Der heißeste Tag Arbeiten zwischen minus 18 und 160 Grad

Hückeswagen · Hückeswagen stöhnte am Dienstag am heißesten Tag des Jahres. Bei Temperaturen von mehr als 35 Grad im Schatten war jeder Schritt, jede Bewegung anstrengend. An den Arbeitsplätzen herrschten mitunter die Extreme.

 Schlossbäckerei Lehmann: Brot frisch aus dem Ofen

Schlossbäckerei Lehmann: Brot frisch aus dem Ofen

Foto: RP/Christian Albustin

Es ist erst 10 Uhr, aber das Thermometer zeigt bereits mehr als 30 Grad – und das nicht am Mittelmeer, sondern im Bergischen! Die Sonne scheint am wolkenlosen Himmel. Eigentlich ein herrlicher Sommertag. Wenn es nicht schon seit Juni ununterbrochen warm und trocken wäre. Hitzefrei gibt es für Arbeitnehmer nicht, auch wenn der Schweiß läuft. Wie schön wäre es, sich zwischendurch so richtig abkühlen zu können? Bei minus 18 Grad zum Beispiel.

Was utopisch klingt, ist für die Mitarbeiter der Metzgerei Kriegel ganz normal. Im Winter und im Sommer führt sie ihre Arbeit mehrmals am Tag ins Gefrierkühlhaus an der Waidmarktstraße. Uwe Kriegel legt den Hebel an der Tür um und eröffnet den Blick auf einen Raum, der kaum breiter ist als der Eingang. „Bei diesen Temperaturen muss man immer darauf achten, dass alle Türen gut verschlossen sind“, betont der Chef. In der Mitte des Kühlraums führt ein schmaler Gang an Regalen und roten Fleischerkisten vorbei. Vor Kopf rauscht laut das Gebläse und pustet minus 18 Grad kalte Luft Richtung Tür. „Für eine kurze Zeit ist das entspannend. Aber man muss aufpassen, dass man sich nicht erkältet“, sagt Simone Kriegel, die ein paar Meter weiter die Schnitzel für die warme Theke brät.

 Metzgerei Kriegel: Temperaturen im Gefrierkühlhaus.

Metzgerei Kriegel: Temperaturen im Gefrierkühlhaus.

Foto: RP/Christian Albustin

Die hohen Temperaturen machten sich aber nicht nur bei der Arbeit in der Metzgerei bemerkbar, auch auf dem Wochenmarkt gebe es Einschränkungen. „Manche Händler können nur bis 12 Uhr bleiben, danach schaffen die Kühlungen der Verkaufswagen das nicht mehr“, erklärt Uwe Kriegel.

Ein paar Meter weiter die Islandstraße hinauf wartet das nächste Extrem: die Backstube der „Schlossbäckerei“ Lehmann. Das Thermometer am traditionellen Steinofen, der mit Holz befeuert wird, zeigt 220 Grad. Bäcker Nils Möller öffnet die gusseiserne Luke und holt zusammen mit einem Schwall heißer Luft einen frisch gebackenen Laib Brot aus dem Ofen. Das Infrarotthermometer zeigt 160 Grad auf der Brotoberfläche.

 Temperatur der Schindeln am Dach der Pauluskirche

Temperatur der Schindeln am Dach der Pauluskirche

Foto: RP/Christian Albustin

„Die Hitze geht mir schon langsam auf den Keks“, stöhnt der 24-Jährige, dem die Schweißtropfen auf der Stirn stehen. An die hohen Temperaturen am Ofen habe er sich aber gewöhnt, das gehöre zur Arbeit als Bäcker eben dazu. Möller zuckt leicht mit den Schultern und sagt: „Man entwickelt eine Art Hitzeresistenz.“ Befeuert wird der Ofen ab 5 Uhr für etwa zwei bis drei Stunden. Von halb acht bis halb elf wird gebacken. Ein Brot braucht etwa eine Stunde. An normalen Tagen kühle der Ofen gar nicht ganz aus bis zum nächsten Morgen, bei den jetzigen Temperaturen erst recht nicht. „Heiß, aber machbar“, stellt Möller fest.

Wo andere ihre Schicht noch vor sich haben, räumt Christoph Klein schon beim auf. Seine Gerüstbaufirma hat das Gerüst um die Pauluskirche aufgebaut, deren Dach wird neu gedeckt. „Bei den Temperaturen geht natürlich alles etwas langsamer, darum fangen wir im Sommer um 6 Uhr an“, erklärt Klein. Die Schindeln des Kirchendachs, die in der Sonne liegen, haben mehr als 50 Grad. Begonnen haben er und seine zwei Mitarbeiter daher auf der Sonnenseite, bevor es dort zu warm wird. Jetzt gerade sind sie auf der Schattenseite der Kirche zugange. „Im Sommer ist das kein Spaß, mir reichen auch 25 Grad zum Arbeiten“, gesteht Klein. Auf die Frage, was nun besser sei, Sommer oder Winter, sagt der Gerüstbauer abwägend: „Im Winter kann es schnell gefährlich werden, wenn es auf dem Gerüst gefriert. Im Sommer muss jeder nach eigenem Ermessen trinken und pausieren.“ Demnächst, wenn die Dachdecker fertig sind, kann Klein das Gerüst wieder abbauen. Bis dahin geht sein Temperaturwunsch vielleicht in Erfüllung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort