Hückeswagen Die „Schulstation“ als letzte Hoffnung

Hückeswagen · Es gibt Kinder, die im regulären Schulsystem ihren Platz nicht finden. Sie gelten als „unbeschulbar“, als hoffnungslose Fälle. Für sie gibt es seit Herbst die „Schulstation“ - und damit doch noch eine Hoffnung und Chance auf Bildung.

 Manche Kinder sind selbst an Förderschulen nicht „beschulbar“ und gelten daher als hoffnungslose Fälle. Die „Schulstation“ soll das ändern.

Manche Kinder sind selbst an Förderschulen nicht „beschulbar“ und gelten daher als hoffnungslose Fälle. Die „Schulstation“ soll das ändern.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Es gibt sie noch, die Förderschulen, die ihren Arbeitsschwerpunkt auf das emotionale und soziale Lernen und die darauf konzentrierte Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen legen. Die Erich-Kästner-Schule (EKS) in Hückeswagen, seit einigen Jahren der Hauptstandort der Förderschule Nordkreis, gehört dazu. Aber es gibt auch die Kinder und Jugendlichen, die trotz gezielter sonderpädagogischer Förderung einfach nicht einzupassen sind in das System Schule. Eingestuft als „nicht beschulbar“, fallen sie aus diesem System – und ins Nichts an Bildung. In der Schloss-Stadt sieht das anders aus, seit im November die „Schulstation“ ihren Betrieb aufgenommen hat. Es handelt sich um ein Projekt des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte in Kooperation mit der EKS unter Beteiligung des Jugendamtes und der Schulaufsicht des Oberbergischen Kreises.

Sechs Plätze gibt es in der „Schulstation“, die in einem Haus der Gotteshütte an der Ringstraße, nahe bei der EKS, untergebracht ist. Mehr sollen es auch nicht werden, denn es geht ja gerade um solche Kinder, die emotional nicht in der Lage sind, am Unterricht in größeren Klassenverbänden teilzunehmen. Sie brauchen eine auf sie abgestimmte individuelle Förderung, um überhaupt lernen zu können. Das unterstrichen Sascha Viehoff und Claudia Schmitz von der Gotteshütte, die das Projekt jetzt im Schulausschuss vorstellten.

Ein Sozialpädagoge und eine sonderpädagogisch ausgebildete Lehrerin unterrichten die Acht- bis 15-Jährigen. Das ist ein Personalschlüssel, den keine reguläre Schule bieten kann. Aber laut Viehoff ist er zwingend erforderlich, um die Mädchen und Jungen überhaupt wieder „schulfähig“ zu machen. Darum geht es letztlich, damit sie noch eine Chance auf schulische Bildung bekommen.

Warum sind manche Kinder so zutiefst verhaltensgestört, dass sie selbst an einer Förderschule, die so anerkannt gute Arbeit leistet wie die EKS, nicht zu integrieren, geschweige denn zu unterrichten sind? Auch darauf ging Sascha Viehoff im Ausschuss ein. Fast immer handelt es sich demnach um Mädchen und Jungen aus extrem schwierigen sozialen und familiären Verhältnissen, die seit frühester Kindheit massive Krisen erlebt und durchlitten haben. Viehoff: „Sie sind traumatisiert, massiv verunsichert, und ihr Misstrauen in Erwachsene sitzt tief.“ Das führe zum inneren Rückzug, zu Gruppenunfähigkeit, auch zu Aversion gegenüber der Schule, zu Aggression und zum schnellen Ausrasten aus nichtigstem Anlass. „Die schweren Verhaltensauffälligkeiten sind immer Auswirkungen selbst erlebter Belastungen“, sagte Viehoff.

Deshalb geht es in der „Schulstation“ um sehr viel mehr als die Vermittlung von Lernstoff. Die Kinder sollen emotional zur Ruhe kommen, einen strukturierten Alltag kennenlernen, grundlegende Lern- und Arbeitseinstellungen entwickeln und dadurch erste Lernerfolge erzielen, die sie weiter motivieren. „Unser vorrangiges Ziel ist es, dass die Kinder nach der Zeit bei uns wieder in eine reguläre Schule integriert werden können“, sagte Viehoff. Im Regelfall soll dieser Entwicklungsprozess nach maximal 18 Monaten abgeschlossen sein. Ob das Ziel für jedes Kind erreicht werden kann, wird sich zeigen – frühestens im Frühsommer 2020. Erst dann ist die Zeit reif für eine erste Bilanz der dann seit anderthalb Jahren bestehenden „Schulstation“.

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