Rückblende Bockhackers Traum: eine Eisenbahn-Direktverbindung

Hückeswagen · Der Hückeswagener Fabrikant Friedrich Bockhacker (1835-1912) hatte in einer Denkschrift angeregt, das Wupper- und das Dhünntal durch Schienenwege besser zu erschließen.

 Friedrich Bockhacker hatte einen Traum, der niemals realisiert wurde.

Friedrich Bockhacker hatte einen Traum, der niemals realisiert wurde.

Foto: Leiw Heukeshowen/Archiv Bockhacker

Pläne zu schmieden, ist eine Sache. Diese dann auch umzusetzen, eine ganz andere. Konkret ging es um eine Diskussion, die im April 1909 im Abgeordnetenhaus, der Zweiten Kammer des Preußischen Landtages, geführt wurde. Der Hückeswagener Fabrikant Friedrich Bockhacker (1835-1912) hatte in einer Denkschrift angeregt, das Wupper- und das Dhünntal durch Schienenwege besser zu erschließen. Er schlug unter anderem vor, eine Trasse von Hückeswagen über Kräwinklerbrücke nach Radevormwald zu bauen. Diese sei, so begründete er, „weit kürzer, billiger und lohnender“, als die Verbindung nach „Barmen-Rittershausen“.

Um diesen Vorschlag zu verstehen, muss man sich kurz in die Lage des Unternehmers versetzen und die damaligen Streckenverläufe vor Augen führen. Bockhacker leitete eine Tuchfabrik am Mühlenweg, seit 1938 Standort der Firma Pflitsch. Dieser Industriebetrieb war einer von vielen im so genannten Corneliusthal, das sich etwa vom Kieköm (Bezeichnung einer alten Wupperschleife) bis zum Damm der Wupper-Vorsperre erstreckte. Wollte man nun Ware auf der Schiene in das damals ebenfalls wichtige Industriegebiet Kräwinklerbrücke und weiter nach Radevormwald und ins Märkische bringen, führte der Weg über Lennep und Krebsöge, was einen Umweg bedeutete. Diese real existierende Strecke führte dann weiter nach Wuppertal-Rittershausen womit sich der zweite Teil der Anmerkung Bockhackers erschließt. Dem Unternehmer schwebte in der Endausbaustufe eine Fortführung von Radevormwald nach Milspe und zur Ennepe-Talsperre vor, womit die Industriegebiete von Berg und Mark enger verzahnt gewesen wären.

Die Pläne des Industriellen wurden unter dem Schlagwort „Kleinbahn-Vorlage“ im Abgeordnetenhaus diskutiert. Häufig besteht das Missverständnis, dass es sich somit um Straßen- oder Schmalspurbahnen gehandelt haben müsste. Der Begriff Kleinbahn stand in Preußen jedoch für eine „Bahn dritter Ordnung“. Sie hatte eine geringere Bedeutung als beispielsweise Hauptbahnen, und in der Bau- und Betriebsführung galten weniger strenge Anforderungen. Das machte die Sache somit auch für nichtstaatliche Unternehmen interessant. Eine Kleinbahn war also keine Miniaturausgabe einer großen Bahn oder verlief auf einem besonders schmalen Gleis, denn sie konnte auch Normalspurbreite haben.

Die Geschichte lehrt, dass es zum Bau der Trasse niemals kam. Viele Jahrzehnte später wurde das Areal zum Einzugsgebiet der Wupper-Talsperre – und der Ort Kräwinklerbrücke „versank in den Wupperfluten“, so ein griffiger Buchtitel des Radevormwalders Norbert Wolff.

Interessanterweise tauchten Pläne für diese Schienenverbindung fast genau zehn Jahre später im April 1919 als Anregung aus der Industrie wieder auf. Dieses Mal sollte eine „Elektrische“ vom Corneliusthal nach Kräwinklerbrücke führen, also tatsächlich eine Straßenbahn. Zum damaligen Zeitpunkt war dieser Fahrzeugtyp sehr populär, auch die Nachbarstädte Remscheid und Wermelskirchen hatten eine solche. Aber auch daraus wurde nichts, geblieben ist lediglich der Traum eines Hückeswagener Fabrikanten.

(nob)
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