Hückeswagen 25 Jahre gute Nachbarschaft
Hückeswagen · Ein buntes Fest mit zwei Spanferkeln, Unmengen an Kuchen und alkoholfreien Getränken feierten gestern Bewohner, Nachbarn und Ehrengäste der Wohnstätte „Lindenhof“. Grund war das 25-jährige Bestehen der Einrichtung. In Festreden wurde auf eine Erfolgsgeschichte zurückgeblickt.
Wie schnelllebig die heutige Zeit ist, machte Hagen Jobi deutlich. Beim Rückblick auf das Jahr 1982, als an der August-Lütgenau-Straße die Wohnstätte für Alkohol- und Medikamentenabhängige eingerichtet wurde, verwies der Landrat auf Helmut Kohl, der gerade Bundeskanzler geworden war, Taschenrechner, die langsam preiswert wurden, und den Traum von schnurlosen Telefonen. Kohl ist Geschichte, Taschenrechner interessieren kaum noch, und Handys gehören schon lange zum Alltag. Und noch ein Umstand zeigte gestern Mittag auf, wie sehr sich die Zeiten in den zurückliegenden 25 Jahren geändert haben. Denn unter den Gästen im Hof hinter der Wohnstätte waren auch viele Hückeswagener, die mit Wasser oder Apfelschorle auf die gute Nachbarschaft anstießen. 1982 hatte das noch ganz anders ausgesehen. Vor einem Vierteljahrhundert hatte sich in der Schloss-Stadt eine Bürgerinitiative gegründet, die den „Lindenhof“ verhindern wollte. „„Damals war es keineswegs selbstverständlich, dass behinderte normal unter Nicht-Behinderten lebten“, erinnerte Jobi. „Heute redet keiner mehr davon.“
Die Installierung des „Lindenhofs“ war typisch für den Beginn der 80er Jahre. „Damals gab es eine Aufbruchstimmung in der Psychiatrie“, stellte der Landrat fest. Die Verantwortlichen hätten unbedingt Alternativen schaffen wollen zu den althergebrachten Kliniken, um so die Lebensbedingungen von psychisch Kranken zu verbessern. Aus diesem Grund wurde ein Modellprojekt aufgelegt, das in fünf Regionen der Bundesrepublik exemplarisch untersuchen sollte, ob man eine bessere Psychiatrie mit kleineren dezentralen Einheiten schaffen könnte. Oberberg war eine davon, und für das Projekt der Betreuung von Alkohol- und Medikamentenabhängigen wurde die Oberbergische Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte (OGB) in Hückeswagen an der August-Lütgenau-Straße fündig.
„Die OGB und der Kreis waren damals auch noch keine alteingesessenen ,Unternehmen’, sondern steckten in den Kinderschuhen und waren damit beschäftigt, sich eine Struktur zu geben, die auf Dauer lebensfähig ist“, blickte Dr. Jorg Nürmberger zurück. Dennoch sei eine Pionierleistung vollbracht worden, lobte der Sozialdezernent des Kreises und Vorsitzende der OGB-Gesellschafterversammlung.
Auch Klaus Jöllenbeck, Geschäftsführer der OGB, verwies darauf, dass der „Lindenhof“ in den Anfangsjahren „keineswegs so gut funktionierte, wie wir uns das erhofft hatten“. Erst 1985/86 sei Ruhe in die Arbeit gekommen – als Hartmut Wagner die Leitung übernahm. Der Diplom-Pädagoge ist immer noch Chef der Wohnstätte.
Beim Ausblick auf die nächsten 25 Jahre zeigte sich Jöllenbeck „uneingeschränkt optimistisch“. Und das wohl nicht nur deshalb, weil die Hückeswagener den „Lindenhof“ und seine Bewohner längst in ihrer Mitte willkommen geheißen haben.