Erstwähler "Das TV-Duell war ja doch mehr ein Duett"

Wermelskirchen · Gian Luca Mühlenfeld (19), Maximilian Gallus (18) und Marc Schönherr (18) besuchen die Q2 am Wermelskirchener Gymnasium. Und sie dürfen am kommenden Sonntag zum ersten Mal an der Bundestagswahl teilnehmen. Im BM-Interview sprechen die Schüler über die Bedeutung der Wahl und darüber, ob sie sich von den Parteien gut informiert fühlen.

 Dürfen am 24. September zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teilnehmen: Marc Schönherr (v.l.), Gian Luca Mühlenfeld und Maximilian Gallus.

Dürfen am 24. September zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teilnehmen: Marc Schönherr (v.l.), Gian Luca Mühlenfeld und Maximilian Gallus.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Herr Mühlenfeld, Herr Gallus, Herr Schönherr, werden Sie am Sonntag zur Wahl gehen?

Mühlenfeld Definitiv ja.

Gallus Da kann ich mich nur anschließen.

Schönherr Auf jeden Fall, ja.

Freuen Sie sich darauf, erstmals bei einer Bundestagswahl wählen zu dürfen?

Mühlenfeld Das ist ja jetzt was ganz anderes als die Kommunalwahl, jetzt wählt man für ganz Deutschland mit. Ich empfinde das als wesentlich wichtiger als die Kommunalwahlen - auch wenn alle Wahlen wichtig sind. Ich bin nicht aufgeregt, freue mich aber schon, mitbestimmen zu dürfen. Es ist mir wichtig.

Gallus Es ist ein neues Gefühl, man ist ein echter Teilnehmer an der Demokratie. Man kann sich damit auseinandersetzen und dann eine Entscheidung treffen. Ein Unterschied ist auch, dass man im Kreis immer die gleichen drei bis fünf Parteien zur Auswahl hat, das sieht bei der Bundestagswahl schon ganz anders aus.

Schönherr Ich finde auch, dass es ein ganz anderes Gefühl ist. Der "Hype" im Wahlkampf ist viel größer, man bekommt auch sehr viel mehr mit als bei der Kommunalwahl. Schon seit Juni laufen ja öffentlich die ersten Vorbereitungen.

Haben Sie schon bei der letzten Kommunalwahl im Jahre 2014 gewählt - da darf man ja bereits ab 16 Jahren wählen?

Mühlenfeld Ja, da standen ja Marc Dieluweit, Rainer Bleek und Stefan Leßenich in Wermelskirchen zur Wahl. Ich habe bei der Stichwahl allerdings nicht mehr teilgenommen, weil ich mich nicht entscheiden konnte. Im Nachhinein denke ich mir allerdings schon, dass ich doch hätte wählen gehen sollen.

Gallus Damals habe ich noch in Dabringhausen gelebt, aber ich war auch wählen. Bei der Stichwahl war ich nicht da. Aber das war tatsächlich meine erste Wahlerfahrung.

Schönherr Ich habe auch gewählt, bin mir aber gar nicht mehr sicher, ob ich an der Stichwahl teilgenommen habe; kann aber gut sein.

Sind Sie überhaupt politisch interessiert oder gar engagiert?

Mühlenfeld Ich habe mal durch die Parteiprogramme gelesen. Unabhängig von der Wahl, denn ich wollte wissen, ob ich mich engagieren möchte. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich die Zeit dafür nicht habe. Und ich war mir auch nicht sicher, ob es mir tatsächlich gut gefallen würde. Aber ich bin definitiv politisch sehr interessiert.

Gallus Auf jeden Fall interessiert. Ich habe aber auch vor allem ein Zeitproblem, da ich Schwimmen als Leistungssport betreibe. Neben der Schule bleibt dann einfach kaum noch Zeit übrig. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, später mal im Ehrenamt mitzuarbeiten.

Schönherr Ich bin bei der Jungen Union Wermelskirchen aktiv dabei.

Fühlen Sie sich in den vergangenen Wochen generell gut informiert über die Parteien oder hätte das besser sein müssen?

Mühlenfeld Ich bin ja noch jung. Daher fand ich es gut, dass die Programme, die ich mir durchgelesen habe, zukunftsorientiert sind. Ich werde definitiv in den nächsten zwei Jahren zu arbeiten anfangen, und daher will ich schon, dass die Politik auf mich Rücksicht nimmt. Ich habe mir Angela Merkel in Bergisch Gladbach angesehen und auch einige Wahlkampfsendungen im Fernsehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich viele Parteien überschneiden.

Gallus Für mich ist besonders interessant, was die Parteien für die Jugend machen. Was passiert im Sport? Was ist mit Infrastruktur, Studium, Bafög für alle? Aber auch allgemeine Themen. Und da suche ich mir dann die Partei aus, die meiner Meinung nach am besten entspricht. Mir ist sehr klar, dass man sich intensiv damit auseinandersetzen muss, um die für sich richtige Partei zu finden.

Schönherr Informationen sind auf jeden Fall ausreichend vorhanden, aber mir ist es ehrlich gesagt zu viel, mir ganze Programme der Parteien durchzulesen.

Wie haben Sie sich informiert?

Alle: Der Wahl-O-Mat im Internet ist eine gute erste Entscheidungshilfe, die wir alle genutzt haben.

Was fehlt Ihnen bei den Aussagen der Kandidaten? Was hätten Sie noch gerne gehört?

Mühlenfeld Gute Frage. Damit habe ich mich eigentlich überhaupt nicht auseinandergesetzt. Als ich bei Merkel war, kam die Jugend etwas zu kurz, finde ich. Aber ich bin jetzt schon 19 und daher nicht mehr ganz so jugendlich, daher hat mir das nicht gefehlt.

Gallus Wir Erstwähler sind ja relativ wenige, im Vergleich zur Gesamtwählerschaft. Wir werden aber hier an der Schule schon sehr früh mit Politik in Berührung gebracht. Daher fühle ich mich sehr gut informiert. Das Informationsangebot der Parteien ist da, ich habe es aber nicht angenommen.

Schönherr Man hat sich ja in Sachen Plakatwerbung sehr ins Zeug geworfen, vor allem die FDP. Das bekomme ich mit, wenn ich mit dem Bus in die Schule fahre - da wechselten gefühlt alle zwei Wochen die Plakate. Lindner speziell spricht ja dezidiert die Digitalisierung an. Seine Aussagen finde ich teils schon zu provokant. Da öffnet er mir zu weit die Tür - die Rechtsstaatlichkeit muss schon gewährt werden, auch im Internet.

Sehen Sie in den Parteien eigene Profile oder scheint es eher einheitlich zu sein?

Mühlenfeld Bei Lindner habe ich das Gefühl, dass er gerne provoziert und sich durchsetzen will. Das sehe ich bei Schulz nicht. Stichwort TV-Duell: Das war ja doch mehr ein Duett, als ein Duell.

Gallus Die Kandidaten unterscheiden sich charakterlich natürlich schon, aber inhaltlich ist das eher weniger der Fall. Im TV-Duell hieß es oft: "Ja, da schließe ich mich an" oder "Ja, das sehe ich genauso". Meiner Meinung nach müssen nur die kleinen Parteien kämpfen, weil bei CDU und SPD geht es ja nur noch darum, bei welchem Prozentsatz sie landen.

Schönherr Man wählt eher die Personen als die Partei und ihr Programm. Es ist am Ende eben eher eine Typfrage, ob man den provokanten Lindner wählt, den nicht so starken Schulz oder die gesetzte Merkel.

Wie verbringen Sie den Wahlabend?

Mühlenfeld Wir gehen immer erst relativ spät, so gegen 17 Uhr, zur Wahl. Ich werde danach definitiv den Fernseher einschalten, um mir die Prognosen anzusehen. Das ist schon spannend. Da wir aber auch Klausuren schreiben, werde ich dabei aber wohl auch lernen müssen.

Gallus Wir gehen wählen, wenn alle aufgestanden sind. Und dann wartet man eben auf den Abend, wenn die ersten Hochrechnungen kommen. Der Fernseher läuft meist im Hintergrund so durch, nebenher. Irgendwann weiß man halt, wie's ausgegangen ist. Aber das ist dann schon immer recht spannend. Am nächsten Morgen kommt dann das endgültige Ergebnis, weil über Nacht ja noch einiges passieren kann.

Schönherr Für mich wird es ein ganz normaler Tag werden. Die Junge Union ist nicht so groß, dass es eine Wahlparty gibt.

Warum ist es wichtig, wählen zu gehen?

Mühlenfeld Die Beteiligung an der Wahl ist wichtig, um die Zukunft unseres Landes zu sichern und mitzugestalten.

Gallus Es ist wichtig, um an der Demokratie teilzuhaben, Einfluss zu nehmen und mitzuhelfen, dass Deutschland die nächsten vier Jahre vernünftig regiert wird.

Schönherr Das finde ich auch besonders wichtig, auch weil die Wahlbeteiligung immer mehr zurückgeht. Durch die Teilnahme an der Wahl kann man helfen, Extremen von rechts und links entgegenzusteuern.

DAS INTERVIEW FÜHRTE WOLFGANG WEITZDÖRFER

Hier können Sie den Wahl-O-Mat 2017 zur Bundestagswahl selbst ausprobieren

(RP)
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