Zusätzliche Angebote für Hückeswagen und den Kreis Jetzt kommt Bewegung ins Impfen

Hückeswagen · Angebote für zusätzliche Impfungen, und das Land macht den Weg frei für dezentrale Impfstellen – in Hückeswagen und im Kreis könnte das Impfen jetzt Fahrt aufnehmen.

 Lokale Impfaktionen und der mögliche Aufbau dezentraler Impfstationen könnte jetzt für deutlich mehr Schwung beim Impfen sorgen.

Lokale Impfaktionen und der mögliche Aufbau dezentraler Impfstationen könnte jetzt für deutlich mehr Schwung beim Impfen sorgen.

Foto: dpa/Ole Spata

Die Lage wird immer kritischer: Jeden Tag werden bundesweit neue Höchststände bei den Neuinfizierten gemeldet, und auch im Oberbergischen Kreis sind die Zahlen alles andere als beruhigend. So stieg die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch auf nur fast 200. Immer noch stockt es bei den Impfungen – nicht zuletzt, weil die Impfzentren abgebaut wurden und die Ärzte und vor allem deren Helferinnen mittlerweile überlastet sind. Zumal aktuell auch die Grippeschutzimpfung in den Praxen zusätzliche Kapazitäten bindet. Doch es kommt Bewegung ins Spiel. Vor allem lokal könnte verstärkt geimpft werden.

Das Angebot eines Arztes im Ruhestand Seine Kolleginnen und Kollegen sieht ein Hückeswagener Arzt im Ruhestand, der nicht genannt werden möchte, aktuell in großer Bredouille: Angesichts der vielen Impfungen und vor allem aufgrund des hohen bürokratischen Aufwands seien sie völlig überlastet, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „15 Minuten für einen Patienten – das ist doch viel zu lang“, kritisiert er und fragt sich, warum bei der Zweit- und Drittimpfung die gleichen Formulare ausgefüllt werden müssten, wie bei der ersten. „Alle Daten sind doch schon da!“ Eine Hückeswagener Ärztin habe angesichts des „bürokratischen Monsters“ bereits mit dem Impfen aufgehört.

Angesichts der wieder stark steigenden Zahlen hält der Mediziner zwar die Impfpflicht für die einzige Lösung des Problems. Er weiß aber auch, dass eine solche kaum realisiert werden wird. „Daher müssen wir ein Impfangebot machen, denn es muss was geschehen“, fordert er. So will er sich als Impfarzt zur Verfügung stellen, er bräuchte nur einen Raum und medizinisches Fachpersonal. „Ich habe immer noch das Impfzertifikat“, betont er. Darüber hinaus könnten vielleicht auch andere ehemalige niedergelassene Ärzte dazu bewegt werden, die Bevölkerung zu impfen und ihre noch aktiven Kolleginnen und Kollegen somit zu entlasten.

Das Booster-Angebot „Wir schaffen das Impfen eigentlich ganz gut“, betont Dr. Katja Forche von der Gemeinschaftspraxis Bachstraße. „Aber es wäre falsch zu sagen, wir machen das mit links.“ Vor allem die Arzthelferinnen seien überlastet, würde doch die ganze Arbeit, wie die Dokumentation der Corona-Impfungen, an ihnen hängen. „Der Piks ist dabei die kleinste Sache“, stellt sie klar.

Die Gemeinschaftspraxis hat sich nun dazu entschlossen, zwei Zusatztermine für die Booster-Impfung anzubieten: Am kommenden Samstag, 13. November, 10 bis 14 Uhr, und am Mittwoch, 24. November, 17 bis 19 Uhr, können Interessierte in die Praxis, Bachstraße 22, kommen; impfen werden Dr. Katja Forche, Dr. Anne Schindler und Dr. Max Kneher. Diese Auffrischungsimpfung kommt infrage für Patienten ab 70 Jahren, deren letzte Impfung länger als sechs Monate her ist und die über ihren Hausarzt noch keine Impftermin haben; für jede Altersklasse, wenn zweimal Astrazeneca geimpft wurde und ebenfalls mindestens ein halbes Jahr nach der zweiten Impfung verstrichen ist; für alle mit Johnson & Johnson Geimpfte, wenn die Impfung mindestens vier Wochen zurückliegt sowie als Erstimpfungen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren. Injiziert wird nur der Impfstoff von Biontech/Pfizer. Mitgebracht werden sollten eine warme Jacke, der Aufklärungsbogen und die Einverständniserklärung für den Biontech-Impfstoff (herunterzuladen unter www.rki.de). Zwingend erforderlich ist der Impfpass oder ein anderes vorhandenes Impfdokument.

Der neue Landeserlass Das Land eröffnet den Kreisen und kreisfreien Städten ab sofort die Möglichkeit, neben mobilen Impfangeboten auch stationäre Impfstellen einzurichten. Das teilt Jessica Schöler von der Pressestelle der Kreisverwaltung mit. Der neue Erlass sieht weiterhin möglichst wohnortnahe Impfangebote in den Kommunen vor, zentrale Lösungen strebt das Land nicht an. „Das Impfzentrum in Gummersbach wird nicht wieder öffnen“, betont Landrat Jochen Hagt. Stattdessen setzt der Kreis weiterhin auf das Impfmobil und zudem auf wiederkehrende Impfaktionen an festen Orten in den Kommunen. „Dezentrale Lösungen mit guter Erreichbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger sind mir wichtig“, macht Hagt deutlich. Die Kreisverwaltung werde in den nächsten Tagen weiter in die Planung einsteigen. „Den Austausch mit den Kommunen sowie der Ärzteschaft und weiteren Akteurinnen und Akteuren in den Städten und Gemeinden werden wir intensivieren“, kündigt der Landrat an.

Der Bürgermeister Dietmar Persian hat sich über die große Resonanz beim Impfmobil zum Martinsmarkt sehr gefreut. „Das zeigt den Bedarf für weitere Impfangebote“, betont er. Da könne das Impfmobil aber nur ergänzend sein, zumal dieses Angebot in der kalten Jahreszeit immer schwieriger zu händeln sei. Persian macht deutlich: „Wir brauchen dezentrale stationäre Angebote. Das sieht auch der Kreis.“

Mit dem sei er im intensiven Austausch. „Wir werden uns in den nächsten Tagen geeignete Räume in Hückeswagen anschauen und hoffentlich kurzfristig eine Lösung finden“, kündigt der Bürgermeister an. Die Organisation der Impfungen müsste aber weiter über den Kreis in Verbindung mit der Kassenärztlichen Vereinigung erfolgen. Auch mit den hiesigen Hausärzten steht Persian in Kontakt: „Die bieten weiterhin Impfungen, auch Auffrischungsimpfungen für ihre Patienten, an, sehen aber auch bei zunehmender Nachfrage in der Bevölkerung einen Bedarf für ein ergänzendes Angebot.“

Der Hausarzt „Wir sind schon am Limit“, gesteht Werner Fabig, Allgemeinmediziner von der Goethestraße. Das läge aber nicht am Impfen, sondern an den massiven Erkältungsinfekten, „mit denen wir es derzeit zu tun haben“. Das Impfen gegen das Coronavirus laufe eher nebenher – in der Praxis Fabig werden pro Woche 50 bis 60 Dosen verabreicht. „Mir machen vor allem diejenigen Sorge, die sich noch nicht haben impfen lassen.“ Da könne man sich den Mund fusselig reden, aber einige Patienten wollten weiterhin „erst mal abwarten“.

Dass ein ehemaliger Kollege anbietet, die notwendigen Impfungen zu verabreichen, findet der Allgemeinmediziner gut: „Das würde ich begrüßen.“ Wichtig sei ohnehin, jetzt dezentral zu impfen. „Was wir nicht mehr brauchen, ist ein Impfzentrum in Gummersbach. Wichtig wären kleinere Einheiten.“ Fabig würde sich am Wochenende für Sondertermine zur Verfügung stellen, zumal er bereits im Johannesstift und im Impfzentrum als Impfarzt tätig war. Auch er beklagt den hohen bürokratischen Aufwand: „Bei der Grippeimpfung gibt’s den Piks – und fertig. Bei Corona muss ich für jeden Patienten vier beidseitig bedruckte Blätter dokumentieren.“

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