Hückeswagen Gaststätte Hager stellt Schankbetrieb ein

Hückeswagen · Ein weiterer Teil Hückeswagener Stadtgeschichte geht zu Ende: Zum Jahresende schließt die Gaststätte Hager an der Grünestraße nach mehr als 150 Jahren. Betrieben wird sie von den Schwestern Inge (77) und Ulla Hager (75).

 So kennen sie viele: Ulla (l.) und Inge Hager an der Theke ihrer Landgaststätte. Zum Jahresende schließen die Schwestern das beliebte Lokal.

So kennen sie viele: Ulla (l.) und Inge Hager an der Theke ihrer Landgaststätte. Zum Jahresende schließen die Schwestern das beliebte Lokal.

Foto: hager

Es ist die letzte Landgaststätte in Hückeswagen, die nun ihren Schankbetrieb einstellt. Die Schwestern Inge (77) und Ulla Hager (75) habe sich schweren Herzens zu diesem Schritt entschlossen. "Es hat uns immer viel Freude gemacht, aber wir hören jetzt aus Altersgründen auf", begründet Inge Hager den Entschluss.

Viele treue Stammgäste haben sich für die letzten Tage noch angemeldet, um den berühmten hausgemachten Kartoffelsalat mit Würstchen oder das rustikale Bauernfrühstück mit Bratkartoffeln noch einmal zu genießen. So auch eine lustige Frauenrunde, zu der Irmhild Sieberg gehört. "Ich war schon mit meiner älteren Schwester hier, als ich 15 Jahre alt war. Wir haben viele schöne Stunden erlebt. Hier traf man früher die jungen Bauern", erinnert sie sich lächelnd zurück. In welchem Lokal sie sich demnächst treffen wird, konnten die Frauen nicht sagen. "Einen Plan B gibt es noch nicht", sagt Irmhild Sieberg traurig.

Tief verwurzelt mit der Gaststätte Hager ist auch der MGV "Liederkranz" Grünestraße, der sich 1891 in Röttgen gründete und wenig später die Gaststätte Hager als seinen Probenort auserkoren hatte. "Der Chor probt noch heute hier und wird das auch nach der Schließung tun - dann allerdings mit Selbstversorgung", erklärt Ulla Hager. Mit den Sängern habe man gemeinsam viele schöne "Hickstümper" Sommerfeste in der Scheune gefeiert. Auch das Pfingsteiersingen gehört zur Tradition des Chors und der Wirtschaft an der Grünestraße, auch Hickstump genannt. Der Begriff Hickstump(f) bedeutet Ziegenschwanz, weshalb das Hinterteil das "Hauswappen" ziert.

Auch die Jagdhornbläser trafen sich zwölf Jahre lang bei Hagers. "Dienstagabend haben sie dann immer auf dem Hof geblasen. Das war sehr schön und gefiel auch den Nachbarn", erinnern sich die Schwestern.

Inge und Ulla Hager sind emotional sehr gerührt, wenn ihnen die Gäste zum Abschied Geschenke mitbringen. "Wir hatten ein hartes, aber schönes Leben und viele treue, nette Stammgäste", versichert Ulla Hager. Die Frauen sind mit der Gastwirtschaft groß geworden. Ihre Mutter Berta Hager führte die Wirtschaft mit drei kleinen Kindern (damals zwei, vier und sechs Jahre) unter schweren Bedingungen weiter, nachdem ihr Ehemann Alfred kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs durch einen Bombensplitter starb, der durch die Haustür der Wirtschaft gedrungen war (s. Info-Kasten). Später übernahm ihr Sohn Rolf Dieter die Bewirtung der Gäste, bevor Ulla Hager nach dessen Tod die Nachfolge antrat.

Ihre Schwester Inge arbeitete bis zum Rentenalter in der Personalabteilung der Firma Barmag in Lennep und half nach Feierabend und am Wochenende in der Gaststätte mit. Seit 17 Jahren ist sie Rentnerin. "Der ,Hickstump' ist unser Leben", sagen beide übereinstimmend. Zurückziehen wollen sich die jung gebliebenen Frauen jedoch nicht. "Wir werden weiterhin verreisen, viel wandern, an kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen teilnehmen und auch das große Anwesen weiter pflegen", sagen sie. Ulla Hager hat sich zudem dem Bergischen Geschichtsverein (BGV) angeschlossen.

Die Gasträume wollen die Geschwister in Zukunft privat nutzen und sich dorthin auch Freunde und liebgewonnene Gäste einladen. Eine Verpachtung der urigen Gasträume hat das Geschwisterpaar nicht in Betracht gezogen. "Der Tourismus hat sich Richtung Innenstadt zum Radweg und zur Vorsperre verlagert. Außerdem haben junge Leute heute andere Interessen, als in eine Gaststätte zu gehen", sprechen sie aus Erfahrung. Dass jetzt so kurz vor der Schließung der Terminkalender voll ist, freut die Hückeswagenerinnen. "Es ist schön, zu sehen, dass man uns nicht vergessen hat", sagt Ulla Hager, dankbar über so viel Treue.

(heka)
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