Public Viewing im Hückeswagener Kultur-Haus Zach Ernüchterndes „Rudelgucken“

Hückeswagen · Beim Public Viewing im Kultur-Haus Zach am Mittwochnachmittag blieben die Stuhlreihen leer. Der einzige Zuschauer bekam das bittere Ende des Auftaktspiels nicht mehr mit.

Detlef Bauer (l.) vom Kultur-Haus Zach und der einzige Besucher Andreas Winkelmann sahen sich gemeinsam die erste Halbzeit des Spiels Deutschland gegen Japan an. Da führte das deutsche Team auch noch mit 1:0. . .

Detlef Bauer (l.) vom Kultur-Haus Zach und der einzige Besucher Andreas Winkelmann sahen sich gemeinsam die erste Halbzeit des Spiels Deutschland gegen Japan an. Da führte das deutsche Team auch noch mit 1:0. . .

Foto: Jürgen Moll

Ob es wohl jemals ein Sportereignis gegeben hat, bei dem die Stimmung schon im Vorfeld so schlecht gewesen ist, wie bei dieser Fußball-Weltmeisterschaft in Katar? Auch eine gewisse Spaltung ist in Deutschland durchaus bemerkbar. Boykottaufrufe bei den einen, große Freude auf gute Spiele der besten Mannschaften der Welt bei den anderen. Dass zumindest die Deutschen nicht wirklich zufrieden sind, zeigt sich an den Einschaltquoten der bisherigen Spiele – zum Auftakt am Sonntag schalten nur etwa sechs Millionen Zuschauer ein. Die Eröffnungspartie bei der WM 2018 in Russland hatten noch etwa zehn Millionen Zuschauer sehen wollen.

Trotzdem hat sich der Trägerverein des Kultur-Hauses Zach auch bei dieser WM dazu entschlossen, die Spiele der deutschen Nationalelf in Form des beliebten Public Viewings zu begleiten. Den Auftakt markiert die Begegnung gegen Japan am Mittwochnachmittag. Hatte bei früheren Public Viewings der Begriff „Rudelgucken“ durchaus seine Berechtigung gehabt, wirft Vorsitzender Detlef Bauer dieses Mal die Leinwand nur für einen (!) Besucher an. „Ich habe heute meine Mittagspause verschoben“, sagt Andreas Winkelmann. Der Hückeswagener hat beschlossen „mit den Füßen abzustimmen“, wie er es ausdrückt. „Wenn es das Angebot hier schon gibt, dann möchte ich es auch nutzen.“ Ihm sei es aber nur möglich, die erste Halbzeit zu bleiben.

In den ersten 45 Minuten fallen dann auch sogar zwei Tore für Deutschland. Ob Ilkay Gündogan den Elfmeter nach etwa einer halben Stunde verwandeln wird, wird zwischen Detlef Bauer und Andreas Winkelmann durchaus diskutiert, der Jubel ist dann aber im Stadion natürlich deutlich lauter als im verwaisten Kultur-Haus. „Wir machen schon seit vielen Jahren Public Viewing“, sagt Bauer. Die Überlegung sei dabei im Verein immer die gleiche: „Wenn Spiele sind, laden wir keine Künstler ein. Denn die Leute schauen sich die Spiele dann lieber zu Hause an“, hat der Vorsitzende des Trägervereins festgestellt. Oder kommen an die obere Islandstraße zum „Rudelgucken“.

Nicht so am Mittwoch. „Ich glaube, es liegt viel an der Uhrzeit“, sagt Andreas Winkelmann. „Bei der Uhrzeit kann ich jeden verstehen, der nicht kommt.“ Aber vielleicht liegt es auch daran, dass die WM in Katar eben so stark umstritten ist. „Wir haben die Entscheidung getroffen, als es die öffentliche Diskussion über diese WM noch nicht gegeben hat“, sagt Bauer. Er kenne einige Leute, die die WM-Spiele ansehen würden. Dennoch sei es natürlich kein typischer Nachmittag gewesen. „Früher waren die Besucher schon vor Spielbeginn hier gewesen, auch wenn die ersten Spiele der deutschen Elf nie so ganz gut besucht waren“, sagt Bauer. Er habe tatsächlich damit gerechnet, dass das erste Public Viewing am Mittwochnachmittag eher schlecht besucht sein werde.

Wie sehr der Wurm in dieser WM ist, zeigt sich nicht nur an der bemühten Geste der deutschen Mannschaft, sich beim Gruppenfoto vor dem Spiel den Mund zuzuhalten. Auch die verschenkte Führung, die sich in ein 1:2-Endergebnis für Japan verwandelt, passt da irgendwie ins Bild. Das hat Bauer dann aber schon nicht mehr mitbekommen – nach 65 Minuten räumt er auf und beendet dieses seltsame Auftaktspiel dieser seltsamen Weltmeisterschaft. Fürs Erste. Vieleicht kommt am Sonntag gegen Spanien ja mehr Stimmung auf. Im Island wie auf dem Platz.

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