Hückeswagener Wälder Der Fichtenwald geht kaputt

Hückeswagen · Revierförster Heiner Grüter zeichnet ein bedrohliches Bild für die Fichte. Auch wenn es in Hückeswagen noch vergleichsweise glimpflich ist, gibt er keine Entwarnung für den Wald.

 Viele Fichtenwälder im Oberbergischen sehen nach dem heißen, trockenen Sommer 2018 und dem anschließende Borkenkäfer-Befall verheerend aus

Viele Fichtenwälder im Oberbergischen sehen nach dem heißen, trockenen Sommer 2018 und dem anschließende Borkenkäfer-Befall verheerend aus

Foto: Stephan Büllesbach

Noch vor wenigen Monaten hatte Heiner Grüter, der zuständige Revierförster für Hückeswagen und Wipperfeld, bei der Jahreshauptversammlung der Forstbetriebsgemeinschaft der Schloss-Stadt Alarm geschlagen. „Wenn die Witterung nicht mitspielt, dann haben wir verloren“, sagte er im März. Dabei ist die Trockenheit nach dem Rekordsommer 2018 noch nicht einmal der Punkt, der ihm am meisten Sorgen bereitet hat. Vielmehr geht es um einen kleinen Schädling, der den Waldbauern nicht nur im Bergischen Land schon seit vielen Jahren großen Ärger bereitet: der Borkenkäfer, der sich unter die Rinden vornehmlich der Fichten in den Stamm bohrt und den Baum damit krank macht.

Die Schädlinge zerstören im Inneren des Baums die Leitungsbahnen, so dass die Bäume schließlich kaputtgehen und gefällt werden müssen. Trockenheit begünstige den Befall, da die Bäume im sogenannten Wasserstress Lockstoffe ausschütten, auf die der Borkenkäfer anspricht.

Wie sich in den vergangenen Wochen gezeigt hat, ist Grüters Wunsch nach einem möglichst verregneten und kühlen Frühjahr nicht in dem Maße erfüllt worden, wie nötig gewesen wäre, um die Ausbreitung des Schädlings zu verhindern. „Es kommt gerade genauso schlimm, wie wir es im Februar und März befürchtet haben“, klagt Grüter. Zwar habe es vor allem im Mai bei kühlen Temperaturen viel geregnet, aber der Juni sei dann schon wieder viel zu warm und trocken gewesen.Der Wupperverband registrierte gerade einmal die Hälfte des jährlichen Mittels an Niederschlag (die BM berichtete). „Seitdem beobachten wir sehr starke Borkenkäfer-Aktivitäten“, berichtet der Förster. „Die erste Generation hat sich schon eingebohrt, die Schäden sind allerdings nach außen hin nicht direkt sichtbar.“

Jetzt werde es, so Grüters Prognose, wohl „rapide schnell“ gehen. „In vier bis sechs Wochen haben wir die Ergebnisse. Dann wird auf dem Waldboden das Bohrmehl zu sehen sein, das sieht ein wenig aus wie Kaffeemehl“, erläutert er. Ein Signal für befallene Bäume seien auch verfärbte Rinden oder ungewöhnlich viele Nadeln auf dem Boden. „Manchmal kann man die Nadeln wie Schnee durch die Luft wirbeln sehen – ,leise rieselt die Nadel’“, sagt Grüter mit Galgenhumor.

Dabei ist ihm ganz und gar nicht zum Lachen zumute. „Wir kämpfen hier gegen Windmühlen“, sagt der Revierförster resigniert und ergänzt: „Die Fichten sterben in Richtung Köln und Bergisch Gladbach flächendecken ab. Wir werden das Problem wohl kaum in den Griff bekommen.“ Hückeswagen sei dagegen zwar weitgehend verschont geblieben, aber das sei überhaupt kein Grund zur Entwarnung.. „Man sieht hier in den Wäldern nicht ganz so viele befallene Bäume“, hat der Förster festgestellt. „Aber man darf nun nicht glauben, dass hier alles gut ist.“ Ein Grund dafür sei lediglich, dass es in der Schloss-Stadt mehr Mischwälder gebe als anderswo.

Das ist auch die einzige Lösung, die Grüter für den Problemkomplex Borkenkäfer / Fichten sieht. „Wir müssen mehr Mischwäldern mit unterschiedlichen Baumarten anlegen“, appelliert er an die Waldbauern. Aber auch hier will er keinerlei Prognosen abgeben, weil auch Ahorn und Buche mit ihren eigenen Schädlingen zu kämpfen hätten.

 Ein weiteres Problem sei der Schutz der neu angepflanzten Setzlinge. „Wir bekommen im Moment nur Buchen und Fichten einigermaßen gut angebaut. Daher müssen wir alle anderen Bäume erst einmal entsprechend lange vor Verbiss und anderen Problemen beschützen“, betont der Revierförster. Eine andere, allerdings nur schwer zu kontrollierende Methode sei es, der Natur freien Lauf zu lassen. „Aber im Grunde genommen ist der beste und einzig vernünftig gangbare Weg, die hiesigen Gebiete breit mit Mischwäldern aufzustellen. Wir müssen also versuchen, anhand aller erhobener Daten, neue Bäume anzupflanzen“, fordert Grüter. „Die Lage ist wirklich äußerst kritisch, das haben wir so noch nicht erlebt.“ Einzig ein „klassischer, wochenlanger, bergischer Landregen“ könnte den Fichten jetzt noch helfen. Aber selbst dazu hatte es am Wochenende, entgegen aller Prognosen, auch nicht gereicht.

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