Hückeswagen Expertin fordert neue attraktive Wohnungen für Hückeswagen

Hückeswagen · Geht es nach Petra Heising vom Gutachterbüro Empirica, müsste die Stadt jetzt schnell Bauland ausweisen, damit viele Wohneinheiten errichtet werden.

 In Hambüchen könnte in einigen Jahren ein Neubaugebiet entstehen. Links ist das Wohngebiet "Weierbachblick" zu sehen.

In Hambüchen könnte in einigen Jahren ein Neubaugebiet entstehen. Links ist das Wohngebiet "Weierbachblick" zu sehen.

Foto: Stephan Büllesbach

So groß wie 70 Fußballplätze müssten die Flächen für Neubaugebiete in Hückeswagen, Wipperfürth und Radevormwald sein, die die dortigen Stadtverwaltungen nach Meinung von Petra Heising "sehr kurzfristig" - das heißt, bis 2020 - ausweisen sollten. Bis 2030 sollte es etwa das Dreifache sein. Denn nur so könne ein weiteres Abwandern der Menschen aus dem Teilraum Nord des Oberbergischen Kreises verhindert werden, sagte die Diplom-Volkswirtin.

In der Sitzung des Planungsausschusses stellte sie die Ergebnisse der Wohnraumbedarfsanalyse für die drei Städte vor. Die 144 Seiten starke Studie hatten die Sparkassen im Oberbergischen, darunter auch die Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen, in Auftrag gegeben. Heising präsentierte im Ausschuss nur den deutlich kleineren Part über den Teilbereich Nord, der für die Hückeswagener Politiker auch am relevantesten ist.

Als Grundlage für ihre Analyse sahen sich die Bonner Forscher einerseits die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt seit 2000 an und erstellten Prognoseszenarien für den Zeitraum bis 2030. Darauf abbauend werden Empfehlungen für die Zukunft ausgesprochen, wie auf die jeweiligen Entwicklungen reagiert werden kann und sollte.

Die Mitarbeiter von Empirica haben festgestellt, dass im oberbergischen Norden - im Gegensatz zur Mitte und zum Süden - seit Beginn des 21. Jahrhunderts zu wenig Wohnraum angeboten worden ist. Daher hätten sich viele in den beiden anderen Teilräumen Oberbergs, aber auch in anderen Teilen des Bergischen Lands angesiedelt. Dazu kommt ein hoher Sterbeüberschuss. "Den werden Sie bis 2030 auch nicht mehr wegbekommen", sagte Heising. "Es gibt hier nicht so viele junge Mütter, die entsprechend viele Kinder bekommen könnten." Sie ließ zwar durchblicken, dass durch die Zuweisung von Flüchtlingen, die in der Regel jung seien, die Diskrepanz zwischen Geburten und Sterbefällen geringer werden wird. Aber auch das reiche letztlich nicht aus, dem Schrumpfen der Bevölkerung Einhalt zu gebieten. Was also tun? Die Diplom-Volkswirtin: "Sie müssen die Babyboomer aus ihren Häusern herausbekommen." Die Menschen der Geburtsjahrgänge aus den 1960er Jahren stellten zurzeit, aber auch in zwölf Jahren, die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe im Oberbergischen. Deren Kinder würden jetzt studieren oder seien in der Ausbildung. In wenigen Jahren aber stünden sie vor der Entscheidung, wo sie mit ihren Familien leben wollen - und ob sie vielleicht wieder in ihre Heimat zurückkehren. Doch wenn die Eltern immer noch in ihrem Häuschen lebten, würden sich ihre Kinder woanders umschauen.

Sie riet der Stadtverwaltung daher, zuzusehen, dass attraktive Neubauwohnungen entstünden. Nur das würde die Babyboomer momentan und in den nächsten Jahren dazu veranlassen, sich vom Eigenheim zu verabschieden. In den dann frei werdenden Altbestand könnten junge Familien nachrücken.

Bürgermeister Dietmar Persian nahm die Anregungen wohlwollend auf, machte aber auch das Dilemma der Stadt deutlich: Die sei ständig in Gesprächen mit Eigentümern von Flächen, die sie sich als Wohngebiet vorstellen kann. "Aber wenn jemand sagt, ich will meine Wiese behalten und ich brauche kein Geld, dann sind uns die Hände gebunden." Dennoch wolle die Stadt weiterhin versuchen, Flächen anzukaufen. Das ist nach Auffassung von Jörg von Polheim auch dringend notwendig. So geht der FDP-Politiker mit Blick auf die Wohnraumbedarfsanalyse für den oberbergischen Norden davon aus, dass in den kommenden zwölf Jahren etwa 500 Wohneinheiten gebaut werden müssten: "Deshalb müssen wir jetzt Gas geben. Warten ist keine Option mehr."

Problematisch ist aber auch der Altbestand. Petra Heising geht davon aus, dass bis 2030 allein in Hückeswagen, Wipperfürth und Radevormwald bis zu 3000 Wohnungen leer stehen werden. Das werden in erster Linie diejenigen sein, die schlecht gelegen oder schlecht gepflegt sind. "Demografisch haben Sie schon jetzt mehr Häuser, als Sie später brauchen werden", betonte die Expertin.

Die Analyse in Kurzform für den Teilraum Nord ist online unter www.sparkasse-radevormwald.de zu finden.

(büba)
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