Hückeswagen "Deutschland wird Weltmeister"

Hückeswagen · Im Vorfeld der Fußball-WM der Frauen in Deutschland, die am kommenden Sonntag beginnt, sprach die BM mit Manuela Goller. Die Landwirtin ausWipperfürth-Egen kennt sich aus: Sie wurde 1995 Fußball-Europameisterin.

 Wurde 1995 Europameister: Manuela Goller

Wurde 1995 Europameister: Manuela Goller

Foto: D�rner, Hans (hdo)

Mit grünem Rasen haben sie heute immer noch zu tun — allerdings beruflich als Landwirtin. Wann haben Sie das letzte Mal gekickt?

Voriges Jahr. In einem Frauenteam während der Sportwoche in Egen.

Haben Sie nach Ihrer aktiven Zeit in der Bundesliga überhaupt noch gespielt?

Ich habe noch eine Zeit lang einmal die Woche mit den Alten Herren trainiert — im Egener Waldstadion (lacht).

Im Tor?

Nein, nach meiner aktiven Zeit habe ich nicht mehr im Tor gestanden, sondern nur noch im Feld gespielt.

Nur noch vier Tage bis zur Eröffnung der Frauen-Fußball-WM in Deutschland? Juckt's da nicht in den Füßen?

Natürlich! Vor allem ist es schön zu sehen, dass der Frauen-Fußball jetzt angenommen wird. Das sieht man ja schon daran, dass massiv Werbung betrieben wird. Das gab's damals zu meiner aktiven Zeit so nicht.

Wären Sie gerne ein Werbeträger wie die aktuellen Nationalspielerinnen Lira Bajramaj, Alexandra Popp oder Nadine Angerer gewesen?

(lacht) Nee, ich bin da eher der zurückhaltende Typ.

Aber wäre das finanziell nicht interessant gewesen?

Mag sein. Aber wir haben damals wegen des Fußballs gespielt und nicht wegen des Geldes. Wir haben uns nicht vermarktet.

Aber gehört heutzutage die Vermarktung denn nicht zum Fußballgeschäft dazu?

Natürlich gehört sie dazu. Vielleicht wäre ich damals auch da hinein gewachsen. Aber wir haben fast keine Interviews gegeben und hatten auch niemanden, der uns für solche Anlässe gecoacht hätte. Wir wussten ja nicht, wie wir uns verhalten sollten. Manchmal mussten wir nach dem Spiel 'was ins Mikrofon sage, und dann haben wir uns vielleicht 'was zusammengestammelt. . . (lacht)

Der Frauenfußball, scheint's, war in den 90ern offenbar noch sehr amateuerhaft.

Ja, das stimmt.

Was hat sich seitdem verändert?

Die Erfolge sind jetzt da. Und damit steht der DFB unter Druck, die auch publik zu machen. Zudem haben wir uns um die WM beworben. Jetzt ist deutlich zu sehen, dass der Frauenfußball nicht nur geduldet wird, sondern auch akzeptiert ist.

Es hat aber doch auch zu Ihrer Zeit schon Fußballerinnen gegeben, die zumindest teilweise von ihrem Sport leben konnten.

Es gab vereinzelte Spielerinnen wie Bettina Wiegmann (vierfache Europameisterin und Weltmeisterin von 2003, Anm. d. Red.), die eine Zeit lang in den USA gespielt hat. Sie waren Deutsche Meisterin und Pokalsiegerin, Europameisterin und Olympia-Fünfte.

Haben Sie auf diese Erfolge schon als Kind hingearbeitet?

Eigentlich nicht; das kam so. Ich habe Ende der 80er Jahre in Bergisch Gladbach in der zweiten Mannschaft gespielt, weil ich dort ein paar Leute kannte. Dann sollte ich in der Ersten spielen, wollte das aber gar nicht. '89 bin ich zum ersten Mal Deutsche Meisterin geworden — allerdings auf der Ersatzbank. Dann hatte ich die Luft geschnuppert und wollte mehr.

Haben Sie als Kind denn schon als Torhüterin angefangen?

Zuerst war ich Stürmerin, Linksaußen. Dann hat sich der Torwart verletzt und ich bin ins Tor gegangen — und dann nicht mehr rausgekommen.

Wie sind Sie überhaupt zum Fußball gekommen?

Durch die Familie und das Dorf. Hier haben alle Fußball gespielt.

Haben die Jungs Sie damals akzeptiert?

(lacht) Ohne uns fünf Mädels in der Mannschaft wären die doch nichts gewesen! Ohne uns haben die immer verloren. Sie sind jetzt 40. Bei den Männern sind Torhüter dann im besten Fußballer-Alter; siehe Jens Lehmann.

Würden Sie nicht noch heute gerne im Tor eines Bundesligisten stehen?

Nee, da sind die körperlichen Defizite zu groß. Ich habe mit 28 Jahren aufgehört; bei Frauen ist das das beste Torwartalter. Außerdem muss es ja hier auf dem Hof weitergehen. Bei uns stand eben der Beruf im Vordergrund und nicht der Fußball.

Warum hat es der Frauenfußball so schwer, sich endgültig durchzusetzen? Denn Zuschauer bei Bundesligaspielen sind ja immer noch Mangelware.

(wird nachdenklich) Da fehlen die Sponsoren in der Bundesliga, die den Sport attraktiv finden und die Vereine unterstützen. Von den Werbeeinnahmen profitiert nur eine Handvoll Mannschaften.

Was müsste passieren, damit der Frauenfußball eine ähnliche Bedeutung bekommen könnte wie der Männersport?

Ich glaube nicht, dass der Frauenfußball jemals eine solche Bedeutung bekommen wird. Er wird mehr akzeptiert werden, das ja. Aber die Stadien werden auch zukünftig nicht mal halbvoll werden.

Auch nicht, wenn Deutschland eine erfolgreiche WM spielen wird?

Ich glaube auch nicht, dass wir hier einen Basketball-Boom erhalten, obwohl Dirk Nowitzki Meister in den USA geworden ist.

Werden Sie sich Spiele der WM ansehen? Haben Sie als Landwirtin überhaupt Zeit dazu?

Wenn es zeitlich passt, gucke ich mir ein paar Spiele an.

Was könnte Sie daran hindern?

Die Arbeit. Am Wochenende geht's mit der Ernte los. Da muss ich gucken, dass die Trecker hin und her fahren. Aber die Spiele am Abend könnten vielleicht drin sein.

Also müssen Sie auf das Auftaktspiel der Deutschen verzichten? Das wird am Sonntag um 18 Uhr angepfiffen.

Das werde ich wohl nicht sehen können. Die WM-Stadien in Leverkusen und Bochum sind nicht weit weg — reizt es Sie nicht, ein WM-Spiel live zu verfolgen? Goller Das hätte ich gerne gemacht, aber durch den Beruf kann ich halt nicht planen. Ich hatte auch eine Einladung für das Eröffnungsspiel in Berlin. Aber ich kann nunmal nicht spontan weg.

Wo sehen Sie den deutschen Frauenfußball in zehn Jahren? Wird es eine Profiliga ähnlich der Männer-Bundesliga geben?

(denkt lange nach) Er wird sich weiterentwickelt haben, aber sonst wird er ähnlich sein wie heute. Es gibt dann bestimmt auch mehr Profispielerinnen, die von dem Sport leben können. Schön wäre es, wenn nicht nur eine Handvoll Teams in der Bundesliga guten Fußball spielen würden, sondern alle.

Wer wird Weltmeister?

Deutschland!

Was macht Sie da so sicher?

Weil sich die Mannschaft momentan nur selber schlagen kann. Stephan Büllesbach führte das Interview.

(rl)
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