Berufskolleg Hückeswagen Emoto – Wissenschaft ist nicht beliebig

Hückeswagen · Ein halbes Jahr nach dem Emoto-Experiment im BWL-Kursus am Berufskolleg, diskutierten jetzt zwei Neurowissenschaftler mit den Schülern.

 Elias Langenberg (m.) vom Berufskolleg Hückeswagen mit den Wissenschaftlern aus Düsseldorf, Lars Dittrich und Juli Tkotz.

Elias Langenberg (m.) vom Berufskolleg Hückeswagen mit den Wissenschaftlern aus Düsseldorf, Lars Dittrich und Juli Tkotz.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Im September 2018 hatte der stellvertretende Schulleiter des Berufskollegs, Dr. Alexander Geist, in seinem BWL-Kursus auf humorvolle Art und Weise ein Experiment gestartet. Das Reisexperiment des japanischen Parawissenschaftlers und Alternativmediziners Masaru Emoto (1943-2014) sollte den Schülern vermitteln, wie sich der gegenseitige Umgang miteinander auf das Zusammensein, die Zusammenarbeit und das Wohlbefinden auswirkt. Die Schüler hatten zwei Marmeladengläser mit Reis gefüllt. Das eine Glas wurde positiven Gefühlen – Lob, Anerkennung, „warme Worte“ – ausgesetzt, das andere negativen – Tadel, Wut, Schimpfen. Nach Emoto würde der Reis, der gelobt wird, weniger stark und schnell schimmeln. Klar war, dass das Experiment weniger wissenschaftlichen Kriterien standhalten, als vielmehr die Bedeutung von gegenseitiger Wertschätzung verdeutlichen sollte.

Von den Emoto-Versuchen am Berufskolleg erfuhren auch Juli Tkotz und Lars Dittrich. Tkotz macht derzeit an der Uni Düsseldorf ihren Master in Neurowissenschaften, Dittrich ist promovierter Neurowissenschaftler aus Köln, der sich nach seiner wissenschaftlichen Karriere in der Wissenschaftskommunikation betätigt. Beide haben sich mit Emoto selbst lange beschäftigt. Am Dienstag tauschten sie sich mit den Hückeswagener Schülern über den korrekten Aufbau eines solchen Experiments in einem Statistik-Workshop aus.

Grundsätzlich habe er mit der Einladung einen Spagat gehen wollen, sagt Geist. „Und zwar den zwischen der Grundneugier, über Dinge nachzudenken, und einer Grundskepsis gegenüber pauschalen Aussagen zu diesen Dingen, die man vor allem im Social-Media-Stammtisch zu hören bekommt“, sagt der Berufskolleg-Lehrer. Das sei auch die Intention Tkotz‘ und Dittrichs, die das Emoto-Experiment ihrerseits unter möglichst wissenschaftlichen Bedingungen nachgestellt hatten. „Ich habe einen YouTube-Kanal, auf dem ich ein Video gepostet habe, in dem ich ein anderes Experiment von Emoto kritisiert habe. Wegen mangelnder Wissenschaftlichkeit“, sagt Dittrich. Daraufhin sei er von Anhängern Emotos teils heftig kritisiert worden. „Man hat mir gesagt, ich solle doch das Reisexperiment einmal nachstellen“, sagt Dittrich. Dazu habe er dann über seinen Blog aufgerufen. Unter anderem habe sich daraufhin Tkotz gemeldet, die das Experiment mit 200 Gläsern nachgestellt hat. „Wir haben mit den Schülern gemeinsam erarbeitet, wie man das Experiment aufziehen müsste, damit es wissenschaftlichen Kriterien standhält“, sagt Tkotz. Es gehe darum, dass man sich fragen müsse, wie es aufgestellt werden müsse, damit die Grundthese eine Chance habe, den Ausführenden zu überzeugen – selbst wenn er anderer Ansicht sei. „Man sollte ergebnissoffen rangehen. Es muss einem letztlich egal sein, ob Emoto recht hatte oder nicht“, sagt Dittrich.

Das wissenschaftliche Herangehen sei bei seinen Schülern sehr gut angekommen, bestätigt Geist. „Wir hatten uns im Vorfeld darüber unterhalten, dass es nicht um den Reis und unser Experiment gehen soll. Sondern der Besuch von Tkotz und Dittrich soll eine Bereicherung für uns darstellen.“ Dazu seien die Schüler in zwei Gruppen geteilt worden, die eine sollte als Kritiker von Emotos These auftreten und Argumente dagegen sammeln, die anderen Argumente dafür. „Die Schüler haben die Schwächen des Reisexperiments gut herausgearbeitet und waren sehr selbstständig“, lobten die Wissenschaftler. „Sie haben Parameter festgelegt, nach denen sie das Reisexperiment noch einmal machen würden“, sagt Dittrich. Diese seien etwa die Zahl der Gläser, dass die Umstände für alle Gläser gleich sein müssten oder dass zuvor bereits festgelegt sein müsse, in welchem Zustand der Reis als verschimmelt gelte. „Wissenschaft ist nicht beliebig – das ist eines der Ergebnisse, die wir gemeinsam erarbeitet haben“, sagt Tkotz.

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