Städtepartnerschaft Der Monat März In Etaples Großer Ärger um die Elektrofischerei

Hückeswagen · Einmal im Monat beleuchtet unsere Redaktion das Geschehen in der Partnerstadt Etaples und der Region. Dieses Mal geht es um die französischen Fischer, die sauer auf ihre niederländischen Konkurrenten sind.

 Ein Fangschiff mit Elektronetz auf der niederländischen Insel Texel. Dass holländische Fischer schon seit geraumer Zeit mit diesen Geräten arbeiten, ist ihren französischen Kollegen ein Dorn im Auge.

Ein Fangschiff mit Elektronetz auf der niederländischen Insel Texel. Dass holländische Fischer schon seit geraumer Zeit mit diesen Geräten arbeiten, ist ihren französischen Kollegen ein Dorn im Auge.

Foto: Pam Lindeboom / Wikicommons

Hückeswagen Manchen Fischen muss man auf die Sprünge helfen, wenn man sie fangen will. Das betrifft etwa Plattfische, die - im Sand verborgen - erst aufgestöbert werden, wenn die Grundfangnetze mit ihren Kurren und Scheuchketten den Meeresboden gewissermaßen durchpflügen. Seit Generationen arbeiten Etapler Fischer nach dieser Methode.

Ihre niederländischen Kollegen haben eine andere Technik entwickelt, die Elektrofischerei. Und die sorgt an der Kanalküste für heftigen Streit. Denn damit sind mehr Garnelen, Schollen und Seezungen zu fangen, und das mit weitaus weniger Kosten. Der Konkurrenzkampf eskalierte zu Beginn des Jahres, weil die Fischer des Pas-de-Calais mit ihren Booten zeitweise die Häfen von Dünkirchen, Calais und Boulogne blockierten. Mit ihrem Protest unterstrichen sie ein Votum im Europäischen Parlament. Dort hatten sich Mitte Januar die Angeordneten mit 402 gegen 232 Stimmen eindeutig für ein Verbot der Elektrofischerei ausgesprochen.

Erstmals eingesetzt hatten die Niederländer Anfang der 1990er-Jahre das Fischen mit Elektroimpulsen. Statt die Fische mit schwerem Gerät vom Boden aufzuscheuchen, bewirken elektrische Stromstöße am Schleppnetz, dass die Tiere für kurze Zeit in einen Krampf versetzt werden, in die Höhe schleudern und so ins Netz geraten. Von dieser Art Fischfang versprechen sich viele, dass Flora und Fauna des Meeresbodens weitgehend unzerstört belassen werden. Hinzu kommt der ökonomische Vorteil, dass die Kosten für den teuren Dieseltreibstoff um die Hälfte sinken: Mit der Impuls-Fischerei werden die Schiffe um schweres Fanggerät erleichtert.

Gegen diese Art Fischfang, die gemeinhin nur für wissenschaftliche Zwecke gedacht ist, regte sich allerdings heftiger Protest. Denn Elektrofischerei ist in EU-Gewässern verboten. Nicht ohne Grund. China hatte in seinen Meeren schon früh mit dem "Pulskurren" negative Erfahrungen gemacht und dieses Verfahren am Ende untersagt: In den 1990er-Jahren führte exzessive Elektrofischerei dazu, dass die Fanggründe für Garnelen bald leer gefischt waren. Es erwies sich, dass der immer stärkere Einsatz von Stromimpulsen zur Vernichtung auch der Bestände an Fischeiern sowie an Nährsubstanzen in der Mikrofauna geführt hatte.

Doch dann erteilte die EU 2006 den Niederlanden eine Ausnahmegenehmigung zur Elektrofischerei in der südlichen Nordsee zu wissenschaftlichen Zwecken. Das Institut für Meeresforschung Wageningen in IJmuiden soll bis Ende 2019 Auskunft darüber geben, ob Elektrofischerei tatsächlich anhaltende Schäden anrichtet. Aus dem Forschungsvorhaben wurde unversehens ein wirtschaftlicher Investitionsschub für die holländische Fangflotte. Sie setzte ganz auf Impuls-Fischerei - zu Lasten ihrer Küstennachbarn, für die das Fangverbot weiterhin gilt. Es gibt inzwischen mehr als 100 mit Pulskurren ausgerüstete Trawler. Für Forschungszwecke ist das eine recht stattliche Anzahl.

Die Alarmsignale bei den Nordsee-Anrainern sind nicht zu überhören: Englische Fischer sprechen von riesigen "Fischfriedhöfen" in ihren Fanggründen. Andere berichten von größeren toten Fischen im Netz, denen durch die Elektroschocks das Rückgrat gebrochen wurde. Denn beim Fischfang mit Impulsen kann ganz schwer kontrolliert werden, wer mit welcher Intensität schließlich sämtliche Lebewesen auf dem Meeresgrund in Schockstarre versetzt oder vernichtet.

Ende März begannen in Brüssel die Verhandlungen in der Europäischen Kommission. Stéphane Travert, Frankreichs Fischereiminister, äußerte sich skeptisch - trotz des eindeutigen "Nein" eines im Grunde machtlosen EU-Bürgerparlaments oder der besorgten Stellungnahme der EU-Parlamentarierin Ulrike Rodust (SPD), die als Mitglied im Fischereiausschuss diese Entwicklung kritisiert. Im Kreis der politisch Verantwortlichen fürchtet Travert Konflikte: "Wir haben zurzeit wenig Verbündete. Die sollten wir suchen."

(RP)
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