Bündnis 90/Die Grünen Als Blüm Schwarz-Grün verhindern wollte

Hückeswagen · In Hückeswagen gab’s 1989 die erste bundesweit schwarz-grüne „Koalition“ auf kommunaler Ebene.

  Norbert Blüm (r.) und Manfred Vesper im Oktober 1989 in Hückeswagen.   Foto: BM-Archiv

Norbert Blüm (r.) und Manfred Vesper im Oktober 1989 in Hückeswagen. Foto: BM-Archiv

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Ein Sonntag Mitte Oktober 1989: Es regnet, als eine dunkle Limousine an der Kölner Straße vorfährt. Ihr entsteigt, sichtlich angespannt, Norbert Blüm. Mikrofone und Kameras ignoriert der Polit-Promi, gruß- und wortlos verschwindet er hinter der Tür zum evangelischen Gemeindeamt. Dort wartet Manfred Vesper. Blüm will den Spitzenkandidaten des CDU-Stadtverbands „ins Gebet“ nehmen, da scheint die Örtlichkeit passend gewählt. Im Übrigen hat Vesper als Presbyter der Evangelischen Kirchengemeinde dort quasi Heimvorteil.

Vermeintlich Ungeheuerliches war geschehen: CDU-Spitzenmann Manfred Vesper sollte und wollte Bürgermeister werden. Und die Grünen wollten und sollten die Bürgermeister-Macher für den „Schwarzen“ sein. Die Hückeswagener fanden da nichts weiter bei, schließlich waren die Grünen schon 1984 in den Rat eingezogen, hatten sich als durchaus sittsame „Realos“ erwiesen, vernünftige Politik für die Stadt gemacht und dies häufiger gemeinsam mit der CDU, vor allem mit deren von ihnen als aufrichtig und ehrlich geschätzten Vorsitzendem Manfred Vesper. Die Parteioberen im Bund jedoch schäumten ob der unterstellten Mesalliance.

Ende vom Lied im Oktober 1989: Blüm reiste wieder ab. Vesper wurde Bürgermeister – mit den Stimmen der Grünen. Am Tag nach dem Treffen mit Blüm gab’s eine Erklärung der Hückeswagener CDU. Inhalt unter anderem: „Manfred Vesper erklärt seinen Rücktritt vom Vorsitz der (...) CDU Hückeswagen, da er den Präsidiumsbeschluss der CDU Deutschland über die Zusammenarbeit mit radikalen Parteien in Bezug auf die Grünen in Hückeswagen nicht mittragen kann.“

Manfred Vesper und der Hückeswagener CDU-Stadtverband betrachten die Mitglieder der Grünen in der Schloss-Stadt jedoch weder als Radikale noch als Extremisten.

20 Jahre später, ein Montag im Oktober 2009. Vorm Schloss fährt erneut eine dunkle Limousine vor. Und ihr entsteigt wieder Norbert Blüm. Dieses Mal ganz locker. Sein Gesprächspartner ist der vom 15. Oktober 1989: Manfred Vesper, damals 75 Jahre alt, und kein Politiker mehr (Presbyter auch nicht). „Wie geht’s Ihnen?“, will Blüm wissen. Vespers Antwort, typisch für den Altbürgermeister mit dem bekannt trockenen Humor: „Mir geht’s gut. Sie haben ja versprochen, dass die Rente sicher ist – und da verlass’ ich mich drauf.“

Vor zwei Wochen ist Norbert Blüm nach längerer schwerer Krankheit gestorben. Am vorigen Dienstag wurde der langjährige Bundesminister beerdigt. Hückeswagen hat er nie vergessen.

(bn/büba)
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