Nach dem Großbrand in Hückeswagen Der Schock durchs Feuer sitzt immer noch tief
Hückeswagen · Eine Spendenaktion in Hückeswagen für die Betroffenen des Hausbrands an der Heidenstraße brachte 1080 Euro ein. Wie es ihnen jetzt, neun Wochen nach der Katastrophe, geht.
Einige verbliebene und verkohlte Dachbalken sind das Erste, was man sieht, wenn man in die untere Heidenstraße blickt. Dort hatte am 2. Dezember vorigen Jahres der Dachstuhl eines bergischen Fachwerkhauses in Flammen gestanden. Mehr als 80 Einsatzkräfte der Feuerwehr waren bei den Löscharbeiten im Einsatz. Zum Glück blieben alle dort lebende Hausbewohner unverletzt.
Vincenzo Pitingaro, der seit 40 Jahren dort gewohnt hatte, läuft das Ereignis bis heute nach. „Ich stehe immer noch unter Schock“, sagte der 66-Jährige, der seit diesem Tag ein Zimmer im Hotel Kniep bewohnt, am Donnerstagabend bei der Übergabe der Spenden. Als der Brand am Morgen gegen 8.20 Uhr ausgebrochen sei, habe er noch geschlafen. Anwohner der gegenüberliegenden Straßenseite hatten den Hausbewohner per Telefonanruf geweckt und auf das Feuer aufmerksam gemacht. „Ich weiß selber nicht mehr, wie ich aus dem Haus gekommen bin“, berichtete er in der Glashalle am Bahnhofsplatz, wo er auf seine ehemaligen Nachbarn traf.
Andrea Leidenberger und Stefanie Witte hatten die Betroffenen zu der Spendenübergabe eingeladen. Die beiden Frauen hatten gleich nach dem Brand in den sozialen Netzwerken zu der Spendensammlung aufgerufen. Insgesamt waren dabei 1080 Euro zusammengekommen, die nun an die sechs Parteien, die in dem Brandhaus gewohnt hatten, zu gleichen Teilen übergeben wurden – 180 Euro pro Haushalt.

Dachgeschoss eines Fachwerkhauses in Hückeswagen ausgebrannt
Das Engagement für die Betroffenen war für die beiden Frauen eine Herzensangelegenheit. „Für mich war es sehr wichtig, dass den Leuten in irgendeiner Form geholfen wird. Ein bisschen Mitgefühl können wir doch alle zeigen“, äußerte sich Andrea Leidenberger überzeugt. Sie hatte an ihrem Arbeitsplatz in der Postagentur an der Bahnhofstraße eine Sammeldose aufstellen dürfen. „Es gab sogar Spender, die extra deswegen zu uns gekommen sind“, berichtete sie dankbar. Auch Sachspenden wie Spielzeug, Schulranzen und Möbel seien angeboten worden.
Stefanie Witte, die den Brand bemerkt und die Feuerwehr verständigt hatte, hatte zu diesem Zweck ein Spendenkonto bei der Raiffeisenbank eröffnet, auf dem auch Spenden aus den Nachbarstädten eingegangen waren. Jetzt wurden die Spenden zusammengeworfen, von dem Hückeswagener Hans-Jürgen Neuenfeldt aufgerundet und in sechs gelben Umschlägen den Betroffenen zu gleichen Teilen übergeben. Gebrauchen können es alle, auch wenn die 180 Euro pro Haushalt im Vergleich zu dem Schaden, der durch den Brand entstanden ist, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann.
„Ich warte immer noch auf das Geld von der Versicherung“, berichtete Pitingaro. Er hat, wie die meisten seiner ehemaligen Nachbarn, sein gesamtes Hab und Gut verloren. Was nicht vom Feuer zerstört wurde, ist durch das Löschwasser unbrauchbar geworden – insbesondere die Holzmöbel.
Neu aufgebaut wird das unter Denkmalschutz stehende Haus, das einem Kölner gehört, nach Aussage der ehemaligen Mieter nicht. Noch haben auch nicht alle eine dauerhafte Bleibe gefunden. Die Bewohner leben im Hotel, in Ferien- oder städtischen Wohnungen. Eine 26-Jährige und ihr Freund hatten Glück und recht schnell eine Wohnung in Wipperfürth gefunden, ein anderer Ex-Bewohner wohnt in Köln, Longo Kalogero (58) in Lennep. „Ich habe alles neu gekauft. Mein Sohn hat mir geholfen“, sagte der 58-Jährige.
Zoran Miskovic und seine Frau Sanja Plesa wohnen derzeit mit den beiden Töchtern auf dem Fürstenberg. Eine Dauerlösung ist die Wohnung jedoch nicht, denn es ist feucht und die Wände und Decken sind voller Schimmel. Zoran Miskovic zeigt Bilder von der Übergangswohnung auf seinem Handy. „Es ist eine Katastrophe, aber wir finden keine andere Wohnung“, sagt er verzweifelt. Auch Abasin Orya ist noch auf der Suche. „Ich habe fast zwei Jahre an der Heidenstraße gewohnt. Es war eine günstige Wohnung“, sagte der aus Afghanistan stammende Mann, der den Verlust bedauert. Er habe schon bei mehreren Vermietern, unter anderem bei der GBS nachgefragt, aber noch nichts Passendes gefunden.
„Die Menschen werden nach dem Brand ziemlich allein gelassen und müssen sich um alles selbst kümmern“, kritisierten Stefanie Witte und Andrea Leidenberger. „Wir sind aber froh, dass alle leben und es ihnen den Umständen entsprechend gut geht.“ Es sei einfach wichtig, dass die Betroffenen Hilfe bekommen und mit den Spenden ein wenig Mitgefühl erfahren nach diesem schlimmen Erlebnis. „Es kann ja im Prinzip jedem passieren“, betonten die beiden engagierten Frauen.