Hückeswagen Das Bergische einmal von oben

Hückeswagen · Lautlos fliegen, wie ein Vogel – das verspricht der Luftsportverein Wipperfürth. Eine BM-Mitarbeiterin machte den Selbstversuch und wagte sich vom Neye-Flugplatz aus mit Fluglehrer Christian Weisheit in die Lüfte übers Bergische Land.

Hückeswagen/Wipperfürth Ein Segelflugzeug beschleunigt beim Start an einer Winde wie ein Formel-1-Bolide: in zwei bis drei Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer. Meinen ersten Segelflug habe ich mir irgendwie anders vorgestellt – mein Magen auch.

Ich wollte die Schönheit des Bergischen Landes von oben bewundern und lautlos, wie ein Vogel, Aufwinde nutzen. Aber als Erstes bekomme ich einen Fallschirm auf den Rücken geschnallt. "Nur für den Notfall", beruhigt mich Fluglehrer Christian Weisheit; den 23-Jährigen darf ich beim Segelfliegen begleiten. Aber dazu müssen wir erst einmal in die Luft, und dabei hilft die Winde.

Mit einem Ruck zieht sie an. Der weiße Zweisitzer bewegt sich steil nach oben – ein Kirmes-Besuch ist ein Kindergeburtstag dagegen! In 400 Metern Höhe klinkt sich das Flugzeug aus. Das Seil segelt langsam an einem kleinen Fallschirm zurück zum Boden, wir segeln weiter in Richtung Bever-Talsperre. Die Boote darauf sind nur als kleine weiße Punkte zu sehen. So hab ich mir das vorgestellt. Ich vergesse fast, dass ich in einem Cockpit sitze, das einer Nussschale gleicht. Durch die Plexiglashaube des Flugzeugs erkenne ich Hückeswagen, erahne das Schloss und die Pauluskirche. Doch sobald der Pilot beginnt, das Flugzeug nach oben zu schrauben, verliere ich die Orientierung.

Von Aufwind zu Aufwind

"Das Segelflugzeug nutzt die Thermik um wieder Höhe zu gewinnen", erklärt der Fluglehrer. Der 23-jährige Wipperfürther studiert unter der Woche in Köln, am Wochenende ist er als jüngster Fluglehrer des Vereins ehrenamtlich tätig, um Neulingen wie mir den Traum von Fliegen beizubringen.

Um die Aufwinde zu finden, gibt es im Cockpit des Segelflugzeugs ein Variometer. Das Gerät misst Steig- und Sinkgeschwindigkeit und ist ein Indiz für eine Höhenveränderung. Je nachdem, ob wir steigen oder sinken, ändert sich der Piepton, den das Gerät hören lässt. Die Kunst des Segelfliegens besteht nun darin, ein Flugzeug von Aufwind zu Aufwind gleiten zu lassen, erfahre ich. Der Fahrtenmesser vor mir zeigt eine Geschwindigkeit von etwa 100 Stundenkilometern – mal mehr, mal weniger.

Ungewohnter Blickwinkel

Die Aussicht ist fantastisch. In 500 Metern Höhe bietet sich mir ein ganz ungewohnter Blick auf die gewohnte Umgebung. Fast vergesse ich, das versprochene Luftbild von Hückeswagen zu schießen. Nach 20 Minuten in der Luft haben wir nur noch 200 Meter Höhe. "Wir müssen jetzt landen", höre ich meinen Piloten sagen – und bin zu meiner Überraschung fast ein wenig enttäuscht. Schon? Ich muss zugeben: Die Faszination Segelfliegen hat mich tatsächlich gepackt.

Die Landung ist zwar etwas holprig. Schuld ist allerdings der Wind und nicht mein Pilot. Dann stehen wir sicher wieder auf dem Boden und schieben die 390 Kilogramm schwere Maschine gemeinsam zurück zum Startplatz. Den Fallschirm habe ich zum Glück nicht gebraucht und lasse ihn im Sitz liegen. Dennoch: Segelfliegen ist ein Abenteuer.

(RP)
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