Hückeswagen Geschichtsstunde der besonderen Art für Hauptschüler

Hückeswagen · Fredi K. Roß vom Bergischen Geschichtsvereins blickte zurück in die Zeit des Nationalsozialismus und stellte dessen Gefahren dar.

Die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus ist nicht zuletzt durch das Erstarken von Rechtspopulisten in Europa nach wie vor wichtig. Deswegen hatte Fredi K. Roß, Ehrenvorsitzender der Hückeswagener BGV-Abteilung, seinen Vortrag vor der Geschichts-AG der Montanusschule auch unter den Leitsatz gestellt: "Wer die Augen vor der Vergangenheit schließt, wird blind für die Zukunft."

Vor den 15 Schülern gab Roß, der als Kind das Dritte Reich miterlebt hatte, den Hinweis: "Überall nimmt rechtes Gedankengut immer stärker zu. Deshalb stehe ich hier vor Ihnen und erzähle Ihnen davon." Denn wozu das "Blindwerden für die Zukunft" führe, habe man im Nationalsozialismus gesehen. "Und das kann keiner wollen", sagte der 84-Jährige.

Der Vortrag richtete sich explizit an die jugendliche Zielgruppe. Zunächst erklärte Roß den Unterschied zwischen Autokratie und Diktatur, ehe er auf die Situation in Hückeswagen Anfang und Mitte der 1930er Jahre und bis in die 1940er Jahre einging. Roß: "Vor der Machtergreifung gab es in Hückeswagen nur sechs Mitglieder der NSDAP, die zudem dem Ortsverband Wermelskirchen angeschlossen waren." Nach 1933 sei die Zahl jedoch auch in Hückeswagen deutlich gestiegen und ein eigener Ortsverband gegründet worden. Im Kurzdurchgang präsentierte er den Weg von der Demokratie in Weimar über die Autokratie nach der sogenannten Machtergreifung bis zur Diktatur, als vor der Reichstagswahl am 12. November 1933 alle übrigen Parteien aufgelöst wurden - und somit der Weg frei war für zwölf Jahre "1000-jähriges Reich".

Auch in Hückeswagen machte sich die neue Diktatur bemerkbar: Am 5. April 1933 wurde Bürgermeister Richard Leyhausen nach 23 Jahren "wegen Gehorsamsverweigerung" von der NSDAP aus dem Amt entfernt. Er wurde für die zwölf Jahre der NS-Zeit von Albert Gimbel als erster Bürger der Stadt ersetzt. Kuriose Randnotiz: "Gimbel kam auf die absonderliche Idee, sich im Mai 1946 bei der Stadt zu melden, um seine Stelle wieder zu bekommen", sagte Roß.

Er schilderte zudem den Mord an drei Kommunisten im Jahr 1932 und das tragische Kapitel über das Konzentrationslager Kemna bei Wuppertal. Dieses wurde bereits 1933 als eines der ersten Lager Deutschlands gegründet und war früh wegen Folterungen und Alkoholmissbrauch der Wärter berüchtigt. Roß schilderte auch die Leidensgeschichte des Hückeswageners Willi Haines, der in seiner Aussage zur Haft in Kemna Folterungen angab: dauerhafte Schläge an alle Körperregionen, Erschießungsandrohungen, Baden in der eiskalten Wupper und andere Grausamkeiten.

Während sonst im Lauf des Vortrags immer wieder Unruhe unter den Jugendlichen herrschte, war gerade während dieser Schilderungen Stille im Raum. Auch die Berichte über verfolgte Hückeswagener verfolgten die Jugendlichen interessiert, schienen diese Geschichten ihnen doch weniger abstrakt zu sein, als die allgemeinen Themen.

Roß versuchte zudem, deutlich zu machen, wie schwer für ihn die Beschäftigung mit dieser Thematik bei der Recherche war. "Die Akten liest man nicht einfach so, das belastet einen sehr. Man sieht da, was die Menschen erleiden mussten. Ich würde es nicht noch einmal machen." Auch an dieser Stelle war es wieder mucksmäuschenstill im Klassenraum. Das machte deutlich, dass der Vortrag vor den 15 Jugendlichen der Montanusschule richtig und wichtig war.

(RP)
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