Mein Hückeswagen Vom Bandweber zum Helfer der Straffälligen

Hückeswagen · Friedel Pfeiffer hat sein Gefährdetenhilfe-Engagement aus seinem Haus in Scheideweg in die ganze Welt getragen.

 Sein üppiger Bart ist markant, die Gründung der Gefährdetenhilfe hat ihn weit über Hückeswagen hinaus bekanntgemacht: Friedel Pfeiffer.

Sein üppiger Bart ist markant, die Gründung der Gefährdetenhilfe hat ihn weit über Hückeswagen hinaus bekanntgemacht: Friedel Pfeiffer.

Foto: Dörner, Hans (hdo)

Friedel Pfeiffer ist ein Ur-Hückeswagener. Geboren zu einer Zeit, als es in der Schloss-Stadt noch zwei Krankenhäuser gab. „Ich bin im Juli 1935 im Johannesstift geboren worden, meine Eltern haben damals in Winterhagen gewohnt“, erzählt der 82-Jährige. Nur wenige Jahre später zog die Familie in das neue Haus der Scheideweger Schreinerei, das sich gegenüber der Firma Busatis befand.

Da Scheideweg immer schon ein gut entwickeltes und eigenständiges Dorf war, hatte es den jungen Friedel gar nicht so oft nach Hückeswagen gezogen. „Ich habe die Volksschule Scheideweg, die heutige Alte Schule, besucht. Das war eine einklassige Schule“, erzählt der 82-Jährige. Dort macht er auch schon die Bekanntschaft seiner späteren Ehefrau Marianne. „Wir waren in der gleichen Schule, aber wirkliches Interesse hatten wir damals noch nicht aneinander“, erzählt er lachend. Erst 1955 entschieden die beiden sich zunächst dazu, zusammenzuleben. Geheiratet wurde fünf Jahre später.

Pfeiffers beruflicher Weg, der später dann doch ganz anders verlaufen sollte, war zunächst vorgegeben. „Ich bin der Sohn eines Schneidermeisters und habe bereits mit 13 Jahren meine Schneiderlehre begonnen“, erzählt er. Nach der Lehre im väterlichen Betrieb zog es den noch nicht 18-Jährigen nach Bayern. In München legte Pfeiffer – mit 21 Jahren – an einer Modeakademie seine Meisterprüfung ab. In seinem damaligen Haus in Oberdorp, in dem heute sein Sohn Jörn mit Familie lebt, richtete er sich, wie viele andere Menschen in jener Zeit, zunächst eine Bandweberei ein. „Dort wurde die Gefährdetenhilfe praktisch gegründet“, erzählt der tiefgläubige Christ. Auslöser dafür sei seine Berufung ans Wuppertaler Landgericht als Schöffe gewesen.

Die Tätigkeit ließ ihn nämlich hilflos und auch irgendwie wütend zurück. „Ich habe gesehen, wie wir als Gericht solche armen Teufel, die keinerlei familiären oder spirituellen Rückhalt hatten, verurteilen mussten“, sagt er nachdenklich. So kam ihm der Gedanke, dass auch er an deren Stelle hätte sein könnte, hätte er nicht mehr Glück im Leben gehabt. Und es fehlte ihm zudem eine Klärung für die eigene Sinnfrage. „Beruflich und privat hatte ich viel erreicht. Aber was ist mit dem Geist? Ich habe mir gesagt, dass man den jungen Menschen, die auf die schiefe Bahn zu geraten drohen, Hilfestellung für einen Weg in eine produktive und glückliche Zukunft geben muss“, sagt der 82-Jährige. So gründet er 1975 mit 30 Freunden die Gefährdetenhilfe Scheideweg.

Pfeiffer ist Vater zweier Söhne, die beide ebenfalls in der Gefährdetenhilfe tätig waren und sind. „Mein älterer Sohn war Pfarrer; er verstarb mit 40 Jahren an Krebs. Der jüngere Sohn hat lange den Pflanzenpark geleitet und war im Leitungsteam der Gefährdetenhilfe tätig“, sagt Pfeiffer. Jörn Carsten Pfeiffer hat zusammen mit seinem Sohn Chris Pascal eine Firma gegründet, die fair gehandelten Kaffee aus Kenia importiert und röstet. Im August soll der erste Container in Bremen landen.

Der 82-jährige Senior ist viel in der Welt herumgekommen, hat Kenia genauso gesehen wie Kanada, Indien, Brasilien, die Mongolei, Sibirien, Ungarn oder Polen. Das waren jedoch keine Vergnügungsreisen, sondern sie entstanden aus dem Wunsch zu helfen. Denn aus der Gefährdetenhilfe ist sehr schnell das Projekt der Christlichen Straffälligenhilfe geworden, die mittlerweile in mehr als 30 Staaten der Welt tätig ist. Für dieses in einer Scheideweger Teestube entstandene Projekt hat Pfeiffer im September 2011 schließlich das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen. Eine ganz und gar folgerichtige Ehre für dieses weitreichende Engagement des bescheidenen Mannes aus Scheideweg.

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