Nahles-Rücktritt „Die SPD braucht wieder ein klares Profil“

Hückeswagen · Drei Ratsmitglieder äußern sich zum Zustand ihrer Partei nach dem Rücktritt der Bundesvorsitzenden.

 Sind unzufrieden mit dem Zustand ihrer (Bundes-)Partei: die SPD-Ratsmitglieder Hans-Jürgen Grasemann (l.), Horst Fink und Regine Gembler.

Sind unzufrieden mit dem Zustand ihrer (Bundes-)Partei: die SPD-Ratsmitglieder Hans-Jürgen Grasemann (l.), Horst Fink und Regine Gembler.

Foto: Dörner, Hans (hdo)

Horst Fink war am Sonntag an der Lahn unterwegs, als ihn die Nachricht vom Rücktritt Andrea Nahles’ vom Bundes- und Fraktionsvorsitz ereilte. „Das war schon ein Knaller“, sagt der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins auf Anfrage unserer Redaktion. Auch wenn absehbar gewesen sei, dass spätestens beim Bundesparteitag im November Konsequenzen hätten gezogen werden müssen. „Es ist gut, dass das jetzt so schnell passiert ist“, meint Fink. „Sonst hätte sich das noch länger hingezogen, und das wäre nicht besser geworden.“ Er geht davon aus, dass der Bundesparteitag vorgezogen wird – vielleicht auf September. „Es würde mich freuen, wenn alle Genossinnen und Genossen bei der Entscheidungsfindung, wer die Partei nun führen soll, mit einbezogen würden“, betont der Ortsvorsitzende, der auch im Rat sitzt. Die Basis müsse unbedingt mitgenommen werden.

An der Arbeit in der großen Koalition sollte jedoch nicht gerüttelt werden, sagt Fink. Allerdings müsse die SPD, die ein gutes Programm für die Europawahl gehabt habe, endlich ein klares Profil zeigen. „Wir brauchen klare Aussagen“, fordert er. So könne es nicht sein, dass die Forderung nach der Besteuerung von Google laut werde, Finanzminister Olaf Scholz von der SPD aber tags darauf sagen würde, dass das nicht richtig sei. Oder dass die CDU die Umweltministerin, die der SPD angehört, nicht ernst nehme.

Für Fraktionschef Hans-Jürgen Grasemann steht derweil fest: „Wer die Hitze nicht vertragen kann, sollte nicht in die Küche gehen.“ Er kritisiert seine prominente Parteifreundin, dass sie sich wegducken würde, statt weiterzumachen. „Wobei das Verhalten einiger Kollegen schon mehr als unverschämt war“, sagt Grasemann in Bezug auf das parteiinterne Störfeuer. Die SPD mache eine gute Politik, ist er überzeugt. Doch sie diskreditiere sich durch das Verhalten der Führungsmannschaft, „und wir als Ortsverein kriegen das dann voll ab“. Jetzt in der Talsohle müsse die Partei die Zähne zusammenbeißen und weitermachen.

Grasemann hat zwei Favoriten für den Parteivorsitz: Finanzminister Olaf Scholz, der aber schon eine Kandidatur ausgeschlossen hat, und Nahles Vorgänger als Chef der Bundestagsfraktion Thomas Oppermann. Es sei aber schwierig, einen Nachfolger zu finden, glaubt er. „Uns fehlen die richtig guten Leute“, konstatiert er.

So sieht es auch Regine Gembler, einzige SPD-Frau im Stadtrat. „Im Moment habe ich keine Idee, wer’s machen könnte“, gibt sie zu. „Da sehe ich kein Licht am Horizont.“ Dann kommt ihr aber doch noch ein Gedanke: „Vielleicht muss mal jemand ganz Neues, Unverbrauchtes ran. Ein Querdenker“, sagt sie. „,Weiter so’ machen wir seit Jahren – und fallen und fallen.“

Dabei hält Regine Gembler Andrea Nahles für eine gute Vollblutpolitikerin. „Sie konnte sich aber einfach nicht gut verkaufen“, sagt sie. Ihr Rücktritt ist für die Hückeswagenerin dennoch „sehr bedauerlich“. Das Fatale sei jetzt, dass sich die Partei wieder mit sich selbst beschäftige, anstatt gute Sozial- oder Klimapolitik zu betreiben.

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