Serie Als Flüchtling In Hückeswagen - Samir Filo Angst vor Ungewissheit und Krieg

Hückeswagen · Samir Filo ist vor mehr als eineinhalb Jahren aus seiner Heimat Syrien geflohen. In Hückeswagen geht es dem gelernten Schneider gut. Allerdings hat er Angst um seine Frau und die vier Kinder, die in dem Bürgerkriegsland zurückbleiben mussten.

 Der Schneider Samir Filo flüchtete im Juli 2015 aus seiner syrischen Heimatstadt Qamischli. Auch dort war der Bürgerkrieg angekommen.

Der Schneider Samir Filo flüchtete im Juli 2015 aus seiner syrischen Heimatstadt Qamischli. Auch dort war der Bürgerkrieg angekommen.

Foto: Jürgen Moll

Hückeswagen Samir Filo ist 42 Jahre alt. Er hat ein kantiges, freundliches Gesicht und lächelt viel. Man sieht ihm auf den ersten Blick nicht an, dass er vor Krieg und Tod in seiner Heimat Syrien geflohen ist. Man sieht ihm auch nicht an, dass er seine Familie - Frau und Kinder - in seiner Heimat im Nordosten Syriens zurücklassen musste. Weil es nicht genug Geld gab, um sie ebenfalls direkt mitzunehmen. "Meine Frau und unsere gemeinsamen vier Kinder sind noch in Qamischli. Ich bin zuerst geflohen, ich wollte nach Europa kommen, um zu arbeiten und Geld zu verdienen. Dann wollte ich sie so schnell wie möglich nachholen", erzählt Filo.

Der Grund für seine Flucht ist der gleiche, der schon viele vor ihm und vermutlich auch nach ihm dazu bewogen hat, die Heimat zu verlassen: der Bürgerkrieg in Syrien. Immer wieder habe es auch in der Nähe seines Hauses Explosionen gegeben: "Am 12. März 2015 etwa, nur 50 Meter entfernt, gab es eine große Explosion. Ebenso im Mai. Irgendwann ging es nicht mehr", sagt er leise.

Im Juli vor zwei Jahren hat sich der 42-Jährige auf den Weg in den Westen gemacht. Zuerst nach Damaskus, dann in den Libanon und in die Türkei. Von dort ist er auf Anraten seines Vaters mit dem Flugzeug nach Deutschland gekommen: "Er hat zu mir gesagt, ich solle fliegen. Das wäre sicherer als über das Meer", sagt Filo. Mit der Familie hat er über das Handy Kontakt: "Das ist schwierig, aber wenigstens funktioniert das Telefonnetz weitgehend", sagt der 42-Jährige und sieht jetzt nicht mehr ganz so freundlich aus. Manchmal sind Lächeln und Freundlichkeit eben auch nur schützende Fassade, weil der Schrecken im Inneren einfach zu groß ist.

Seine erste Station in Deutschland war Düsseldorf, wo ihn sein Neffe erwartete. "Die ersten zwei Wochen war ich bei ihm, dann bin ich zu meinem Bruder nach Paderborn gegangen. Über Gießen, Dortmund und Duisburg bin ich schließlich nach Hückeswagen gekommen", zählt der 42-Jährige seinen Weg ins Bergische auf. Seit September 2015 ist Filo in der Schloss-Stadt, wo er gut aufgenommen wurde, wie er sagt: "Ich habe mich direkt hier wohlgefühlt, die Menschen sind sehr gut zu mir gewesen." Besonders lobt der 42-Jährige die Hilfsbereitschaft der Hückeswagener.

In seiner Heimat hat Filo als Schneider für Damenbekleidung gearbeitet: "Ich hatte dort ein eigenes Geschäft", sagt er ein wenig wehmütig. Jetzt wartet er auf seine Anerkennung als Flüchtling, das ist für den Syrer das Wichtigste: "Denn dann kann ich endlich richtig arbeiten, Geld verdienen und schließlich meine Familie auch nach Deutschland holen." Das sei sein großes Ziel - ein neues Leben in Sicherheit.

Erste Schritte in den hiesigen Arbeitsmarkt hat Filo bereits getan. Auf Vermittlung einer kurdischen Familie machte er bei Bademoden Calao im Gewerbegebiet West 2 ein Praktikum. "Die Familie kennt die Inhaberin, und diese hat mir ein dreimonatiges Praktikum angeboten. Dort habe ich Badeanzüge und Badehosen geschneidert", erzählt der Syrer. Anschließend, im September 2016, erhielt er einen Halbjahresvertrag.

Zusätzlich besucht Filo die Schule, um Deutsch zu lernen. Über allem Guten, das ihm in Deutschland bislang widerfahren ist, schwebt dennoch immer wieder ein großes Schreckgespenst: "Das Bundesamt für Migration ist wie ein riesiges, schwarzes Loch. Ich habe große Angst, dass ich nur eine Aufenthaltsgenehmigung für ein Jahr bekomme und dann wieder zurück nach Syrien muss - und dass ich so meine Familie nicht nachholen kann", sagt der 42-Jährige. Die Fassade bröckelt wieder ein wenig. Dahinter liegt Angst. Vor einer ungewissen Zukunft.

(wow)
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