Hückeswagen hilft Ukrainern Kleiderkammer unterstützt Geflüchtete

Hückeswagen · Bevor die Kleiderkammer der Katholischen Kirchengemeinde Anfang Mai wieder offiziell öffnet, gab es am Mittwoch einen Abholtermin für ukrainische Geflüchtete, die in Hückeswagen untergekommen sind.

 Vitali (37) aus Odessa freut sich über Kinderkleidung und Spielsachen, die er für seine Familie in der Kleiderkammer von „Kammerzofe“ Gaby Vollbrecht bekommt.

Vitali (37) aus Odessa freut sich über Kinderkleidung und Spielsachen, die er für seine Familie in der Kleiderkammer von „Kammerzofe“ Gaby Vollbrecht bekommt.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Ein wenig ist sie schon spürbar – die Enttäuschung der „Kammerzofen“, wie die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der Kleiderkammer genannt werden. Hatten sie am Montag noch über die schiere Menge der gespendeten Kleidungsstücke und Spielsachen speziell für die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchteten Ukrainer gestaunt (unsere Redaktion berichtete), war am Mittwochvormittag beim Ausgabetermin erstaunlich wenig los. „Es ist wirklich sehr schleppend heute. Ich weiß auch nicht, woran es liegt“, bedauert Gaby Vollbrecht. „Vielleicht hat sich der Termin einfach nicht weit genug herumgesprochen.“ Das sei natürlich schade, da vor allem viel Kinderkleidung abgegeben worden sei und der Bedarf auch entsprechend groß sein dürfte. „Wir haben am Mittwochmorgen sogar noch einige Kisten von der evangelischen Martini-Gemeinde in Radevormwald bekommen. Dort war gerade der Basar für Kinderkleidung“, berichtet Gaby Vollbrecht.

Vitali hat von dem Termin indes gewusst. Der 37-jährige ist mit seiner Schwester und einem Freund von seiner Unterkunft an der Peterstraße zur Kleiderkammer gekommen. „Wir sind seit dem 22. März in Hückeswagen“, erzählt der Ukrainer auf Englisch. Er sei mit seiner Frau und den Kindern, seiner Schwester und deren Familie – insgesamt zehn Menschen – aus der Region um die Küstenstadt Odessa geflohen. „Odessa ist an der Schwarzmeerküste, vor der Küste waren die russischen Kriegsschiffe, wir wurden beschossen“, sagt der 37-Jährige. Es sei sehr schlimm gewesen, auch Flugzeuge hätten Bomben über der Stadt abgeworfen. „Wir haben uns dann irgendwann einfach ins Auto gesetzt und sind geflohen, uns ist einfach nichts Anderes übriggeblieben“, sagt Vitali.

Der junge Familienvater ist Lkw-Fahrer. In seinem Beruf war er auch schon das eine oder andere Mal in Deutschland, um Waren abzuliefern. „Ich habe meiner Frau gesagt, dass Deutschland ein guter und sicherer Ort ist. Sie war dann einverstanden, als ich vorgeschlagen habe, hierher zu kommen“, sagt der 37-Jährige. Er hoffe, bald eine Arbeit finden zu können, denn die Familie möchte gerne in Deutschland bleiben. „Ich weiß, dass hier Lkw-Fahrer gesucht werden, daher bin ich ganz zuversichtlich, bald eine Stelle zu finden.“

Überhaupt sei die ganze Familie begeistert von der Freundlichkeit der Deutschen im Allgemeinen und der Hückeswagener im Besonderen. „Es ist wirklich wunderbar, wie nett wir behandelt werden. Die Einwohner hier haben uns auch in der Unterkunft mit notwendigen Dingen versorgt – Zahncreme etwa, oder Essen“, sagt er.

In der Kleiderkammer ist er mit seiner Schwester auf der Suche nach Kissen, Decken, aber auch nach Spielzeug für die Kinder. Und wird fündig – mehrere Tüten haben sie auf dem Arm, als sie wenig später die Kleiderkammer wieder verlassen.

Ansonsten ist aber nicht viel los an diesem Morgen. „Vorher war noch eine Frau hier, für die Hückeswagen tatsächlich alles andere als fremd ist“, erzählt Gaby Vollbrecht. Die Frau habe bis Dezember als Pflegerin bei einer Familie in der Schloss-Stadt gearbeitet. „Dann ist sie über Weihnachten in ihre Heimat zurück, nur um jetzt als Kriegsflüchtling mit ihren beiden Kindern wieder hier zurückzukommen“, sagt die „Kammerzofe“ und ergänzt mit ernstem Blick: „Manche Geschichten kann man sich auch nicht ausdenken. . .“ Auch diese Frau möchte gerne hierbleiben und arbeiten. Da sie offenbar recht gut Deutsch spricht und Pflegeerfahrung hat, dürfte es auch nicht lange dauern, bis sie eine Stelle findet.

Einen weiteren Ausgabetermin vor der offiziellen Wiedereröffnung im Mai können die „Kammerzofen“ nicht bieten. „Wir haben so viel Kleidung bekommen, dass wir jetzt auch noch das eine oder andere Paket für die Ahr fertigmachen werden“, sagt Gaby Vollbrecht. Die Kleiderkammer der Katholischen Kirchengemeinde hat seit der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer die Menschen im Ahrtal mit mehreren Kleiderspenden unterstützt. „Aber natürlich können dann im Mai auch wieder die Ukraine-Flüchtlinge kommen und kostenlos Kleidung oder Spielsachen abholen.“

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