Coronakrise in Hückeswagen Verwirrung um Geschäftsschließungen

Hückeswagen · Unklarheit herrschte am Mittwoch bei vielen Hückeswagener Geschäftsleuten. Ab Donnerstag sind die meisten Läden zu.

 „Hütchenspielerin“ Anja ter Borg grenzt mit Spielzeugpylonen die Reinigungsannahme (r.) vom Spiel- und Lederwarengeschäft Heinhaus ab.

„Hütchenspielerin“ Anja ter Borg grenzt mit Spielzeugpylonen die Reinigungsannahme (r.) vom Spiel- und Lederwarengeschäft Heinhaus ab.

Foto: Stephan Büllesbach

Es ist kurz nach 9 Uhr. Einzelhändler Uwe Heinhaus hat soeben den zum Etapler Platz gelegenen Hintereingang seines Geschäfts geöffnet. Vorne ist bis auf Weiteres geschlossen – wie auch sein Geschäft für Spiel- und Lederwaren. Der Schutz vor eine Coronavirus-Infektion ist der Grund, erläutert Verkäuferin Anja ter Borg einem Jungen, der sich eigentlich nach Spielzeug gegen die Langeweile daheim umschauen will. „Wenn Du was willst, sag es mir, und ich bringe es Dir hinaus“, sagt sie anschließend. Der Knirps versteht aber offenbar die Welt nicht mehr und geht.

Es hat lange gedauert, bis Bürgermeister Dietmar Persian endlich den „nachjustierten“ Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums in seinem Mailordner vorfand. Dienstagabend, gegen 22 Uhr, war das. Erst auf dieser Rechtsgrundlage kann die Stadtverwaltung nun den Hückeswagener Geschäftsleuten mitteilen, die keinen notwendigen Bedarf verkaufen, dass sie fürs erste nicht öffnen dürfen.

 Deichmann informiert per Aushang über die Schließun g.

Deichmann informiert per Aushang über die Schließun g.

Foto: Stephan Büllesbach

Das hat am Morgen zur Folge, dass einige Geschäfte bereits geschlossen haben, wie Deichmann oder Takko, andere Händler, wie an der Islandstraße, erst einmal ihre Waren wie jeden Tag vor die Schaufenster stellen, und vor weiteren Geschäften, wie KiK, die Ständer zunächst draußen stehen und nach einer halben Stunde wieder reingeholt werden.

Im Geschäft von Uwe Heinhaus baut derweil Anja ter Borg jede Menge Spielzeugpylonen auf, nachdem das Flatterband zur Neige gegangen ist . Damit trennt sie den Bereich der Reinigungsannahme am Hintereingang vom restlichen Laden ab – denn die Annahme und Ausgabe von Wäsche bleibt weiterhin erlaubt. „Für das restliche Sortiment bieten wir aber zusammen mit Kinder- und Jugendmode ,Bubble’s’ einen Lieferservice an“, sagt Heinhaus. Kinder und Erwachsene können sich im Internet die Ware aussuchen und unter ☏ 02192 1430 im Geschäft melden. Heinhaus bringt die Ware dann innerhalb von 24 Stunden und in einem Umkreis von 15 Kilometern zum Kunden und legt sie samt Rechnung vor die Haustür. Bezahlt werden muss dann per Paypal oder Überweisung. Auch können Kunden zum Hintereingang kommen und ihren Wunsch äußern. „Wir gehen dann mit der Ware und der Rechnung hinter ihnen her und legen die Sachen in den Kofferraum. Es wird keinen Kontakt geben“, stellt der Einzelhändler klar.

 Leonie (6) und ihre Eltern Lisa und Marcel Backst durften am Mittwochmorgen zwar nicht mehr ins Spielwarengeschäft Heinhaus. Am Hintereingang aber konnte sich die Sechsjährige noch Bügelperlen und die Schablonen dazu aussuchen.

Leonie (6) und ihre Eltern Lisa und Marcel Backst durften am Mittwochmorgen zwar nicht mehr ins Spielwarengeschäft Heinhaus. Am Hintereingang aber konnte sich die Sechsjährige noch Bügelperlen und die Schablonen dazu aussuchen.

Foto: Stephan Büllesbach

Ähnlich wird auch Karsten Schlickowey verfahren, der für sein Deko- und Haushaltswarengeschäft „Stilmix“ ebenfalls einen Lieferservice anbieten wird. Das Prozedere des Aussuchen und Bestellens unter ☏ 0160 4722564 ist das gleiche. Auch er liefert aus oder gibt die Ware an der Ladentür heraus – dafür wird er extra im Eingangsbereich eine Klingel installieren. „Der Laden ist rappelvoll mit Ware“, versichert Schlickowey. „Ich habe am Mittwoch noch Bratpfannen aus Skandinavien bekommen.“

Weiterhin öffnen dürfen etwa Christiane Cannoletta und Markus Beeh ihre Geschäfte, weil sie Zeitschriften verkaufen (s. Info-Kasten). Ob sie auch die Lotto-Annahmestellen noch betreiben dürfen, ist zunächst unklar. Auch Optiker Daniel Mücher ist weiterhin für seine Kunden da – aber nur für die, die eine Brille benötigen. Den Uhren- und Schmuckbereich wird er abtrennen müssen. Für seine Mitarbeiter will er erst einmal alles so lassen, wie bisher. „Vielleicht kann jemand Urlaub nehmen, aber Kurzarbeit werde ich nicht beantragen“, versichert der Optikermeister. Sollte die Geschäftsschließung allerdings länger andauern, „muss ich gucken, wie’s weitergeht“.

Schlecht ist die Stimmung bei Christoph Winkler, obwohl der Modehändler noch „am Dienstag superentspannt war“, wie er sagt. Doch mit der Geschäftsschließung ab heute, Donnerstag, ist die Coronakrise auch bei ihm greifbar geworden. „Jetzt kommen gesundheitliche und existenzielle Ängste auf; das überfordert einen“, sagt er.

Erfolgreicher als der Junge wenige Minuten zuvor sind Leonie und ihre Eltern Lisa und Marcel Backst. Die Sechsjährige kann nicht mehr in den Kindergarten und hat zu Hause nun Langeweile. Uwe Heinhaus hat der Familie aus Hückeswagen und Rheinland-Pfalz eine Kiste mit Bügelperlen und passenden Schablonen herausgestellt, aus denen sich Leonie nun was heraussucht. „Bevor alles zu ist, wollten wir noch mal schnell nach neuem Spielzeug schauen“, erläutert ihre Mutter.

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