Besondere Einblicke Israel-Experte hält Vortrag im FeG-Gemeindezentrum

Hückeswagen · Johannes Gerloff lebt selbst seit 25 Jahren in Jerusalem. Er Kennt beide Seiten: die israelische und palästinensische. Auch US-Präsident Trump spielte in seinem Vortrag eine Rolle.

Johannes Gerloff bezeichnet sich selbst nicht als Experte.

Johannes Gerloff bezeichnet sich selbst nicht als Experte.

Foto: Gerloff

Einem aufgeklärten und politisch interessierten Mitteleuropäer ist es kaum möglich, etwas Positives mit dem US-Präsidenten Donald Trump und seiner Politik zu verbinden. Doch letztlich kommt es immer auf den Blickwinkel an. Das hat der Journalist und Theologe Johannes Gerloff bei seinem Vortrag „Jerusalem, Trump und Europa“ am Donnerstagabend im Gemeindezentrum der Freien Evangelischen Gemeinde am Lindenberg deutlich gemacht. Zu dem Vortrag kamen rund 100 Interessierte.

Gerloff ist Israel- und Jerusalem-Experte. „Wir sind vor 25 Jahren für zwei Jahre nach Jerusalem gezogen – die sind heute noch nicht vorbei.“ Sowohl für die israelische Regierung als auch für die Palästinensische Autonomiebehörde als Journalist akkreditiert, hat Gerloff Einblick in das Denken beider Seiten gewinnen können. Dennoch wolle er sich nicht als Experten bezeichnen: „Ich halte es eher mit diesem jüdischen Spruch: Es waren Laien, die die Arche Noah bauten. Und es waren Experten, die die Titanic bauten“, sagte er schmunzelnd.

Doch welche Rolle spielte der US-Präsident in diesem Zusammenhang? „Ich bin kein Trump-Fan, keineswegs. Aber ich habe mir zur Maxime gemacht, mich in der Analyse nie von Gefühlen leiten zu lassen“, stellte Gerloff gleich zu Beginn klar. Damit werde er vermutlich anecken und Nerven berühren. „Ich bin dafür, einen Schritt zurückzutreten und die Aussagen zu analysieren“, sagte er weiter. Und zog dafür die Rede Trumps vom 6. Dezember 2017 heran, als er die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verkündete.

Dies sei insofern bemerkenswert gewesen, als dass Trump hiermit ein Gesetz umgesetzt habe, das bereits 1995 im US-Kongress verabschiedet worden sei. Mit dieser Einleitung führte Gerloff sein Publikum ein wenig in die Geschichte des Nahen Ostens ein. „Die heutigen Grenzen in der Region wurden relativ willkürlich von Engländern und Franzosen nach dem Ersten Weltkrieg gezogen“, sagte Gerloff. Insofern habe Europa dort eine große Verantwortung. Was ihn wieder zu Trump bringe: Der US-Präsident stelle die Beziehungen zum Nahen Osten neu auf, diesem Vorbild solle Europa folgen.

Interessant waren auch seine Betrachtungen aus der Sicht der Israelis und Palästinenser auf die Relevanz Europas. „Europa ist aus dortiger Sicht völlig irrelevant“, lautete seine Analyse. Die er auch aus der Berücksichtigung europäischer und deutscher Medien im täglichen Pressespiegel der israelischen Regierung herleitete. „Dort kommen Europa, Australien und Neuseeland zusammengefasst vor, deutsche Medien sind dabei praktisch nicht präsent.“

Zurück zur Botschaftsverlegung der US-Regierung: „Wenn Europa darauf rational reagiert hätte, wäre dies eine einzigartige Chance für die Zweistaatenlösung gewesen. Denn eine solche Entscheidung wäre mit immensem Druck auf alle Beteiligten vor Ort einhergegangen.“

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