Hückeswagen "Endlich erwachsen" im Wandel der Zeit

Hückeswagen · Das Jahrtausend wird volljährig. Was Volljährigkeit bedeutet und wie der Übergang ins Erwachsenendasein früher erlebt wurde, erzählt der 80-jährige Hückeswagener Werner Ide. Dass die Volljährigkeit heute mit 18 beginnt, findet er richtig.

Werner Ide mit einem Foto als Soldat bei der Luftwaffe.

Werner Ide mit einem Foto als Soldat bei der Luftwaffe.

Foto: karsten

Wenn Werner Ide an seine Kindheit, Jugend und die Zeit seiner Volljährigkeit zurückdenkt, fallen ihm viele Kriegsszenen, aber auch lustige Begebenheiten und Streiche ein. Aufgewachsen in Meerbusch-Osterath am Niederrhein wurde er 1944 eingeschult. "Es gab oft Bombenalarm, und wir wurden teilweise von der Lehrerin zu Hause unterrichtet", erinnert sich der 80-jährige Hückeswagener. Trotz der Bilder von zerbombten Häusern in der Nachbarschaft, erfassten die Kinder kaum den Ernst der Situation. "Wir haben das nicht so empfunden und kannten keine Angst", sagt Werner Ide, der gesehen hat, wie sein Bruder beschossen wurde und ein Munitionsbunker in der Nähe getroffen wurde und dann explosionsartig in die Luft geflogen war. Genauso gut ist ihm in Erinnerung geblieben, wie die Amerikaner mit Panzern in die Stadt eingefahren kamen und den Kindern Schokolade zuwarfen.

"Wir spielten auch oft Schellemännekes (Klingelmäuschen) oder bauten im Winter vorher einen Schneemann direkt vor die Haustür der Nachbarin", erinnert er sich an die vielen Streiche. Mit 18 Jahren machte Werner Ide seinen Führerschein. Sein erster Wagen war ein alter Lloyd. "Ein uraltes Ding. Ich habe mehr drunter gelegen, als ich damit gefahren bin", berichtet er und lacht.

Ein Vorfall im Straßenverkehr wird der 80-Jährige nie vergessen: "Ich kam gerade vom Frühshoppen und sollte meine Schwiegermutter nach Velbert bringen", erzählt er. Durch einen Eisregen waren die Scheiben gefroren. Werner Ide kratzte nur kleine Sehschlitze in das Eis der Windschutzscheibe. "Dadurch habe ich nicht gesehen, dass die Bahnschranke geschlossen wurde. Ich habe die Schranke bis zur zweiten Schienenbahn mitgenommen", erinnert er sich. Der Bahnhofsvorsteher kam herausgelaufen und hatte die Schranke wieder gerade gebogen. Vom "Dorfsheriff", dem einzigen Polizisten der Stadt, gab es lediglich eine Verwarnung. "Und das, obwohl ich ordentlich gebechert hatte", fügt Ide hinzu. In der heutigen Zeit wäre so etwas undenkbar. Heute gilt für Werner Ide das Motto: "Wenn getrunken wird, wird nicht gefahren!"

Für den Führerschein reichten damals sechs Fahrstunden durch die Innenstadt. "Es gab ja auch kaum Autos und nur drei Automarken auf den Straßen - VW, Opel und Ford." Heute sind für den Führerschein der Klasse B zwölf Theoriestunden Pflicht. Hinzu kommen drei Stunden Nachtfahrt, vier Stunden Autobahnfahrt und fünf Stunden Überlandfahrt. Das Begleitete Fahren ab 17 Jahre hat der Hückeswagener bei seinen eigenen Enkelkindern miterlebt. "Das ist eine gute Sache", ist er überzeugt. Volljährig war man zu der damaligen Zeit jedoch erst mit 21 Jahren. Seine Volljährigkeit erlebte Werner Ide 1958 und 1959 bei der Bundeswehr. Bei der Bundesluftwaffe hatte er die 60 Schulflugzeuge gewartet. Ein Erlebnis war es für ihn, bei den Schulflügen (einschließlich Loopings) mitfliegen zu dürfen.

Auch vom Wahlrecht machte er ab dieser Zeit Gebrauch. Erst am 22. März 1974 beschloss der Bundestag, die Altersgrenze zur Volljährigkeit von 21 auf 18 Jahre herabzusetzen. Werner Ide findet das gut. "Die jungen Leute haben eine gewisse Schulbildung, so dass sie auch mit 18 reif genug sind zu wählen", ist er überzeugt.

Ob es die Jugend früher oder heute auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben einfacher hat, kann der 80-Jährige nicht sagen. "Unsere Enkelkinder haben es heute schwer. Wir hatten es früher anders schwer", lautet sein Fazit.

(heka)
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