Hückeswagen Harter Alltag mit Handicap

Hückeswagen · Wie schwer es ist, als Mensch mit einer Behinderung den Alltag zu bewältigen, konnten am Freitag Schüler der Realschule im Eigenversuch testen. Im Rollstuhl und mit Augenbinden ging es zum Einkaufen in die Stadt.

 Schon das Öffnen von Türen kann für Rollstuhlfahrer zum Problem werden; das merkten die Kinder der Realschule schnell.

Schon das Öffnen von Türen kann für Rollstuhlfahrer zum Problem werden; das merkten die Kinder der Realschule schnell.

Foto: Dörner

Blumen kaufen für die Mutter, Hustenbonbons aus der Apotheke besorgen und dann noch einen Brief auf die Post geben: Diese Aufgaben hatten am Freitag die Realschüler der Klasse 5a zu bewältigen — allerdings im Rollstuhl oder mit verbundenen Augen. Hintergrund: Was es bedeutet, den Alltag mit einer Behinderung zu bewältigen, spürt man erst, wenn man selbst betroffen ist. Die 25 Klassenkameraden erlebten diese Situation eher spielerisch, dennoch aber eindrucksvoll.

Die etwas andere Erlebnistour

Brigitte Thiel und Norbert Heider waren die Initiatoren dieser "Erlebnistour", die eigentlich schon am Weltkindertag laufen sollte. "An diesem Tag hatte unsere Klasse aber Methodentraining", sagte Klassenlehrerin Inga Dörpfeld. Prädestiniert war die Klasse 5a, da eine Mitschülerin im Rollstuhl sitzt.

Für die Aktion wurden nun mehrere Rollstühle und Augenklappen organisiert, um die Probleme blinder und gehbehinderter Menschen nachvollziehen zu können. Beim gemeinsamen Frühstück im Hotel Kniep waren die Rollstühle schon das erste Mal gefragt. Nach kurzer Übungszeit lenkten die Kinder das ungewohnte Gefährt geschickt zwischen den Tischen hindurch.

Auf der anschließenden Einkaufstour ging es für die erste Gruppe zum Geldautomaten. Die Rampe zur Eingangstür schaffte Felix (10) im Rollstuhl aus eigener Kraft. Sein Freund Ole testete die Auffahrt einer anderen Bank und musste entkräftet aufgeben. Die Steigung war zu stark, um's alleine schaffen zu können. Besorgt werden mussten zudem Hustenbonbons aus der Apotheke, ein Deo im Drogeriemarkt und eine Briefmarke in der Postfiliale.

Viele Kleinigkeiten fielen den Kindern auf ihrem Weg durch die Stadt auf, die für Menschen mit Behinderung ein unüberwindliches Hindernis darstellen. Treppen vor Eingängen, schwergängige Türen, hohe Bordsteinkanten und zu kurze Zeitintervalle an der Fußgängerampel: Das waren nur einige Hürden, auf die die Schüler stießen. Doch es schlug den "Rollstuhlfahrern auf Zeit" auch viel Hilfsbereitschaft entgegen: Der Apotheker reagierte auf Winkzeichen und brachte das Gewünschte zur Tür.

Die Freundinnen Laura und Lilly konnten sich nicht entscheiden, was schlimmer ist: blind sein oder im Rollstuhl sitzen. "Auf Hilfe ist man aber immer angewiesen", bemerkten die zehnjährigen Mädchen. Obwohl die Kinder bei dem Experiment viel Spaß hatten, sahen sie sich doch auch mit Problemen konfrontiert. "Das mal auszuprobieren, ist ja okay. Aber jeden Tag im Rollstuhl sitzen müssen, wäre nicht gut", meinte Felix. "Jetzt weiß ich auch, wie meine blinde Tante sich fühlt", fügte Laura hinzu, die sich mit verbundenen Augen über den Etapler Platz führen ließ. Ein Stock und ein Blindenhund — oder besser noch ein Blindenpony — seien da unbedingt notwendig, meinten die Mädchen.

(heka)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort