Hückeswagen Der Kampf um die Entscheidungshoheit

Hückeswagen · Bis zur Wahl des neuen Bürgermeisters am 23. März stellt die BM beiden Bewerbern jede Woche eine Frage zu Hückeswagener Themen. Heute: Können Sie den städtischen Haushalt aus seiner Schieflage führen, ohne Steuern zu erhöhen?

 Die Rücklagen der Stadt sinken seit Jahren. Zudem sind die Einnahmen fast durchgehend geringer als die Ausgaben. 2010 schlugen die Drohverluste aus den Swaps kräftig zu Buche, ein Jahr später konnte die Hälfte wieder ausgebucht werden.

Die Rücklagen der Stadt sinken seit Jahren. Zudem sind die Einnahmen fast durchgehend geringer als die Ausgaben. 2010 schlugen die Drohverluste aus den Swaps kräftig zu Buche, ein Jahr später konnte die Hälfte wieder ausgebucht werden.

Foto: Grafik: dpa/Foto: Hans Dörner

Wenn sich die Ratsmehrheit am 11. März nicht gegen Kämmerer Bernd Müller und sein Team stellt, werden die Hückeswagener ab 2015 eine dicke Kröte schlucken müssen — Steuererhöhungen (s. Kasten). Müller, der seit dem Abschied von Uwe Ufer vorübergehend auch Verwaltungschef ist, sieht keine andere Möglichkeit, um den Haushalt der Stadt nicht allzu tief ins Defizit rutschen zu lassen. Auch die beiden Bürgermeister-Kandidaten Dietmar Persian (parteilos), der für die Liste aus SPD, FDP, UWG und Grüne antritt, und Ulrich Kowalewski (CDU), schließen Steuererhöhungen nicht aus.

Alles ist dem Ziel untergeordnet, sich so weit über Wasser zu halten, dass sich die Schloss-Stadt nicht im Haushaltssicherungskonzept wiederfindet. Denn das würde bedeuten, Hückeswagen verlöre seine Eigenverantwortlichkeit und Entscheidungshoheit und wäre von den Entscheidungen der Kommunalaufsicht, also in erster Linie vom Kreis, abhängig. Das wiederum könnte bedeuten, dass die Stadt ihre soziale Infrastruktur wie Hallenbad, Jugendzentrum und Stadtbibliothek aufgeben müsste, um Kosten zu sparen. Das soll unbedingt vermieden werden — darin sind sich alle Verantwortlichen in Verwaltung und Politik einig.

Doch warum muss Hückeswagen seit 40 Jahren immer wieder den schwierigen Spagat zwischen Haushaltsausgleich und Defizit schaffen? "Das ist zum einen ein regionales Problem", glaubt der Kämmerer. So habe etwa in den 1970er Jahren jede Kommune ein eigenes Schwimmbad haben müssen (das Hückeswagener wurde 1974 eingeweiht). Hingegen habe beispielsweise Baden-Württemberg eine andere Kommunalstruktur; dort wurde eben nicht überall ein Bad errichtet. Am Defizit des Schwimmbads knapst die Stadt noch heute — und wäre nicht Anfang 2008 die Bürgerbad gGmbH gegründet worden, hätte Hückeswagen heute wohl kein Bad mehr.

Auf der anderen Seite statte das Land NRW die Kommunen nicht mit genügend Finanzmitteln aus, kritisierte Müller in einem früheren Gespräch mit der BM. Die Aufgaben, die die Stadt zu bewältigen hat, nehmen zu, die Zuwendungen dagegen ab. "Hückeswagen hat sein Einsparpotenzial aber größtenteils ausgeschöpft", stellte er klar.

Einsparungen, Bestandsverluste und Personalabbau sorgen nach Angaben von Müller nun dafür, dass die Stadt am Limit angekommen sei. "Irgendwann ist man einfach mal ausgelutscht, so dass es unumgänglich ist, die kommunalen Steuern zu erhöhen", sagte er. Allerdings hofft Müller, dass sich das Steueraufkommen in den nächsten Jahren positiver entwickelt, als prognostiziert. Dann könne bei den Hebesätzen für die Grundsteuern A und B "sicherlich der eine oder andere Prozentpunkt zurückgenommen werden". Zudem soll der Weg des konsequenten Schuldenabbaus weiterhin beschritten werden.

Der Blick des Kämmerers in die (finanzielle) Zukunft der Stadt fällt düster aus. "Es fehlt an allen Ecken und Enden, und bislang werden die Probleme der Kommunen weder vom Land noch vom Bund gelöst", klagte er. Auch die von der großen Koalition angekündigten Entlastungen würden ganz sicher nicht ausreichen und seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Seit den 1980er Jahren werde ständig gekürzt, die Kommunen würden regelrecht ausbluten.

Auch in Zukunft rechnet der Kämmerer mit Mangelverwaltung im Rathaus; eine spürbare Entlastung erwartet er nicht. Ebenso wenig, dass sich kommunale Steuererhöhungen vermeiden lassen.

(RP)
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