Hückeswagen Das Wehr des Herrn Johanny

Hückeswagen · An einer Stelle in Hämmern befand sich einst ein kunstvoll aus Stein gehauenes altes Wupper-Wehr. Der Abriss dieses Bauwerks erscheint rückblickend wie ein Stück aus dem Tollhaus.

Hämmern Von den Fachleuten wurde es als "Meisterwerk eines unbekannten Steinmetzes" bezeichnet. Und für die Menschen in Hämmern war es lange ein Stück Heimatgeschichte: Das alte Wehr am Obergraben der Wupper. In Auftrag gegeben hatte es mit großer Wahrscheinlichkeit der Hückeswagener Tuchfabrikant Wilhelm Arnold Johanny.

Das Bauwerk bestand aus kunstvoll behauenem Werkstein (ein massiver Naturstein), es wurde vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet. Die Aufgabe des Wehrs bestand darin, den Wasserstand im Obergraben für die Tuchfabrik von Johanny zu regeln. Zur Grabenseite hin wurde aus Steinquadern ein Tor gebildet, das durch Säulen und Gitter verziert war. Nach Norden wurde das Wehr durch ein im Halbrund gefasstes Mauerwerk abgeschlossen, wobei die Steine keilförmig zugeschnitten waren.

Sinnlose Zerstörung

Anfang 1981 ereignete sich dann ein Stück aus dem Tollhaus, das die Wipperfürther und vor allem die Hämmeraner Denkmalfreunde nahezu zur Weißglut trieb: In einer beispiellosen Aktion — und, wie sich im Nachhinein herausstellte, vollkommen sinnlos — wurde dieses historisch wertvolle Denkmal beim Bau des Industriegebietes in Hämmern durch die Bagger zerstört.

Das Bauwerk galt bis dahin als ein herausragendes Beispiel der ersten industriellen Revolution in Wipperfürth. Engagierte Heimatfreunde und emotional hoch aufgeladene Berichterstatter sprachen nach dem Abriss in wütenden Kommentaren von einer "kriminellen Leichtfertigkeit der Stadt" und von "Barbarei". Sie stellten die Glaubwürdigkeit der Denkmalschutzbehörde in Frage. Tatsache ist: Das Wehr wurde ohne jede Not abgerissen. Bis heute ist das Stück, auf dem es stand, nicht bebaut. Der Obergraben blieb bestehen.

Auch aus Hückeswagener Sicht ging 1981 ein wertvolles Stück Geschichte verloren. Schließlich war der Tuchfabrikant Johanny nicht irgendwer, sondern zu seiner Zeit einer der herausragenden und einflussreichsten Industriellen der Stadt und auch der Region.

Auch noch nach dem Abriss des Wehres unternahmen die Denkmalschützer Anstrengungen, zumindest ein Teil des Bauwerks zu retten. Dadurch angestoßen, begannen im Planungsausschuss der Stadt Wipperfürth Überlegungen, wie die kunstvoll behauenen Natursteine verwendet werden könnten. Sogar ein Gastwirt aus Hämmern meldete sich alten Zeitungsberichten zufolge zu Wort. Er wollte die Steine als Umfassung für seine Außenanlage einsetzen wollte.

Verstreut in der Stadt

Letztendlich hatten die Bagger seinerzeit Fakten geschaffen, und sowohl die Verwaltung als auch die Bürger mussten aus der neuen Situation des Beste machen. Heute sind die Steine des alten Wehrs in Wipperfürth und Umgebung verstreut, nur teilweise sind die Standorte noch bekannt.

(RP)
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