Hückeswagen "Forstwirtschaftliches Erdbeben"

Hückeswagen · Das Forstamt stellt ab 2019 die Holzvermarktung ein. Waldbesitzer müssen sich selbst um den Verkauf kümmern.

Hückeswagen: "Forstwirtschaftliches Erdbeben"
Foto: Preuß

Schlechte Nachrichten für die Waldbesitzer im Oberbergischen: Das Regionalforstamt Bergisches Land wird sich in Zukunft nicht mehr um die Vermarktung des privaten Holzbestandes kümmern (dürfen). Das hat die Landesregierung jetzt mitgeteilt. Bedeutet: Die Waldbesitzer und Forstbetriebsgemeinschaften müssen sich ab 1. Januar 2019 selbst um den Verkauf ihres Holzes kümmern. Harald Keller, der bisher die Vermarktung beim Landesbetrieb betreut, nennt das ein "forstwirtschaftliches Erdbeben".

Der eigenständige Holzverkauf ist für die Waldbesitzer, die oft nur über kleine Flächen verfügen, so gut wie unmöglich. Es muss eine Lösung her. Denn das Forstamt würde das Holz gerne weiter vermarkten - darf aber nicht. Grund dafür ist ein Kartellverfahren aus dem Jahr 2002. Damals hatten sich in Baden-Württemberg einige Sägewerk-Verbände beschwert, weil das Land Holz aus Staats- und Privatwäldern gemeinsam vermarktete. "Es hieß: ,Damit bindet ihr eine zu große Marktmacht'. Dieser Ansicht ist das Bundeskartellamt gefolgt", erklärt Kay Boenig, Leiter des Regionalforstamts Bergisches Land. In einem ersten Schritt wurden deshalb die Gebühren angehoben, doch das reichte nicht. Dem abzusehenden Vermarktungsverbot kam die Landesregierung nun zuvor.

Eine Nachricht, die bei den Waldbesitzern auf wenig Gegenliebe stößt. "Für uns ist das alleine gar nicht zu stemmen", sagt Wolfgang Felbeck, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Hückeswagen. Er und der restliche Vorstand engagiert sich rein ehrenamtlich. "Der Holzverkauf ist sehr aufwendig. Als Ehrenamtler ist das nicht zu bewältigen", sagt Felbeck. Neben dem organisatorischen Aufwand hat das auch noch einen anderen einfachen Grund. "Wir hier im Bergischen sind ein Epizentrum des Kleinst-Privatwaldes. Mit so wenig Holz haben die einzelnen Forstbetriebsgemeinschaften kaum eine Chance, überhaupt in den Markt einzusteigen", erklärt Harald Keller.

Beim Regionalforstamt sieht man weitere negative Auswirkungen - auch für die Umwelt. "Nach Stürmen wie ,Friederike' liegen viele umgestürzte Bäume im Wald. Damit die Besitzer Geld haben, diesen wieder vernünftig aufzuforsten, muss das Holz verkauft werden", sagt Keller. Wenn diese Möglichkeit zukünftig fehlt, gehe das auch zulasten der bislang sehr gepflegten und gesunden Wälder. "Es ist wichtig den Ist-Zustand zu erhalten. Wir sind auf das Holz als nachwachsenden, sehr umweltfreundlichen Rohstoff angewiesen", sagt Boenig.

Auch auf Seiten der Sägewerker bereut man die Beschwerde von vor mehr als 15 Jahren mittlerweile - vermutet man zumindest bei den Forstämtern. "Es könnte durch die kleineren Mengen zwar zu einem Preisdiktat der Sägeindustrie kommen, die Unternehmen haben aber auch einen großen Nachteil", sagt Boenig. Denn die Industrie bekommt das Holz dann nicht mehr gebündelt angeboten, hat also mehr Aufwand und Kosten bei der Beschaffung. "Außerdem ist die Versorgungssicherheit natürlich nicht mehr so hoch", ergänzt Keller.

Eine mögliche Lösung: Der Aufbau einer privaten Dachorganisation, die die Vermarktung für alle Forstbetriebsgemeinschaften übernimmt. Bestrebungen, diese "Forstwirtschaftliche Vereinigung Bergisches Land " zu gründen, gibt es bereits. Zehn von 44 Forstbetriebsgemeinschaften haben sich schon zusammengetan. "Es kann sich jeder anschließen", sagt Keller, der den Aufbau unterstützt. Hilfe zugesichert hat auch der Oberbergische Kreis - und zwar in Form einer Anschubfinanzierung und durch eine Abordnung von Fachpersonal aus der eigenen Verwaltung. "Je mehr Forstbetriebsgemeinschaften sich anschließen, desto wahrscheinlicher ist, dass das Unterfangen klappt und für alle Beteiligten ein Erfolg wird", sagt Boenig. Ob Hückeswagen dabei ist, ist offen. "Wir beraten noch, wie es weitergeht. Fest steht: Wir müssen uns mit irgendjemandem zusammentun, um das Holz weiter verkauft zu bekommen", sagt Felbeck.

(kron)
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