Hückeswagen Drogenabhängiger (37) hat nur noch die Wahl zwischen Haft oder Therapie

Hückeswagen · Wie Jahre des Drogenkonsums aus einem Menschen ein Wrack machen können, zeigte sich jetzt einmal mehr am Amtsgericht in Wipperfürth. Vor dem Richter saß ein mit 37 Jahren noch vergleichsweise junger Angeklagter: vor der Zeit gealtert, seit langem nicht mehr arbeitsfähig und lebensbedrohlich erkrankt. Seine schwere Abhängigkeit von Heroin hat ihn immer wieder zu Straftaten getrieben und mehrfach ins Gefängnis gebracht. Danach ging alles wieder von vorne los: Der Suchtdruck war stärker als der Wille, nie wieder hinter Gitter zu kommen.

So war's auch bei der Tat, die dem Mann diesmal zur Last gelegt wurde: schwerer Diebstahl. An einem Tag im April vorigen Jahres hatte der Hückeswagener in einem Wiehagener Mehrfamilienhaus einen Kellerraum aufgebrochen und daraus Werkzeug gestohlen. Ein Bewohner, der ihn für einen Besucher anderer Mieter hielt, hatte ihm zuvor arglos die Haustür geöffnet. Dann aber hatte er Bedenken wegen des Unbekannten bekommen, im Keller das aufgebrochene Schloss entdeckt und den 37-Jährigen bis zu dessen nahe gelegener Wohnung verfolgt. Er rief die Polizei, die wenig später das Diebesgut sicherstellte.

"Natürlich gebe ich das zu", sagte der 37-Jährige nun gleich zu Beginn der Verhandlung. Das gestohlene Werkzeug habe er verkaufen wollen, weil er auf Entzug gewesen sei und dringend Geld für Heroin gebraucht habe. Dass er damals noch wegen einer früheren Straftat unter Bewährung stand, hatte ihn zu diesem Zeitpunkt nicht mehr interessiert: "Ich brauchte irgendwas, was ich verhökern konnte, um an Stoff zu kommen."

Bis zum Tag der Verhandlung hat sich jedoch einiges bei ihm geändert: In der Folge des langen Drogenmissbrauchs erkrankte er an einer schweren Thrombose und einer Lungenembolie. Im Krankenhaus, aus dem er erst wenige Tage vor dem Prozess entlassen worden war, hatten die Ärzte um sein Leben gerungen. "Heute ist alles anders. Ich will nicht mehr, und ich kann auch nicht mehr. Ich bin jetzt bereit zu einer Therapie", sagte der Hückeswagener. Der für ihn bestellte Pflichtverteidiger bat um diese "letzte Chance" für den Angeklagten. Bisher hatte er Therapien immer abgelehnt und auch den Kontakt zu seinem Bewährungshelfer abgebrochen. "Aber jetzt bin ich dem Tod so eben von der Schüppe gesprungen, ich will endlich weg von den Drogen", sagte er spürbar verzweifelt.

Das Urteil: Sechs Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Dazu stellte der Richter fest, dass der Hückeswagener die Straftat unter dem Einfluss seiner Drogenabhängigkeit begangen hatte. Mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft könnte das bedeuten, dass der 37-Jährige in die stationäre Therapie geht statt erneut ins Gefängnis. "Alles Weitere liegt bei Ihnen - nutzen Sie diese letzte Chance", gab der Richter dem Mann mit auf den Weg. Eine Alternative zu Haft oder Therapie sehe er nicht mehr: "Sie haben von unterschiedlichen Gerichten genug Ansagen dazu bekommen, jetzt kann man Sie nicht mehr guten Gewissens auf die Straße lassen." Der Hückeswagener nahm das Urteil an.

(bn)
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