Fachpersonal fehlt auch in Hückeswagen Offene Ganztagsschule in schwerer Krise
Hückeswagen · Weil es an Plätzen im Offenen Ganztag fehlt, müssen im Sommer erstmals an beiden Grundschulen Kinder abgewiesen werden, denn es gibt kein Fachpersonal. Mit dem Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz wird sich die Krise zuspitzen.
Die gute Nachricht: Zum neuen Schuljahr wird im Sommer an der Löwen-Grundschule eine vierte Gruppe für Kinder im Offenen Ganztag (OGS) eingerichtet. Die schlechte Nachricht wiegt jedoch schwerer: Das reicht immer noch nicht. Eine fünfte Gruppe würde dringend gebraucht, aber sie wird nicht kommen, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Zwar wäre der Platz dafür in dem Schulneubau im Brunsbachtal gegeben, aber der neue Träger der OGS, das Jugend- und Sozialwerk „Gotteshütte“ aus Hückeswagen, findet nicht das notwendige Personal. Der Markt an pädagogischen Fachkräften ist gewissermaßen leergefegt. Den permanenten Mangel spüren landes- und bundesweit Kindertagesstätten, Schulen, Jugendzentren und andere Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendhilfe.
Betroffen sind beide Grundschulen in Hückeswagen an der Blumenstraße und im Brunsbachtal beziehungsweise die Eltern, deren Kinder sie besuchen. Erstmals haben Familien auf der Suche nach einem OGS-Platz für ihre Kinder in diesem Jahr in größerem Umfang Absagen von der Stadtverwaltung bekommen: 22 Kinder sind trotz neuer vierter Gruppe an der Löwen-Grundschule abgelehnt worden, elf an der Grundschule in Wiehagen. Damit sind enorme Probleme verbunden: für berufstätige Alleinerziehende sowieso, aber auch für Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind – und es nicht zuletzt für ein auskömmliches Familieneinkommen auch sein müssen.
In den Schulen wird die Problematik durchaus gesehen: „Wir haben im Kollegium viele Stunden damit verbracht, nach Lösungen zu suchen, um wenigstens die größte Not in den Familien zu versorgen, aber der Mangel bleibt.“ Das sagte die Leiterin der Löwen-Grundschule, Claudia Sträter, in der Sitzung des Schulausschusses. Das Problem ist nicht nur vorübergehend, denn beim Fachkräftemangel zeichnet sich mittel- bis langfristig keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt ab. Alle Erfahrungen hätten aber gezeigt, dass es tatsächlich pädagogische Fachkräfte in der OGS brauche, wenn dort sinnvolle Arbeit geleistet werden soll. „Zumindest in der Gruppenleitung ist eine pädagogische Ausbildung unverzichtbar“, betonte Claudia Sträter.
Während die Zahl der frei verfügbaren Fachkräfte gegen Null tendiert, wächst auch in Hückeswagen die Zahl der Mütter und Väter, die für ihre Kinder einen Platz im Offenen Ganztag suchen, kontinuierlich. Das ist jetzt schon eine handfeste Krise, die sich aber noch zuspitzen wird: Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift der Rechtsanspruch von Eltern auf einen OGS-Platz für ihr Kind. Zunächst gilt er nur für Erstklässler, in den Folgejahren dann nach und nach auch für Kinder bis zum vierten Schuljahr. Wie alle Experten geht auch der Hückeswagener Schulplaner Jürgen Thomaßen davon aus, dass der Rechtsanspruch zu einer höheren Nachfrage nach OGS-Plätzen führen wird, auch wenn sich ein individuell höherer Bedarf nicht automatisch aus einem allgemeinen rechtlichen Anspruch ergibt. Das betonte er im Schulausschuss.
Spätestens mit dem rechtlichen Anspruch müssten weitere Gruppen eingerichtet und an der Schule in Wiehagen auch neue Räume für den offenen Ganztag geschaffen werden, denn dort ist es jetzt schon sehr eng geworden. An der Blumenstraße soll bis August 2026 ein Neubau für die OGS entstehen; die ersten Planungen dafür bei der Stadt sind angelaufen. Zur Finanzierung gibt es allerdings weiterhin keine eindeutigen Aussagen und Förderrichtlinien von Bund und Land. Städte und Gemeinden müssen mit Blick auf den vom Bund gesetzlich verankerten Rechtsanspruch ohne klare Finanzierungsregelungen und -zusagen planen.
Nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Finanzierung läuft über die Elternbeiträge für die OGS. In Hückeswagen sind sie seit 2015 stabil, jetzt steht nach immerhin acht Jahren eine durchaus kräftige Anhebung zur Debatte. Die Verwaltung hat dazu einen Vorschlag unterbreitet, der aber im Fachausschuss noch ausführlich zu beraten sein wird. Letztendlich wird der Stadtrat über die nach Familieneinkommen gestaffelten Beiträge entscheiden. Spürbar teurer wird’s auf jeden Fall. Doch manche Eltern nähmen mittlerweile selbst das gerne in Kauf, wenn sie denn überhaupt einen Platz für ihr Kind im Offenen Ganztag fänden.