Friseure in Hückeswagen Aktion „Licht an“ ist ein Hilferuf der Friseure

Hückeswagen · Den Friseuren steht nach sechswöchiger Schließung das Wasser bis zum Hals. Eine bundesweite Aktion soll auf die Lage aufmerksam machen.

 Kevin Gedert, Inhaber von Kevin‘s Barbershop, macht bei der Aktion „Licht an“ darauf aufmerksam, dass es der Branche schlecht geht. Für ihn ist es schon zehn Minuten nach Zwölf.

Kevin Gedert, Inhaber von Kevin‘s Barbershop, macht bei der Aktion „Licht an“ darauf aufmerksam, dass es der Branche schlecht geht. Für ihn ist es schon zehn Minuten nach Zwölf.

Foto: Jürgen Moll

Wer am Sonntagabend in der Stadt unterwegs war, wird sich über die hellerleuchteten aber leeren Friseursalons gewundert haben. Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks hatte die Saloninhaber bundesweit dazu aufgerufen, in der Nacht von Sonntag auf Montag das Licht anzulassen, um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen.

Seit Mitte Dezember müssen die Friseure coronabedingt geschlossen bleiben. Heute, am 1. Februar, sollten die Friseure ursprünglich wieder öffnen dürfen, doch der Lockdown wurde um weitere zwei Wochen verlängert. Vielen Saloninhabern steht das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals. „Man bekommt Existenzängste. Ich würde lieber gestern als heute wieder arbeiten“, sagt Friseurmeister Milan Kranjcec. In den letzten Tagen vor der Schließung hatte er bis in die Nächte hinein gearbeitet, um seine Kunden noch mit einem Haarschnitt zu versorgen. Jetzt sitzt er seit sechs Wochen zu Hause und wartet darauf, dass es wieder losgehen kann. „Ich habe mir in 26 Jahren etwas aufgebaut, und es ist mein größter Wunsch, endlich wieder arbeiten zu dürfen“, sagt Kanjcec.

Seiner Kollegin Kerstin Lapp vom Hairteam Hückeswagen ergeht es genauso. „Wir müssen Kundentermine immer wieder verschieben, das geht richtig an die Nerven“, sagt die Friseurmeisterin. Für die Mitarbeiterinnen wurde Kurzarbeit angemeldet, im Salon gibt es nur wenig zu tun. „Wir haben schon den Aufenthaltsraum renoviert und rühren auf Wunsch Haarfarbe an, die wir dann an der Tür verkaufen. So können wir den Kunden wenigstens ein bisschen helfen“, fügt Kerstin Lapp hinzu. In der Not versuchen sich die Menschen zu Hause selbst mit Haarschneidemaschine und Schere. „Wir haben schon die lustigsten Videos bekommen“, berichtet die Saloninhaberin.

An der Islandstraße leuchtete in der Nacht das große Schaufenster des Salons „Farbklexx“. Inhaber Florian Breidenbroich hat die Vordrucke des Zentralverbands zur Aktion „Licht an“ ausgedruckt und im Fenster aufgehangen, um die Passanten zu informieren. „Wir sind von der Schließung, wie alle anderen im Lockdown, betroffen“, sagt der Friseurmeister. Seinen Salon hat er mit Trennwänden und reduzierten Sitzplätzen an die Corona-Maßnahmen angepasst. Dennoch liegen die Einnahmen derzeit bei Null. „Man lebt von den Ersparnissen“, sagt Breidenbroich. Den halben Tag verbringt er mit Büroarbeit – auch, um die Kosten im Auge zu behalten. „Wir würden ja gerne wieder öffnen, dürfen es aber nicht“, bedauert er.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite brennt das Licht von Kevin’s Babershop. Friseurmeister Kevin Gedert hat in einer Videobotschaft auch andere Ladeninhaber dazu aufgerufen, sich solidarisch zu zeigen und an der Aktion zu beteiligen. „Es wird langsam eng“, sagt er bei einem Rundgang durch seinen Salon. „Lasst uns zeigen, dass es so nicht geht, bevor das Licht ganz ausgeht“, fügt er in seinem Aufruf hinzu. Hauptkritikpunkt ist das Ausbleiben von Hilfsgeldern für Friseure. „Seit Mitte Dezember sind keine Gelder geflossen, aber wir müssen unsere Mieten bezahlen und unsere Familien ernähren“, betont er.

Das Ausbleiben von staatlichen Hilfen stößt auch Jürgen Vogel, Ehemann von Elfi Vogel vom Salon Elfi, bitter auf. Die November- und Dezemberhilfen kämen für Friseure nicht infrage, die Überbrückungshilfe 3 konnte jedoch bisher nicht beantragt werden. „Die Umsatzausfälle liegen derzeit bei 100 Prozent, doch die Fixkosten wie Miete, Strom, Wasser und Versicherung laufen weiter“, zählt Jürgen Vogel auf. Für die Löhne der Mitarbeiter sei seine Ehefrau in Vorleistung getreten. „Die Angestellten erhalten während der Kurzarbeit 40 Prozent weniger vom Nettolohn. Die Vorleistungen wurden von der Arbeitsagentur ausgeglichen - das ging recht fix“, nennt Vogel einen positiven Aspekt in der Krise. Der Salon Elfi vergibt derzeit zwar Termine, jedoch nur unter Vorbehalt. „Wenn wir wieder öffnen dürfen, ist Corona ja nicht vorbei. Die Maßnahmen müssen weiter hochgehalten werden, und die Hygienemaßnahmen im Salon sind stringenter als bei jedem Arzt“, fügt Jürgen Vogel hinzu.

Über ein Ende des Lockdowns würden sich die Hückeswagener Friseure sehr freuen. Der wirtschaftliche Überlebenskampf geht bis dahin weiter. Bei einer weiteren Verlängerung befürchtet Milan Kranjcec das Schlimmste: „Wenn der Lockdown bis Ostern weitergeht, dann kann ich Insolvenz anmelden“, kündigt der Friseurmeister an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort