Hückeswagener Ortsteil Kleinberghausen war ein Spieleparadies „Die Straße gehörte uns Kindern“

Kleinberghausen · Kleinberghausen liegt abseits, aber nicht weit entfernt von der Stadt. Für Kinder war die Zufahrtsstraße ein Paradies.

 So war es früher in Kleinberghausen: Die Straße nutzten die Kinder zum Fahrrad- und Rollschuhfahren und im Winter auch als Schlittenbahn.  Foto: Regina Goldstraß

So war es früher in Kleinberghausen: Die Straße nutzten die Kinder zum Fahrrad- und Rollschuhfahren und im Winter auch als Schlittenbahn. Foto: Regina Goldstraß

Foto: Regina Goldstraß

Am Ende einer Sackgasse, die zwischen Aue und Großberghausen Richtung Bever-Talsperre führt, liegt Kleinberghausen. Die kleine Ortschaft wirkt fast schon ein wenig verwunschen. Umgeben von vielen Wäldern und Feldern stehen hier Neubauten und schmucke Einfamilienhäuser neben leerstehenden Bauernhöfen, Scheunen und Baracken, wo das Efeu schon aus den Dachschindeln wächst.

Ein paar hundert Meter weiter unterhalb des Ortschilds sind Regina Goldstraß und Ute Herrmann aufgewachsen. „Ich wurde täglich zum Bauer Lunk geschickt, um frische Kuhmilch zu holen“, erinnern sich Regina Goldstraß.

1960 bauten ihre Eltern Franz und Margarete Dörpinghaus ein Haus an der Kleinberghauser Straße, die damals nur aus Schotter und einem Rinnstein bestand, in dem der Regen ablief. 1962 zog die Familie ein. „Ich war gerade drei Jahre alt, und damit ich den Helfern unter den Füßen weg war, setzten meine Eltern mich mit einem roten Kinderstuhl auf eine breite Fensterbank. So konnte ich alles sehen, aber auch nicht von alleine runter“, erinnert sich Ute Herrmann. Zu der Zeit hätten schon etwa sieben Häuser an der Straße gestanden, darunter auch ein ehemaliges Wasserwerk, das später zu einem Wohnhaus umgebaut wurde.

 Regina Goldstraß (l.) und Ute Herrmann vor ihrem Elternhaus an der Kleinberghauser Straße.

Regina Goldstraß (l.) und Ute Herrmann vor ihrem Elternhaus an der Kleinberghauser Straße.

Foto: Heike Karsten

Die Kleinberghauser Straße war für Kinder das reinste Spielparadies. Im Winter gab es rasante Schlittenabfahrten auf der Straße – ein Schlitten vorne weg, die anderen wie eine Bimmelbahn hinten angebunden. „Es gab auch eine „Todesbahn“ auf einer steilen Wiese mit Stacheldrahtzaun am Ende. Wer da nicht rechtzeitig bremsen konnte, hatte Pech“, erinnert sich Ute Herrmann. Nachdem die Straße asphaltiert wurde, eignete sie sich auch für Fahrradrennen und zum Rollschuhfahren. „Die Straße gehörte uns Kindern“, sagt die heute 61-jähige Hückeswagenerin rückblickend.

In Kleinberghausen und der Zufahrtsstraße stehen die Häuser weit auseinander. Allein das Haus der Familie Dörpinghaus umfasste früher 1500 Quadratmeter Fläche, nach einem Anbau im Jahr 1992 und dem dafür zugekauften Grundstück ist es heute sogar 2500 Quadratmeter groß. Regina Goldstraß, die zehn Jahr älter ist als ihre Schwester, erinnert sich mehr an die Arbeit als an das Spielen. „Wir hatten einen großen Kartoffel-, Gemüse- und Obstgarten, in dem wir mithelfen mussten. Wir waren praktisch Selbstversorger“, sagt die 71-Jährige. Trotz der wenigen Hilfsmittel, wusste man sich mit kleinen Tricks zu helfen: Mit der Gießkanne wurde Salzwasser entlang des Zauns verteilt. Die Kühe der angrenzenden Weide fraßen dann das hohe Gras mit ihren langen Zungen wunderbar blank.

Quer über das Grundstück der ehemaligen Familie Dörpinghaus fließt der Kleinberghauser Bach, der in der Wupper mündet. Früher speiste er noch zwei Fischteiche, die jedoch zugeschüttet wurden. Der Wassernachschub wurde des Öfteren durch kleine Staudämme unterbrochen, die die Kinder der Ortschaft gerne bauten.

Unweit der Straßenzufahrt führten die Zugschienen dort entlang, wo heute der Radweg ist. Morgens und abends fuhr die Diesellok Richtung Waldbröl. Margarete Dörpinghaus hatten ihrer jüngsten Tochter eingebläut: „Wenn der Waldbröler kommt, kommst du nach Hause.“ Wenn der Zug bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof beschleunigte, wäre das deutlich zu hören gewesen und ein guter Hinweis zum Heimkommen, wie Ute Herrmann sagt.

Regina Goldstraß ist nie aus ihrem Elternhaus weggezogen. Zusammen mit Ehemann Peter Goldstraß weiß sie die ruhige, aber dennoch stadtnahe Lage noch heute zu schätzen. „Mit den Nachbarn haben wir hier ein gutes Verhältnis“, sagt sie. Allerdings rücke man sich auch nicht auf die Pelle. Durch den Generationswechsel leben heute auch wieder Kinder in Kleinberghausen, worüber sich die langjährigen Anwohner freuen. Ute Herrmann hat nach ihrer Hochzeit einige Jahre in Lennep gelebt, ist aber nach dem Tod ihres Mannes und der Eltern mit der damals zwölfjährigen Tochter Sarah wieder zurück in ihr Elternhaus gezogen.

 Hier geht’s lang: Das Ortsschild an der Einfahrt.

Hier geht’s lang: Das Ortsschild an der Einfahrt.

Foto: Heike Karsten

Genutzt wird die Kleinberghauser Straße fast nur von Anwohnern und Spaziergängern. Zwei Wanderwege führen durch die Ortschaft in Richtung Bever-Talsperre. Passanten bleiben immer wieder erstaunt stehen, wenn sie den gepflegten Garten mit den vielen Kunstwerken und Skulpturen aus der Werkstatt von Peter Goldstraß sehen. In der Garage an der Kleinberghauser Straße wurde auch mit dem Bau des ersten von insgesamt sieben Karnevalswagen begonnen, die Peter Goldstraß Anfang der 1980er-Jahre für die Kolpingsfamilie entworfen und gebaut hatte. „Eigentlich wollte ich nie zu meinen Schwiegereltern ziehen, aber gut, dass es so gekommen ist“, ist der 74-Jährige zufrieden.

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