederichstraße. Was kann und will sich die Stadt noch leisten, was ist verzichtbarer Luxus?

 Von der der geplanten Schließung der Stadtbibliothek in diesem Jahr ist keine Rede mehr.

Von der der geplanten Schließung der Stadtbibliothek in diesem Jahr ist keine Rede mehr.

Foto: Stephan Büllesbach

Im „Unternehmen Stadt“ geht es jährlich um viele Millionen Euro – und damit um sehr viel mehr Geld als in einem normalen privaten Haushalt. Und dennoch gibt es eine simple Formel für beide, wenn die Finanzen in Schieflage geraten, weil ständig mehr ausgegeben wird als an Geld reinkommt: Die Einnahmen müssen erhöht, die Ausgaben gesenkt werden. Sparen wird zur obersten Pflicht.

Die Erhöhung der Einnahmen ist für eine Stadt vor allem auf einem Weg möglich: Anhebung der Steuersätze für Grundbesitzer und Gewerbetreibende, weil diese Erträge auf direktem Weg in die Stadtkasse fließen. Steuererhöhungen auf Jahre hinaus waren folglich der erste große Schritt im 2015 verabschiedeten Haushaltssicherungskonzept (HSK). Parallel dazu liefen die Beratungen zur neuen Sparpolitik. Und dabei ging‘s auch um die Infrastruktur.

Eine grundlegende Überlegung dazu findet sich schon im Entwurf des Haushaltssicherungskonzepts für die Jahre 2016 bis 2024. Darin hieß es damals: „Sie (gemeint sind die Bürger) sind Auftraggeber. In Zeiten knapper Mittel muss im Wesentlichen ausgehandelt werden, welche zusätzlichen kommunalen Leistungen wichtig sind und zu welchem Preis – also zu welchen Steuerbelastungen – diese umsetzbar sind. Die Leistungen und damit einhergehend die Lebensqualität müssen refinanziert werden – und das jetzt und nicht in Zukunft.“

Ein paar kleinere Einsparmöglichkeiten, die dann auch keinen großen Aufschrei in der Politik und bei den Bürgern auslösten, waren schnell gefunden: Gestrichen wurden unter anderem das „Welcome-Paket“ für Neubürger (3200 Euro im Jahr) oder der Zuschuss an die Diakoniestation (3000 Euro). Der Zuschuss für die Schlosskonzerte im Museum sank, und der Ordnungsdienst wurde um die Hälfte reduziert. Viele kleinere Einsparungen addieren sich am Ende eben auch zu einer stattlichen Summe.

Aber auch gravierende Einschnitte in die Infrastruktur der Stadt schienen zwingend zur langfristigen Konsolidierung der Finanzen. Und damit kam die Stadtbibliothek in der denkmalgeschützten städtischen Villa an der Friedrichstraße auf den Prüfstand. Sie zu betreiben, gehört nicht zu den gesetzlich vorgegeben Pflichtaufgaben einer Stadt. Bei dem Aufwand dafür handelt es sich um freiwillige Ausgaben, die bei Kommunen im Haushaltssicherungskonzept restriktiv bewirtschaftet werden müssen. Darauf achtet auch die Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung. In der Haushaltssicherung werden die freiwilligen Aufgaben sozusagen zur Luxusmasse, die es abzuspecken gilt.

Die Bibliothek an der Friedrichstraße  geriet auch dadurch in den Fokus, dass schon länger größere Investitionen in das stadteigene Haus geplant waren, darunter die Erneuerung der Heizung, veranschlagt mit 25.000 Euro, und ein Innenanstrich für 30.000 Euro. Davon abgesehen kostet es die Stadt jährlich eine sechsstellige Summe, die Bibliothek zu unterhalten und professionell zu betreiben. 2014, als die Vorberatungen für das HSK in Gang kamen, waren es 195.000 Euro. Spärlich waren auf der anderen Seite die Einnahmen von rund 9000 Euro an Benutzungsentgelten im Jahr. Hinzu kam noch: Gemessen an der Zahl der Einwohner nutzten nicht einmal zehn Prozent der Hückeswagener das teure Angebot der Bücherei.

Konsequenz aller Überlegungen: Die Verwaltung schlug mit dem HSK die Schließung der Stadtbibliothek im Jahr 2020 vor. Dazu kam es bekanntlich nicht. Stattdessen wurden seit 2016 unterschiedliche Modelle entwickelt, die Bücherei fortzuführen, sie umzuwandeln in ein Kulturzentrum und  „Wohnzimmer“ der Stadt und dieses Projekt, verbunden mit Kosten von geschätzt 630.000 Euro, zu 70 Prozent aus einem Fördertopf des Landes finanzieren zu lassen. Die restlichen 30 Prozent hätte die Stadt selbst zahlen müssen. Die Idee wurde zu den Akten gelegt.

Gewandelt hat sich die Stadtbibliothek aber auch ohne die Landesförderung, was auch dem Förderkreis zu verdanken ist – und vielen ehrenamtlichen Helfern. Die Zahl der Besucher ist enorm gestiegen (auf 6600 im vorigen Jahr), aber nicht unbedingt die Zahl der Leser. Nur ein Drittel der Besucher lieh im Vorjahr Medien aus, zwei Drittel waren bei Gruppen-Treffen, Bildungskursen oder Veranstaltungen im Haus an der Friedrichstraße dabei.

Der finanzielle Aufwand, den die Stadt dafür betreibt, ist trotz Personal-Abbau und Reduzierung des Medienbestandes weiterhin sechsstellig und liegt noch über dem Ansatz von 2014: Knapp 230.000 Euro sind im Haushalt 2020 eingeplant. Es ist eben teuer, das Baudenkmal im Eigentum der Stadt zu unterhalten und zu betreiben. Dennoch: Die Schließung und damit der Verlust von kultureller Infrastruktur in Hückeswagen ist, zumindest aktuell, kein Thema mehr.

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