Impfen im Oberbergischen Ein großer Pieks für die Menschheit
Hückeswagen/Radevormwald/Oberberg · Die ersten 180 Menschen in Oberberg sind am Sonntagnachmittag gegen das Coronavirus geimpft worden. Bis zum Jahresende sollen weitere etwa 2000 folgen, auch im Kreisnorden. Dazu zählen Hückeswagen und Radevormwald.
Was am Sonntag erfolgen sollte, hatte Dr. Johannes Schlechtingen von der Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein am Tag vor Heiligabend in einer Videokonferenz mit der Mondlandung verglichen. Mit nicht mehr und nicht weniger. So sagte er mit Blick auf die am Tag nach Weihnachten im Oberbergischen Kreis beginnende Impfung gegen das Coronavirus: „Das ist ein kleiner Pieks für einen einzelnen Menschen, aber ein großer Fortschritt für die Menschheit.“
Was Schlechtingen fast schon euphorisch werden ließ, war die Tatsache, dass es sich bei dem 27. Dezember 2020 um ein besonderes Datum handeln wird. Denn der ab jetzt eingesetzte Impfstoff werde für alle künftigen Pandemien und Infektionen eine große Rolle spielen. „Ist es doch in kurzer Zeit gelungen, einen Impfstoff an die aktuelle Situation anzupassen“, betonte Schlechtingen. Mit dieser Technologie würden zudem in Zukunft viele Krebsarten geheilt werden können, zeigte er sich optimistisch.
Am Sonntag waren zwei mobile Teams unterwegs, um die ersten 180 Impfdosen an Bewohner und Mitarbeiter von zwei Altenheimen in der Kreismitte zu verabreichen. Insgesamt waren jeweils vier Ärzte und Medizinische Fachangestellte im Einsatz. Noch in dieser Woche soll der Kreis zweimal jeweils etwas mehr als 1000 Impfdosen vom Land erhalten, so dass bis Jahresende schon mal mehr als 2200 Bewohner und Mitarbeiter aus Alten- und Pflegeheimen die erste Impfung erhalten haben werden. Mitarbeiter aus der Verwaltung bleiben von den Impfungen vorerst jedoch außen vor. „Drei Wochen später muss dann die zweite Impfung erfolgen“, betonte Schlechtingen. Zwar gebe es nach dem ersten Pieks schon einen kleinen Schutz, „der Vollschutz wird aber erst eine Woche nach der zweiten Impfung eintreten“. Bei den in dieser Woche noch anstehenden Impfungen werden die mobilen Teams auch in den Kreisnorden fahren, versicherte Landrat Jochen Hagt. Ob und welche Heime in Hückeswagen oder Radevormwald angesteuert werden, sagte er nicht.
Einsatzbereit ist inzwischen auch das Impfzentrum in den ehemaligen Karstadt-Räumlichkeiten in Gummersbach. „Dort sind wir auf Stand-by“, versicherte Ralf Schmallenbach, Gesundheitsdezernent der Kreisverwaltung. Die Mitarbeiter hätten für den Einsatz geübt, aktuell würden die letzten Restarbeiten erledigt. So musste beispielsweise für eine bessere Akustik noch ein Teppichboden verlegt werden.
„Das Ganze ist ein Riesenkraftakt“, stellte Schlechtingen klar. Erst vor wenigen Tagen seien die Leiter der Impfzentren geschult worden, die Informationen zum eingesetzten Impfstoff gibt es ebenfalls noch nicht allzu lange. Und am Montag vor Weihnachten gab es in Düsseldorf eine Schulung durch einen Mitarbeiter der Mainzer Firma Biontech zur Aufbereitung ihres Impfstoffs.
Die Verantwortlichen machten noch einmal klar, dass zunächst die Über-80-Jährigen sowie die Bewohner und Mitarbeiter aus der Pflege und Betreuung der 65 Senioren- und Pflegeeinrichtungen im Kreis geimpft werden. In diesen leben laut Hagt 3767 Bewohner und arbeiten 4105 Beschäftigte. „In der ersten Phase werden alle diejenigen geimpft, die höchste Priorität haben“, sagte Hagt. Wer 80 und älter sei, könne sich ebenfalls impfen lassen – „dafür reicht der Personalausweis“ aus, sagte Schlechtingen. Allerdings ist eine Terminvereinbarung unumgänglich: Wer sich impfen lassen will, muss sich vorab beim ärztlichen Notdienst unter ☏ 116117 melden. Zwar gibt es dann eine konkrete Uhrzeit. Wenn diese aber nicht exakt eingehalten werden kann, ist das kein Problem. „Wichtig ist nur, dass man am vereinbarten Tag erscheint“, betonte Schmallenbach.
Wann die übrigen beiden Prioritäten abgearbeitet werden und wann vor allem die restliche Bevölkerung geimpft werden kann, steht momentan noch nicht fest. „Wir warten dazu auf ein Signal von der Landesregierung“, sagte Schmallenbach. Auch ist noch unklar, wie viele Impfdosen wann geliefert werden. Experten gehen davon aus, dass es bis Ende 2021 dauern könnte, bis sämtliche Impfwilligen in Deutschland zweimal geimpft sein werden.