Tag der offenen Tür Wo Tradition auf neue Technologie trifft

Hückeswagen · Zum Tag der offenen Tür des 3-Städte-Depots erwachten am Sonntag in einer Halle des ehemaligen Unternehmens Bêché & Grohs alte Maschinen zu neuem Leben – und formulierten klare Botschaft Richtung Zukunft.

 Hans-Hartwig Selbach (v.l.), Helmut Siebel, Gerd und Christel Schulze schauen sich fasziniert die Technik einer Spulmaschine von 1900 an.

Hans-Hartwig Selbach (v.l.), Helmut Siebel, Gerd und Christel Schulze schauen sich fasziniert die Technik einer Spulmaschine von 1900 an.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Ein leises Summen erklingt, dann setzt sich die schwere Maschine in Bewegung. Räder beginnen sich zu drehen, Hebel werden ausgelöst, und die Presse nimmt ihre Arbeit auf. „Es ist so einleuchtend und nachvollziehbar und trotzdem so genial“, sagt Albrecht Nunn, der mit vielen anderen Besuchern mit staunendem Blick vor der alten Reibscheibenpresse steht. „Da sind richtige Kräfte am Werk“, erklärt der  Vorsitzende des Vereins 3-Städte-Depot und kann seinen Blick gar nicht richtig lösen von dem 77 Jahre alten Koloss. Dann macht er sich weiter auf den Weg durch die ehemalige Bêché-Halle an der Peterstraße, weist hier auf historische Maschine hin und dort auf ein schmuckes Exponat. Zum Tag der offenen Tür sind am Sonntag viele Interessierte gekommen, um einen Blick zurückzuwerfen in die aufregende bergische Industriegeschichte und hinter die Kulissen des Depots, in dem seit vier Jahren ein besonderes Museum mit historischen Maschinen entsteht.

Nunn bleibt bei den Webmaschinen stehen. „Sechs Bandwirker aus der Region haben zusammengearbeitet und ihr Wissen eingebracht“, erläutert er. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Zum Tag der offenen Tür spinnt eine Frau gut gelaunt auf dem Spinnrad Wolle. Gleich daneben präsentiert der Verein zwei Bandwebstühle. Begeistert deutet Nunn auf den neuen Jaquardwebstuhl, der damals – 1848 – eine unglaubliche neue Entwicklungsstufe für die Bandwirker bedeutete. Der Webstuhl ist aus Wuppertal ganz neu  eingetroffen, und viele fleißige Hände arbeiten daran, ihn wieder in Bewegung zu bringen. „Wenn man genau hinsieht, ist diese Technik hochmodern“, sagt ein älterer Besucher, der staunend neben dem Webstuhl steht. Im Grunde habe Joseph-Marie Jacquard mit dem Lochkartensystem ein Wirkungsprinzip erfunden, auf dem auch die digitale Technik basiere.

Und so gelingt beim Anblick der alten Maschinen genau das, was sich der Verein beim Tag der offenen Tür im Depot gewünscht hat. „Wir wollen eine Brücke schlagen zwischen Vergangenheit und Zukunft“, erklärt Nunn. Dazu gehöre es auch, das Wissen, die Erfahrung und die Werte aus drei Generationen Bandweberei zu schätzen, zu verstehen und zu nutzen. „Wir können von diesen Webstühlen und den Bandwirkern viel lernen“, versichert der Vorsitzende. Damit meint er nicht nur die Einsicht, dass Wissen und Entwicklung harte Arbeit seien. „Wir lernen auch zu verstehen, dass es wichtig ist, Liebe zu haben für das, was man tut.“ Moderne Technik habe genau hier ihre Wurzeln – bei Maschinen, die heute historisch sind.

Diese Maschinen will das 3-Städte-Depot erhalten. Seit vier Jahren bauen die Ehrenamtlichen aus Hückeswagen, Wipperfürth und Radevormwald das Depot auf, veranstalten Führungen und erinnern an bergische Industriegeschichte. „Unser Ziel ist es, Empathie für Technik zu schaffen“, sagt Nunn.

Dann blickt er inmitten der alten Maschinen wieder Richtung Zukunft. Im Eingangsbereich des Depots soll ein Experimentierfeld für Jugendliche entstehen. „Wir wollen ihnen Experimente rund um technische Themen ermöglichen“, sagt Nunn und denkt an 3D-Druck und Robotik. Jungen, aber vor allem auch Mädchen, sollen im Depot ein Verständnis für Maschinen bekommen.

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