Nachtserie Betreuung rund um die Uhr garantiert

Wipperfürth/Hückeswagen · Die Mitarbeiter des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte müssen auch nachts im Bereitschaftsdienst arbeiten. Wie etwa auch Lukas Schäfer.

 Die Mitarbeiter des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte, die in vollstationären Wohngruppen arbeiten, müssen auch nachts im Bereitschaftsdienst arbeiten. Wie etwa Lukas Schäfer, der in Wipperfürth arbeitet.

Die Mitarbeiter des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte, die in vollstationären Wohngruppen arbeiten, müssen auch nachts im Bereitschaftsdienst arbeiten. Wie etwa Lukas Schäfer, der in Wipperfürth arbeitet.

Foto: Weitzdörfer/Wolfgang Weitzdörfer

Lukas Schäfer ist direkt nach dem Abitur zum Hückeswagener Jugend- und Sozialwerk Gotteshütte gekommen. „Ich habe 2011 mein freiwilliges soziales Jahr bei der Gotteshütte gemacht und direkt im Anschluss die praxisintegrierte Ausbildung zum Erzieher absolviert“, sagt der 26-jährige Ennepetaler, der derzeit zudem eine dreijährige Weiterbildung zum sozialpädagogisch-therapeutischen Berater macht. Er arbeitet in einer Wohngruppe für Jugendliche ab zwölf und bis 18 Jahren in Wipperfürth. „Ich kannte die Gotteshütte gar nicht, ich habe damals auf eine Anzeige reagiert, um mein FSJ zu machen“, sagt Schäfer. Die Wipperfürther Wohngruppe sei eine Regel- und keine Intensivgruppe, allerdings müsse auch hier rund um die Uhr Personal anwesend sein, um die Betreuung zu gewährleisten. „Wir sind hier quasi der Schritt vor der Verselbständigung der Jugendlichen“, sagt Schäfer.

Dem Aufenthalt in der Wohngruppe voraus würden immer Konflikte in der jeweiligen Herkunftsfamilie gehen. „Die Jugendlichen können nicht mehr daheim wohnen, die Eltern sind überfordert, die Jugendlichen schwänzen die Schule – es sind Konflikte vorprogrammiert, und irgendwann geht es nicht mehr“, sagt Schäfer. Hintergründe könnten sozialökonomisch schwache Familien sein, in denen es oft an Geld oder Bildung mangele oder in denen es Drogenprobleme gebe. Manchmal steckten auch Vernachlässigung hinter den gestörten Eltern-Kind-Beziehungen, Krankheiten der Eltern oder ein nicht funktionierendes Patchworkleben. Die Jugendlichen würden in der Folge oft unter Depressionen, ADHS, nahendem Borderline oder anderweitigen Bindungsstörungen leiden, nicht selten seien auch Drogen im Spiel.

In dieser Gemengelage würden die Jugendlichen in der Jugendwohngruppe unterkommen. Manchmal seien es Selbstmelder, manchmal würden sich Eltern an die Gotteshütte wenden, auch das Jugendamt könne den Stein ins Rollen bringen. „Unsere Jugendlichen sind oftmals lange bei uns, teils sogar über Jahre hinweg“, sagt Schäfer. Man wolle einen möglichst familiennahen Alltag gestalten, nach der Schule würde es Mittagessen geben, Hausaufgaben müssten erledigt werden. „Es gibt eine gewisse Struktur, die vorgegeben und auch hilfreich ist.“ Ein bisschen wirkt es, als wäre es eine WG – mit dem großen Unterschied: „Man sucht sich die neuen Mitbewohner nicht aus, man ist selbst nicht ganz freiwillig hier“, sagt Schäfer. Die Mitarbeiter arbeiten in 24-Stunden-Schichten, Beginn ist um 12 Uhr mittags. Die Nachtbereitschaft beginnt, nachdem die Jugendlichen bis spätestens gegen 22 Uhr im Bett sind. „Der jeweilige Mitarbeiter ist dann da, ist Ansprechpartner und kann helfen“, sagt Schäfer. Er selbst erledige in der Regel seine Dokumentationen, da er nachts fitter sei. „Wenn man fertig ist, kann man schlafen – wenn nichts vorfällt.“ Im besten Fall sei nachts nichts los, aber darauf könne man nicht bauen.

Ob und wie man schlafen könne, hänge von der Gruppe und den Jugendlichen ab, sagt der 26-Jährige. „Es hat schon Nächte gegeben, die habe ich wach neben einer Zimmertür verbracht, weil ein Jugendlicher psychopathische Züge hatte und uns nicht ganz klar war, wie er reagiert.“ Zwei- bis dreimal pro Woche habe man Nachtbereitschaft. Er würde anders schlafen als im eigenen Bett, sagt Schäfer, sei geräuschsensibler. „Man bekommt alles mit, hat selbst beim Schlafen ein Auge wach. Und wenn man die Haustür hört, sollte man auf jeden Fall die Bürotür aufmachen und nachsehen, was da los ist.“ Wenn einer der jugendlichen Bewohner ein Anliegen habe, wüssten sie, dass sie an der Bürotür klopfen könnten, sagt der 26-Jährige.

Zusätzlich gebe es jedoch einen Hintergrundbereitschaft aus der Leitung des Jugend- und Sozialwerks Gotteshütte, wie Jochen Tweer, Leiter des Bereichs Kinder- und Jugendwohnen, sagt. „Das ist dann, wenn schwierige und wichtige Entscheidungen zu treffen sind – oder besondere Krisensituationen sind.“ Das komme jedoch nicht oft vor, durchschnittlich zwei- bis dreimal im Monat müssten die Leitungskräfte Unterstützung leisten. „Im Sommer tendenziell weniger oft als im Winter“, sagt Tweer und schmunzelt.
www.gotteshuette.de

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