DLRG-Vorsitzender Wolfgang Neuhaus Badehosen-Verein wird Hilfsorganisation

Hückeswagen · Die DLRG feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen, die Hückeswagener Ortsgruppe gibt es seit 1951. Im BM-Interview spricht der Ortsvorsitzende Wolfgang Neuhaus über die Bedeutung der Hilfsorganisation und die Probleme der Ortsgruppe.

 Wolfgang Neuhaus leitet seit zehn Jahren die DLRG-Ortsgruppe.

Wolfgang Neuhaus leitet seit zehn Jahren die DLRG-Ortsgruppe.

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Herr Neuhaus, wie tief sitzt bei Ihnen noch der Schock nach dem Tod des 21-jährigen Hückeswageners von vor zwei Wochen in der Bever?

Neuhaus Ich werde immer wieder darauf angesprochen. Das beschäftigt einen natürlich sehr. Unfälle, die auch noch tödlich enden, hinterlassen Spuren und werden für immer in Erinnerung bleiben.

Wann ist die DLRG-Wache eigentlich besetzt?

Neuhaus Nur samstagsnachmittags, sonntags und zu Veranstaltungen.

Sie sind alle Ehrenamtler. Deshalb ist wohl eine Ausweitung der Einsatzstunden nicht möglich?

Neuhaus Das hängt von verschiedenen Dingen ab. Wir bilden ja aus speziell für einen Notfalleinsatz. Und der nimmt keine Rücksicht auf das Wetter oder die Uhrzeit. Die Hückeswagener Wache ist aber an der Bever diejenige, die am häufigsten besetzt ist.

Die DLRG wurde vor 100 Jahren gegründet — was war der Auslöser dafür?

Neuhaus Das Landungsbrücken-Unglück von Binz auf Rügen. Damals, 1912, brach die Brücke zusammen, als ein Militärschiff verabschiedet werden sollte. Es sind viele ertrunken. Ein Jahr später wurde in Leipzig die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft gegründet.

Warum dauerte es bis ins Jahr 1951, bis auch in Hückeswagen eine Ortsgruppe entstand? Schließlich gab es die Bever-Talsperre zu diesem Zeitpunkt schon lange.

Neuhaus Ich weiß nicht, ob es damals schon so eine Freizeitsituation gab, wie wir sie heute haben. Kurt Rudat, der Gründer unserer Ortsgruppe, war aber auch schon davor immer an der Bever.

Wie viele Mitglieder hat die Ortsgruppe.

Neuhaus Rund 300.

Was unterscheidet die heutige DLRG Hückeswagen von der aus den Gründerjahren?

Neuhaus Das war früher mehr ein Badehosen-Verein — mit viel Liebe und Engagement haben die DLRG-Mitglieder damals in Badehosen und T-Shirts gearbeitet. Heute ist die DLRG eine strukturierte Hilfsorganisation. Das hat man vor kurzem noch bei den Hilfseinsätzen während der Flutkatastrophe gesehen. Das persönliche Engagement war damals vielleicht noch größer als heute. Aber der Zeitgeist ist auch ein anderer: Früher reichten der gute Wille und die Fitness aus, heute müssen wir zu Prüfungen, Lehrgängen und Schulungen. Alles ist reglementiert. Das frisst natürlich viel Freizeit. Das gab's früher nicht.

Können Sie beziffern, wie vielen Menschen die DLRG auf und an der Bever-Talsperre schon das Leben gerettet hat?

Neuhaus Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Aber vielleicht kann man das mal in einer Chronik nachblättern.

Ist die Ortsgruppe gut aufgestellt? Haben Sie ausreichend Mitglieder?

Neuhaus Wir sind schon gut aufgestellt, könnten aber mehr aktive Mitglieder haben. Den größten Anteil machen die Kinder und Jugendlichen aus, die bei uns schwimmen lernen. Der eine oder andere bleibt dann bei uns. Aber auch wir werden den demografischen Wandel mit den geburtenschwachen Jahrgängen zu spüren bekommen. Unsere Personaldecke ist nicht dick!

Sie haben seit Jahren finanzielle Probleme. Wie können Sie diese in den Griff bekommen?

Neuhaus Probleme würde ich das nicht nennen. Aber die Ortsgruppe Hückeswagen klagt schon auf einem hohen Niveau; das gebe ich zu. Wir haben eine große Wachstation, und wer ein Haus hat, kann das nachvollziehen: Die Pflege und Unterhaltung des Gebäudes kostet viel Zeit und Geld. Wir geben mehr Geld aus, als wir haben.

Sie bekommen aber doch zum Beispiel Mitgliedsbeiträge. . .

Neuhaus . . .von denen wir aber etwa die Hälfte an den Bezirk, den Landesverband und das Präsidium abführen müssen. Ein riesiger Kostenfaktor sind die Heizung und die Versicherungen. Und jede Kontrollfahrt mit dem Boot verbraucht Sprit, die Inspektionen kosten ebenfalls Geld. Und dann müssen etwa die Rettungsschwimmer noch eingekleidet werden.

Was kostet die Montur?

Neuhaus 800 Euro. Zum Glück erhalten wir Zuschüsse von Stiftungen und anderen Institutionen.

Wenn Sie jetzt, im Jahr des 100-jährigen Bestehens der DLRG, einen Wunsch frei hätten — was würden Sie sich für die DLRG wünschen?

Neuhaus Dass wir weiterhin auf viele engagierte Kameradinnen und Kameradenbauen können, denn wir müssen die Lasten auf vielen Schultern verteilen. Und dass der Zeitgeist, der die DLRG 100 Jahre getragen hat, uns auch weiterhin tragen wird.

STEPHAN BÜLLESBACH FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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