Abfallvermeidung in Hückeswagen Andrang beim ersten Tauschrausch

Kleineichen · Vom Waffeleisen bis zum Puppentheater: Viele ausgediente Kostbarkeiten wechselten am Samstag den Besitzer. Die Stadt und der Abfallwirtschaftsverband hatten gemeinsam zum nachhaltigen Stöbern eingeladen.

 Tauschrausch unter Corona-Bedingungen: Viele Besucher fanden am Samstag kleine Kostbarkeiten beim Gratis-Trödel auf dem Wertstoffhof.

Tauschrausch unter Corona-Bedingungen: Viele Besucher fanden am Samstag kleine Kostbarkeiten beim Gratis-Trödel auf dem Wertstoffhof.

Foto: Theresa Demski

Martin Schüttler schlendert an den voll bepackten Tischen entlang. Er lässt sich die Sonne ins Gesicht scheinen, greift mal dort zu und mal hier. Plötzlich bleibt er stehen und beginnt in einem alten Notenheft zu blättern. Gitarrengriffe für Einsteiger. „Guck mal, so eins hatte ich früher auch“, erzählt er seiner Begleiterin und lacht dann: „Aber ich bin kläglich gescheitert“.

Vera Hinterholzer wirft einen Blick auf das leicht vergilbte Notenheft, lacht mit und dann richten sich ihre Augen wieder auf den Tisch. Tassen, Teller, Gläser, Lampen, Küchengeräte. Ein Schätzchen reiht sich am Samstagnachmittag auf dem Wertstoffhof Oberberg Nord an das andere.

„Ich habe einen Blick dafür“, sagt Vera Hinterholzer. Schließlich sei sie Sperrmüllsammlerin. Deswegen könne sie die Gegenstände in Windeseile scannen und bewerten. Als ihr eine alte Schreibmaschine in den Blick fällt, nehmen sich Vera Hinterholzer und Martin Schüttler Zeit und sehen sie genauer an, streichen über Tasten, nehmen ein altes Farbband unter die Lupe und ziehen dann zum nächsten Tisch. Währenddessen blickt Stefanie Heymann vom städtischen Bauamt den beiden zufrieden nach. „Wir freuen uns, dass so viele Menschen das Projekt unterstützen“, sagt sie.

Im vergangenen Dezember hat die Stadt gemeinsam mit dem Bergischen Abfallwirtschaftsverband den „Tauschrausch“-Container ins Leben gerufen. Seit dem können Hückeswagener einmal in der Woche am Wertstoffhof ihre kleinen Schmuckstücke abgeben – Dinge, die sie selber nicht mehr brauchen können, die aber noch zu gut erhalten sind, um sie wegzuwerfen. „Uns geht es um Nachhaltigkeit und darum, Abfall zu vermeiden“, sagt Stefanie Heymann. Man müsse nicht gleich sein ganzes Leben auf den Kopf stellen, um nachhaltig zu handeln. „Wir machen Abfallvermeidung einfach“, sagt sie. Und viele Bürger machen mit – so viele, dass im Frühjahr ein zweiter Container dazugestellt werden musste.

Die Menschen bringen Möbel und Haushaltswaren, Kinderspielzeug und Sportgeräte, viele Dekoartikel. „Manchmal ist es fast ein bisschen traurig, wenn wir sehen, wie sich Menschen schweren Herzens von Dingen trennen“, erzählt Gerhard Lützel, der die Tauschrausch-Gegenstände annimmt. So sei auch ein älteres Paar bei der Abgabe gewesen und habe ein altes Puppentheater gebracht. „Das hatte der Herr selbst gebaut“, erzählt Lützel, „aber weil Kinder und Enkel inzwischen erwachsen sind, gab es keine Verwendung mehr dafür“. Und so findet das Puppentheater am Samstag beim ersten Tauschrausch einen Ehrenplatz. Eigentliche hatten Stadt und Abfallwirtschaftsverband im April zu einem großen Nachhaltigskeits-Fest eingeladen – in dessen Verlauf auch die Container geleert werden sollten. Den Plänen war die Corona-Pandemie dazwischen gekommen. Aber weil die beiden Container inzwischen proppenvoll gewesen seien, habe man sich gemeinsam für eine Art Mini-Tauschrausch entschieden – sehr zur Freude der Bevölkerung. Schon drei Minuten nach dem offiziellen Startschuss schlendern viele Besucher an den vollen Tischen vorbei. Einige suchen ganz konzentriert nach Stücken mit Seltenheitswert, andere wollen Geschirr für die neuen Schränke im Gartenhaus mitnehmen. Völlig kostenlos. Bis zum späten Nachmittag reißt der Besucherstrom nicht ab – mal wird es leerer, dann wieder etwas voller. Die einen sind mit Körben und Tüten gekommen, andere klemmen sich Einräder oder Fernseher gleich unter den Arm. Damit niemand die Tische für Tausch-Ware hält, haben die Veranstalter kleine Aufkleber angebracht: „Tische bitte stehen lassen“. Aber ohnehin gilt das Interesse der Besucher am Samstag eher den manchmal skurrilen, oft nützlichen Dingen auf den Tischen. „Wir wollten nur mal gucken, was es hier so gibt“, erzählen Klaus und Ludmilla Schricke, die vom Tauschrausch in der Zeitung erfahren haben. Am Ende verlassen sie den Tauschrausch mit zwei bestens erhaltenen Barhockern unterm Arm. Irgendwer konnte die beiden Stühle wohl nicht mehr gebrauchen – bei Schrickes sorgen sie für ein Lachen im Gesicht.

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